EU-Einigung auf bessere Rechte für Arbeiter von Online-Diensten

| Politik Politik

Mitarbeiter von Online-Lieferdiensten oder Fahrdienst-Vermittlern sind aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken - jetzt sollen sie in der EU mehr Rechte bekommen. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten einigten sich in der Nacht zu Mittwoch darauf, dass Betroffene besser gegen Scheinselbstständigkeit geschützt sein sollen, wie beide Parteien am Morgen nach stundenlangen Verhandlungen mitteilten. Demnach könnten mindestens 5,5 Millionen Menschen fälschlicherweise als selbstständig eingestuft sein.

Wer über eine Online-Plattform etwa als Taxifahrer, Hausangestellter oder Essenslieferant arbeitet, gilt künftig nicht mehr als selbstständig, wenn zwei von fünf Aspekten erfüllt sind. Dazu zählt Angaben der EU-Staaten zufolge etwa, wenn es Gehaltsobergrenzen gibt, die Leistung der Arbeitnehmer überwacht wird oder es Beschränkungen bei der Wahl der Arbeitszeiten beziehungsweise Vorschriften für das Erscheinungsbild der Arbeiterinnen und Arbeiter gibt. Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen der Einigung noch zustimmen. Das ist normalerweise eine Formsache.

Es soll auch verboten werden, dass Mitarbeiter auf Grundlage der Ergebnisse eines Computerprogramms entlassen werden. Entsprechende Entscheidungen müssen mit menschlicher Aufsicht getroffen werden. Die Regeln sollen auch gelten, wenn ein Mitarbeiter über einen Vermittler für die Plattform arbeitet. Zudem sollen Daten wie der persönliche Austausch unter Kolleginnen und Kollegen nicht verarbeitet werden dürfen.

Darüber hinaus sollen Arbeitnehmer darüber informiert werden, wenn automatisierte Überwachungs- und Entscheidungssysteme eingesetzt werden. Denkbar ist etwa, dass Mitarbeiter künftig wissen müssen, ob ein Computerprogramm ihre Leistung analysiert und auf dieser Grundlage etwa mehr oder weniger Aufträge vergeben werden.

Der Lieferdienst Lieferando zeigte sich über die Einigung auf EU-Ebene erfreut. Lieferando stelle seine Kuriere bereits direkt an, teilte das Unternehmen mit. Die Firma sieht die neuen Regeln als Angleichung der Wettbewerbsbedingungen.

Der Fahrdienstleister Uber teilte mit, man unterstütze Bemühungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Plattformarbeiter in Europa. Das Unternehmen hoffe, dass das neue Gesetz für Rechtsklarheit sorge, sagte ein Uber-Sprecher. «Wir werden uns weiterhin für Europa und für ein Modell einsetzen, das Plattformarbeitern das gibt, was sie sich wünschen: Unabhängigkeit, Zusatzleistungen und Flexibilität.»
Der an den Verhandlungen beteiligte CDU-Politiker Dennis Radtke sagte: «Mit dem heutigen Kompromiss senden wir ein klares Signal an Uber und Co.: Faire Arbeitsbedingungen und Datenschutz gelten für alle.» Er betonte, dass die Beweislast bei der Frage nach der Selbstständigkeit beim Arbeitgeber liege. Sollte eine echte Selbstständigkeit nicht bewiesen werden können, müsse der Plattformarbeiter als Arbeitnehmer angestellt werden.

Die SPD-Europaabgeordnete Gaby Bischoff sprach von einem wichtigen Sieg gegen Ausbeutung durch Unternehmen wie den Fahrdienstleister Uber oder den Lieferdienst Bolt, besonders vor dem Hintergrund, dass es starken Lobbydruck gegeben habe. Auch die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Terry Reintke, begrüßte das Ergebnis. Sie betonte aber auch, dass es bei einigen Aspekten darauf ankomme, wie die EU-Staaten diese umsetzten. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Mehr als 80 Prozent der Menschen in Deutschland sind für ein kostenloses Mittagessen in Schulen und Kitas. Hintergrund der Umfrage war die Empfehlung eines Bürgerrats des Bundestags zur Ernährung.

Das Ifo-Institut plädiert für die Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung. Die Niederlande, Schweden und Finnland hätten das bereits beschlossen. Das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen bleibe damit stabil, so die Wirtschaftsforscher.

Mit einer langen Kolonne von Traktoren haben Tausende Landwirte in Berlin ihrem Ärger über die Ampel-Koalition Luft gemacht. Bei einer Protestkundgebung am Brandenburger Tor sprach auch DEHOGA-Präsident Guido Zöllick und verlangte die Rückkehr zu sieben Prozent Mehrwertsteuer in der Gastronomie.

Es ist der erste Bürgerrat dieser Art und das Thema ist hochaktuell: Ernährung. Kostenfreies Mittagessen für alle Kinder steht dabei an erster Stelle der Empfehlungen, die nun im Bundestag vorgestellt wurden.

Das Justizministerium hat einen Referentenentwurf für ein Bürokratieentlastungsgesetz vorgelegt. Darin enthalten ist auch die Hotelmeldepflicht, die abgeschafft werden soll – allerdings nur für deutsche Staatsangehörige. Auch die Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege sollen verkürzt werden.

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 7 auf 19 Prozent für Speisen in der Gastronomie bei gleichzeitig massiv steigenden Kosten stellt die Unternehmer vor größte Herausforderungen. Das geht aus einer Umfrage des Dehoga hervor.

Obwohl Finanzminister Lindner noch im letzten Jahr mehrfach seine Sympathie für eine dauerhafte Verlängerung der reduzierten Mehrwertsteuer in der Gastronomie kundgetan hatte, will der Politiker heute von einer Senkung nichts mehr wissen. In der ARD-Sendung Maischberger schloss Lindner die Rückkehr zur Sieben-Prozent-Mehrwertsteuer jetzt deutlich aus.

Auch am Donnerstag haben Landwirte ihre Proteste gegen die Sparmaßnahmen der Bundesregierung in vielen Regionen fortgesetzt. Unterstützung kommt auch vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband. 

Pandemie, Kundenzurückhaltung, Personalmangel und Mehrwertsteuererhöhung: Die Gastrobranche steht nach Krisen in der Vergangenheit vor neuen Herausforderungen. Eine saarländische Kampagne soll für positive Stimmung sorgen.

Nach dem sogenannten Weihnachtsfrieden nimmt der Tarifstreit bei der Deutschen Bahn Fahrt auf: Von Mittwoch bis Freitag will die Lokführergewerkschaft GDL im Personenverkehr streiken.