Bundesregierung gegen schnelle Lockdown-Lockerungen

| Politik Politik

Vor neuen Beratungen von Bund und Ländern mahnt die Bundesregierung zur Vorsicht bei kurzfristigen Plänen für Lockdown-Lockerungen. «Die zweite Welle der Pandemie ist gebrochen, aber sie ist natürlich noch nicht zu Ende», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält deutlich niedrigere Infektionszahlen als derzeit für nötig. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stellte eine längerfristige Strategie für Schulen und Kitas in Aussicht. Im Kampf gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus will die Bundesregierung außerdem das Impfen stärker voranbringen. Dazu trat am Montag eine neue Impfverordnung in Kraft.

«Wir müssen jetzt spürbar unter 50 kommen, um es nicht dauerhaft über 50 schnellen zu lassen», sagte Spahn. Bei Zahlen knapp unter 50 in einer Region drohten die Zahlen allerdings auch schnell wieder in die Höhe zu gehen. Bund und Länder hatten beschlossen, die Sieben-Tage-Inzidenz solle auf unter 50 sinken, damit die Gesundheitsämter die Infektionsketten wieder nachvollziehen können. Am Mittwoch beraten Bund und Länder erneut über den Lockdown, den sie am 19. Januar bis zum 14. Februar verlängert hatten.

Merkel erwartet von dem Treffen am Mittwoch eine Perspektive für Schulen und Kitas, wie sie nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bei Online-Beratungen des CDU-Präsidiums sagte. Zugleich habe sie betont, in den nächsten beiden Wochen müssten die Infektionszahlen nochmals gedrückt werden.

«Bislang waren Vorsicht und Vorbeugung die entscheidenden Grundlagen für die getroffenen Entscheidungen», sagte Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU). «Das halte ich auch nach wie vor für richtig. Wir müssen weiter vorsichtig sein.» Karliczek stellte einen Leitfaden zur Prävention und Kontrolle von Corona-Übertragungen in Schulen vor. Laut dem Expertenbericht ist ein Schulbetrieb unter Corona-Bedingungen möglich - etwa mit Masken, regelmäßigem Lüften und der Bildung fester Gruppen.

Für viele Kinder und Jugendliche sei die Frage von Kita und Schule auch eine Frage von Chancen, gab Spahn zu bedenken. Er sprach sich dafür aus, leerstehende Räumlichkeiten zusätzlich für die Beschulung zu nutzen, wenn solche vorhanden seien. Führende Politiker aus Bund und Ländern betonen immer wieder, dass Schulen und Kitas bei möglichen Öffnungen an erster Stelle stünden. SPD-Kanzlerkandidat und Vizekanzler Olaf Scholz wiederholte das im ZDF-«Morgenmagazin».

Lehrerinnen und Lehrer sollen allerdings nicht früher gegen Corona geimpft werden als bisher bereits vorgesehen. Das geht aus einer veränderten Impfverordnung hervor, die am Montag in Kraft trat. Sie sind weiter Teil der dritten Impfgruppe - unter anderem nach Hochbetagten und Menschen mit schweren Vorerkrankungen. Der Städtetag und Gewerkschaften hatten Vorrang für Lehrkräfte gefordert.

Die Verordnung soll Corona-Impfungen beschleunigen und flexibler machen. Auch der Umgang mit dem Astrazeneca-Impfstoff, der vorerst nur für Menschen zwischen 18 und 64 Jahren zugelassen ist, wird darin geregelt. Bei dem dritten zugelassenen Impfstoff fehlen bislang Daten zur Wirkung bei Älteren. Deshalb wird den Beschäftigten in Pflegeheimen oder Intensivstationen in dieser Altersgruppe nun vorrangig der Astrazeneca-Stoff geimpft.

Gastronomie und Handel drangen auf einen Öffnungsfahrplan. «Wir brauchen dringend klare Kriterien, wann und unter welchen Voraussetzungen unsere Betriebe wieder geöffnet werden», sagte die Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), Ingrid Hartges, der dpa.

