Fast 1.500 touristische Betriebe in NRW und Rheinland-Pfalz von Hochwasser geschädigt

| Politik Politik

Das Jahrhundert-Hochwasser vor drei Monaten hat in Nordrhein-Westfalen etwa tausend gastronomische Betriebe getroffen. Davon seien etwa 280 Gaststätten und Hotels ganz massiv geschädigt worden, teilte der Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein am Montag in Köln mit.

Viele wüssten noch nicht, wie es weitergehen solle, sagte Christoph Becker, Dehoga-Geschäftsführer im Bereich Nordrhein. Teils hätten die Betriebe schon sieben Monate Corona-Lockdown hinter sich. Zu den betroffenen Gebieten gehören der Kreis Euskirchen, das Aachener Land und Wuppertal. Nicht überall sei das Gastgewerbe durch die Flut getroffen. «Es gibt genug Plätze, wo man erholsam Urlaub machen kann», sagte Becker.

Der NRW-Verband rief betroffene Betriebe auf, Anträge auf Unterstützung durch die Dehoga-Spendenaktion zu stellen. Dort kamen bislang knapp 600 000 Euro zusammen.

Dehoga: Flutgeschädigtes Ahrtal muss touristische Topregion werden

Das von Hochwasser stark betroffene Ahrtal mit Hunderten beschädigten oder zerstörten Hotels und Gaststätten soll nach Ansicht ihres Verbandes eine touristische Topregion werden. «An der Ahr muss die beste Touristendestination in Rheinland-Pfalz geschaffen werden», sagte der Präsident des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga in dem Bundesland, Gereon Haumann, am Montag in Bad Neuenahr-Ahrweiler.

In dem beekannten Rotweingebiet gehe es um einen innovativen Aufbau von Hotels und Gaststätten mit erneuerbaren Energien und moderner Digitaltechnik, flankiert von E-Mobilität in der Umgebung. Das Ahrtal müsse eine Modellregion werden. Mit Blick auch auf die Lage vieler Touristikbetriebe direkt an dem malerischen Nebenfluss des Rheins forderte Haumann für die Zukunft den «weltbesten Hochwasserschutz». Hierzu beizutragen, sei die «verdammte Pflicht» des Staates, ergänzte der Verbandspräsident im teilzerstörten Vier-Sterne-Hotel Villa Aurora an dem Fluss.

Nach Angaben des Verbandes Ahrtal-Tourismus waren von den rund 600 touristischen Betrieben in dem engen Flusstal 75 bis 80 Prozent von der Flutkatastrophe am 14. und 15. Juli betroffen. Viele sind inzwischen entkernt worden und gleichen teils einem Rohbau. Laut dem Verband Ahrtal-Tourismus wollen rund zehn Prozent der Hotels und Gaststätten nicht wieder öffnen.

134 Menschen waren bei der Sturzflut nach extremem Starkregen getötet, Hunderte verletzt und Tausende Gebäude zerstört oder beschädigt worden. Die Hauptgeschäftsführerin des Dehoga-Bundesverbandes, Ingrid Hartges, sagte in Bad Neuenahr-Ahrweiler: «So schlimm habe ich mir das jetzt nicht vorgestellt.» Es sei eine Jahrhundertkatastrophe gewesen: «Fast jeder kennt hier jemanden, der in den Fluten ums Leben gekommen ist.»

Mit Blick auf die Politik und das Ahrtal ergänzte Hartges, es müsse Druck gemacht werden, «dass man nicht so lange von der Landkarte verschwunden ist» - der Tourismus sollte hier «schnell und gründlich» wieder angekurbelt werden. Haumann sagte, zudem hätten auch unbeschädigte Hotels in der Ahrregion und sogar in anderen Gebieten des Landes «bis in die Pfalz hinunter» nach der Wasserflut eine Flut von Stornierungen erlebt - wegen geografisch falscher Annahmen von Touristen.

