DEHOGA zu geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetzes

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Die aktuellen Pläne der Bundesregierung zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes sieht der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA Bundesverband) problematisch.

„Klarheit und Verlässlichkeit bei den Corona-Maßnahmen sind zu begrüßen. Allerdings sind einige der geplanten Neuregelungen nicht nachvollziehbar und rechtlich fragwürdig“, sagt DEHOGA-Präsident Guido Zöllick.

„So haben wir insbesondere kein Verständnis dafür, dass der Fehler der im Herbst von den Gerichten kassierten Beherbergungsverbote wiederholt wird. Es ist schwierig genug, unseren Betrieben im sechsten Monat des zweiten Lockdowns zu vermitteln, dass sie weiter geschlossen bleiben. Inakzeptabel ist es nun, dass ein Gast zukünftig nicht anreisen dürfte, wenn an seinem Wohnort ein Inzidenzwert von 100 vorliegen würde.“

Das sachgerechtere und mildere Mittel wäre laut Zöllick, die Anreise aus einem Risikogebiet von einer zuvor erfolgten Negativtestung abhängig zu machen. „Es ist niemandem vermittelbar, wenn Bürger aus einer über 100-Inzidenzregion ihre Urlaubsreise ins Ausland mit negativem PCR-Test antreten dürften, aber nicht an die Ost- oder Nordsee reisen könnten.“

Mit Blick auf die Schwere der Grundrechtseingriffe seien zudem eine zeitliche Befristung der Notbremse und eine laufende Evaluierung unverzichtbar. Dies gelte umso mehr, da der Inzidenzwert für die Beurteilung des Infektionsgeschehens ausschlaggebend sein soll. „Wir erwarten, dass künftig zur Beurteilung der Infektionslage neben den Inzidenzwerten das Impfen, Testen sowie weitere wesentliche Faktoren berücksichtigt werden – wie dies bereits beim Bund-Länder-Gipfel am 3. März verabredet wurde“, so Zöllick weiter.

„Der mit dem Erreichen der Inzidenz von 100 verbundene Automatismus lässt zudem sachgerechte Differenzierungen bei lokalisierbarem und beherrschbarem Ausbruchsgeschehen nicht mehr zu.“ Ebenso würden dadurch Pilotprojekte oder Modellregionen in den Ländern gestoppt, deren Ziel es war, alternative Lösungskonzepte mit Testungen zu entwickeln. Darüber hinaus fordert der DEHOGA Nachbesserungen bei den Regelungen zu Betriebskantinen.

Kritikwürdig ist es aus Sicht des DEHOGA zudem, dass im Infektionsschutzgesetz keine Entschädigungs- bzw. Kompensationsregelung für die Unternehmen verankert ist, deren Geschäftsbetrieb untersagt werde.

Bundesregierung will bundesweite Corona-Notbremse ziehen

Das Bundeskabinett will möglichst noch am Dienstag bundesweit einheitliche Einschränkungen beschließen, um die immer stärkere dritte Corona-Welle in Deutschland zu brechen. Dazu soll voraussichtlich das Infektionsschutzgesetz geändert werden. In einem neuen Paragrafen 28b soll festgelegt werden, was zu tun ist, wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinanderfolgenden Tagen die Inzidenz über 100 liegt, also binnen einer Woche mehr als 100 Neuinfizierte auf 100 000 Einwohner kommen.

In den vorausgehenden Verhandlungen zwischen Bund und Ländern war für diesen Fall vorgesehen worden, dass der Aufenthalt außerhalb einer Wohnung von 21 bis 5 Uhr bis auf Ausnahmen untersagt wird. Mehrere Beteiligte gingen davon aus, dass es nach stundenlangen Verhandlungen bis Dienstagmorgen ein Einvernehmen geben würde, das eine Verabschiedung in der Ministerrunde später am Dienstag möglich macht. Möglichst in einem beschleunigten Verfahren sollten die Regeln dann vom Bundestag beschlossen werden und den Bundesrat passieren.

Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) unterstützt im Grundsatz bundeseinheitliche Maßnahmen. «Wenn nicht überall so hart durchgegriffen wird, kann ich absolut verstehen, dass der Bund dann auch sagt, dass wir ein solches Gesetz brauchen», sagte er RTL. Allerdings sah er Nachbesserungsbedarf am Entwurf. «Dort sind Regelungen drin, die wir nicht mittragen können.»

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) wandte sich besonders gegen nächtlichen Ausgangsbeschränkungen. «Richtig ist mit Sicherheit, die Kontakte so weit es geht, drinnen wie draußen zu reduzieren und auf das Nötigste zu beschränken», sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz in der RBB-«Abendschau». Aber: «Abends alleine oder zu zweit spazieren zu gehen, ist keine große Gefahr.»

Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, ist skeptisch. «Übertragungen im Freien sind nicht nur sehr selten. Sie führen in der Regel auch nicht zu Clusterinfektionen. Nicht zuletzt aus psychosozialen Gründen sollten wir mit Augenmaß vorgehen und den Aufenthalt im Freien nicht ohne Not erschweren», sagte er der Düsseldorfer «Rheinischen Post» (Dienstag).

Der Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) kritisierte hingegen die vorgeschlagenen Regelungen für die Schulen. «Alle Schulen ab einer Inzidenz von 200 pauschal dichtzumachen wäre für das Kindswohl fatal», sagte Verbandspräsident Thomas Fischbach der «Neuen Osnabrücker Zeitung». «Anstelle den Präsenzunterricht wegen willkürlich gegriffener Inzidenzwerte zu verbieten, müssen die Schulen endlich mit ausreichenden Tests für Schüler und Lehrer versorgt und das Personal geimpft werden, dann kann auch bei hoher Inzidenz sicher unterrichtet werden.»

Demgegenüber appellierte die Intensivmediziner-Vereinigung Divi an Bundesregierung, Bundestag und Bundesländer, die Regelungen möglichst schnell noch diese Woche zu verabschieden. Denn der bisherige Höchststand an Intensivpatienten wird wohl noch schneller erreicht als erwartet, nämlich bereits im April, wie der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, Gernot Marx, der «Augsburger Allgemeinen» (Dienstag) sagte. «Das heißt, dass wir bereits Ende April die Größenordnung von 6000 und mehr Corona-Intensivpatienten erreichen würden, wie wir sie auf dem Höhepunkt der zweiten Welle hatten.» Erst vor wenigen Tagen waren für Ende April noch 5000 Intensivpatienten prognostiziert worden. Wenn das Gesetz erst Ende April beschlossen werde, werde die Patientenzahl auf 7000 steigen, sagte er voraus. «Wir reden über sehr viele schwere Erkrankungen und über viele Menschen, die das nicht überleben werden.»

Neben der Novelle des Infektionsschutzgesetzes sollte dem Kabinett auch eine geänderte Arbeitsschutzverordnung mit einer Pflicht für Testangebote in Unternehmen vorgelegt werden. Der Entwurf der Verordnung sieht vor, dass die Unternehmen verpflichtend und in der Regel einmal in der Woche Tests zur Verfügung stellen.

Die überarbeiteten Lockdown- und Testregeln sollen die Zahl der Infizierten, Covid-19-Kranken und Todesfälle so gering wie möglich halten, bis durch fortschreitende Impfungen ein Rückgang des allgemeinen Infektionsgeschehens erreicht ist.

Am Montag war die Inzidenz bundesweit auf 136,4 gestiegen - den höchsten Wert seit zwölf Wochen. Bundesweit lag sie in 305 Kreisen über 100 und in 24 davon sogar über 250. Der 7-Tage-R-Wert, der die Zahl der Ansteckungen durch eine oder einen Infizierten anzeigt, stieg auf 1,08.

Zudem lagen zuletzt 4662 Covid-19-Patienten auf der Intensivstation. 382 Menschen wurden binnen einem Tag neu aufgenommen, unterm Strich stieg die Zahl der Covid-19-Intensivpatienten um 77. Mehr als 78 400 Menschen sind inzwischen in Deutschland an oder mit Covid-19 gestorben.


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