Weiter Sorgen machen Politik und Experten die ansteckenden Coronavarianten. Bis Mittwoch werde es keine aktuelleren Zahlen als die vom Freitag zur Ausbreitung der Mutationen geben, sagte Spahn. Der Anteil der in Großbritannien entdeckten Variante B.1.1.7 lag nach den am Freitag vorgestellten Daten bei knapp sechs Prozent. In 13 der 16 Bundesländer war sie inzwischen nachgewiesen worden.

Bei dem Corona-Ausbruch mit der Variante B.1.1.7 in einem Alten- und Pflegeheim in Belm im niedersächsischen Landkreis Osnabrück ist weiter unklar, wann sich die Bewohner genau infiziert haben. Es gebe weiterhin keine schweren Verläufe, hieß es von der Einrichtung. In dem Heim war nach Angaben des Landkreises bei 14 Senioren B.1.1.7. nachgewiesen worden - mit asymptomatischem oder leichtem Verlauf. Zuvor hatten alle Bewohner zwei Impfungen erhalten.

Als Anerkennung in der Corona-Pandemie sollen besonders belastete Klinikmitarbeiter bis Ende Juni eine Prämie von bis zu 1500 Euro pro Person bekommen, wie Spahn nach der Sitzung des Corona-Kabinetts ankündigte. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse von Geflüchteten aus der Ukraine gelten bis zum 4. März 2025. Darüber informierte das Bundesinnenministerium den DEHOGA Bundesverband und andere Wirtschaftsverbände.

Tübingen ist vorgeprescht: Kaffeebecher und andere Einwegverpackungen werden in der Uni-Stadt besteuert. Andere Kommunen wollen jetzt nachziehen. Doch es gibt noch ein rechtliches Problem. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.

Praxen seien als «Verfolgungsbehörden der Arbeitgeberverbände denkbar ungeeignet», schimpft der Präsident des Kinderärzteverbandes. Er verlangt, Ärzte bei Attesten und Bescheinigungen zu entlasten.

Für die Zeit der Fußball-EM hat das Bundeskabinett eine sogenannte „Public-Viewing-Verordnung“ beschlossen. Sie ermöglicht den Kommunen, Ausnahmen von den geltenden Lärmschutzregeln zuzulassen. Vergleichbare Verordnungen hatte es bereits bei früheren Fußball-Welt- und Europameisterschaften gegeben.

Die Institutionen der Europäischen Union haben sich am 15. März im sogenannten Trilog-Verfahren auf eine Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation - PPWR) geeinigt. Der Umweltausschuss (ENVI) und das Plenum des Europäischen Parlamentes werden die Einigung voraussichtlich noch im April annehmen.

Einigung im Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL: Insbesondere bei der 35-Stunden-Woche macht der Konzern weitgehende Zugeständnisse. Weitere Streiks sind damit vom Tisch.

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung dem Wachstumschancengesetz zugestimmt und damit einen Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat vom 21. Februar 2024 bestätigt. Der DEHOGA stellt klar, dass aus Sicht des Verbandes die Inhalte des Wachstumschancengesetzes nicht ausreichen.

Arbeitgeber sollen die Bedingungen ihrer Arbeitsverträge nach dem Willen der Ampel-Koalition künftig nicht mehr in Papierform mit Unterschrift an künftige Mitarbeiter aushändigen müssen. Ein entsprechender Passus soll in den Gesetzentwurf zur Bürokratieentlastung eingefügt werden.

Vor dem Hintergrund des schwierigen Konjunkturumfelds und einer hartnäckigen Schwächephase des deutschen Mittelstandes mahnt die Arbeitsgemeinschaft (AG) Mittelstand​​​​​​​ von der Wirtschaftspolitik dringend Maßnahmen zur Stärkung der Wachstumskräfte an.

Die Bürokratie in Deutschland ist immens. Die Bundesregierung kündigt mit großen Worten eine Entrümpelung an. Der DEHOGA sagt: Das reicht noch lange nicht. Der Verband sagt, dass insgesamt immer noch viel zu wenig Bürokratieentlastung im Betriebsalltag der Unternehmen ankomme.