Der Dehoga-Landeschef erläuterte, bislang hätten dankenswerterweise Tausende freiwilliger Helfer Hoteliers und Gastronomen im Ahrtal beim Entkernen ihrer Betriebe geholfen. Beim künftigen Wiederaufbau seien aber professionelle Firmen gefragt. Der bundesweite Fachkräfte- und Baustoffmangel mache diese neue Phase nicht einfacher.

Der Inhaber des Hotels Villa Aurora, Christian Lindner, sagte, sein Familienbetrieb in vierter Generation hoffe, bis Weihnachten 2022 wiedereröffnen zu können. Noch müssten in den historischen Gebäuden - drei verbundene Villen - lange die Bautrockner laufen, weil bei zu frühem Wiederaufbau Schimmel und damit erneute Entkernung drohten.

Auch Lindner betonte, wie wichtig künftig ein hervorragender Hochwasserschutz sei. Die Gäste dürften keine Angst bei Starkregen haben. Auch wenn Experten angesichts des Klimawandels mehr Überschwemmungen in Mittelgebirgen voraussagen, zeigte sich Lindner nicht allzu besorgt: Das vorletzte wirklich extreme Hochwasser im Ahrtal sei bereits 111 Jahre her. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Praxen seien als «Verfolgungsbehörden der Arbeitgeberverbände denkbar ungeeignet», schimpft der Präsident des Kinderärzteverbandes. Er verlangt, Ärzte bei Attesten und Bescheinigungen zu entlasten.

Für die Zeit der Fußball-EM hat das Bundeskabinett eine sogenannte „Public-Viewing-Verordnung“ beschlossen. Sie ermöglicht den Kommunen, Ausnahmen von den geltenden Lärmschutzregeln zuzulassen. Vergleichbare Verordnungen hatte es bereits bei früheren Fußball-Welt- und Europameisterschaften gegeben.

Die Institutionen der Europäischen Union haben sich am 15. März im sogenannten Trilog-Verfahren auf eine Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation - PPWR) geeinigt. Der Umweltausschuss (ENVI) und das Plenum des Europäischen Parlamentes werden die Einigung voraussichtlich noch im April annehmen.

Einigung im Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL: Insbesondere bei der 35-Stunden-Woche macht der Konzern weitgehende Zugeständnisse. Weitere Streiks sind damit vom Tisch.

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung dem Wachstumschancengesetz zugestimmt und damit einen Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat vom 21. Februar 2024 bestätigt. Der DEHOGA stellt klar, dass aus Sicht des Verbandes die Inhalte des Wachstumschancengesetzes nicht ausreichen.

Arbeitgeber sollen die Bedingungen ihrer Arbeitsverträge nach dem Willen der Ampel-Koalition künftig nicht mehr in Papierform mit Unterschrift an künftige Mitarbeiter aushändigen müssen. Ein entsprechender Passus soll in den Gesetzentwurf zur Bürokratieentlastung eingefügt werden.

Vor dem Hintergrund des schwierigen Konjunkturumfelds und einer hartnäckigen Schwächephase des deutschen Mittelstandes mahnt die Arbeitsgemeinschaft (AG) Mittelstand​​​​​​​ von der Wirtschaftspolitik dringend Maßnahmen zur Stärkung der Wachstumskräfte an.

Die Bürokratie in Deutschland ist immens. Die Bundesregierung kündigt mit großen Worten eine Entrümpelung an. Der DEHOGA sagt: Das reicht noch lange nicht. Der Verband sagt, dass insgesamt immer noch viel zu wenig Bürokratieentlastung im Betriebsalltag der Unternehmen ankomme.

Bund und Länder haben sich, wie insbesondere von den Steuerberatern gefordert und vom DEHOGA unterstützt, auf eine letztmalige Fristverlängerung für die Schlussabrechnung bei den Coronahilfen bis Ende September 2024 geeinigt, sofern eine Fristverlängerung bis zum 31. März 2024 beantragt und bewilligt wurde.

In Berlin arbeiten viele Menschen unter prekären Bedingungen, sagen Fachleute. Häufig nutzen ihre Chefs schamlos aus, dass sie kein Deutsch sprechen oder sich illegal hier aufhalten. Einen Schwerpunkt dabei bilde laut Hauptzollamt das Gastgewerbe.