Geteiltes Branchenecho zur Verlängerung der Corona-Wirtschaftshilfen

| Politik Politik

Wie Finanz- und Wirtschaftsministerium diese Woche in Berlin mitteilten, wird die Überbrückungshilfe III für Unternehmen und Soloselbstständige bis zum 30. September 2021 als «Überbrückungshilfe III Plus» fortgeführt.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, der «Konjunkturmotor» laufe. Dennoch verlaufe der Ausstieg aus der Pandemie schrittweise. Deswegen sei die Verlängerung der bisher bis Ende Juni befristeten Hilfen ein wichtiges Signal.
Finanzminister Olaf Scholz (SPD) betonte, Deutschland habe die Pandemie wirtschaftlich besser durchstanden als viele andere, weil die Regierung entschlossen Hilfe geleistet habe. «Und diese Unterstützung wird auch nicht kurz vorm Ziel eingestellt, das wäre ökonomischer Unsinn.» Auch wenn sinkende Inzidenzzahlen auf ein Ende der Pandemie hoffen ließen, seien viele Unternehmen weiterhin von den Folgen der Pandemie betroffen.

Scholz wies außerdem darauf hin, dass Unternehmen, die die ausgeweitete Überbrückungshilfe erhalten, keine Gewinne und Dividenden ausschütten dürften. Dies gelte gilt auch für die Zahlung von Boni und den Rückkauf von Aktien.
Die Überbrückungshilfe ist das zentrale Kriseninstrument der Regierung, um Folgen der Pandemie auf Jobs und Firmen abzufedern. Mit der Verlängerung wird auch die Obergrenze für die Zuschüsse erhöht - vor allem größere Unternehmen etwa aus der Mode- und Hotelbranche hatten geklagt, die Hilfen bisher nicht zu bekommen. Zugleich sollen Unternehmen, die Mitarbeiter früher aus der Kurzarbeit holen oder Beschäftigte neu einstellen, eine «Restart-Prämie» bekommen. Die Bundesregierung hatte am Mittwoch auch beschlossen, dass der vereinfachte Zugang zu Kurzarbeit erneut verlängert wird.

Während der DEHOGA-Bundesverband auf Facebook postet: „Ein wichtiger Verbandserfolg für das Gastgewerbe: „Überbrückungshilfe III Plus“: Firmen bekommen länger Corona-Wirtschaftshilfen!“, kommt aus dem Gastgewerbe auch scharfe Kritik.

"Der 30. September reicht nicht! Die Überbrückungshilfen müssen vor dem Hintergrund der Bundestagswahlen schon jetzt bis mindestens Ende des Jahres verlängert werden", fordert Haakon Herbst, Regionalpräsident im DEHOGA Nordrhein-Westfalen. Die zuständigen Minister Scholz und Altmaier hatten lediglich eine Verlängerung der Überbrückungshilfe III bis Ende September angekündigt. Die Branche hätte die angekündigte Verlängerung der Hilfen in "normalen" Jahren begrüßt. Allerdings befürchten Gastronomen und Hoteliers zu Zeiten von Wahlkampf und Regierungsbildung, dass das Thema nicht die notwendige Aufmerksamkeit erfährt. "Wenn die jetzige Regierung bis zur Wahl keine Einigung für eine Hilfen-Verlängerung über den 30.9. hinaus findet, wird das Thema als eines von vielen in der neuen Regierung liegenbleiben. Wir können aber nicht bis November warten. Wir werden ab 1. Oktober weitere Unterstützung benötigen. Die Pandemie und ihre Auswirkungen auf unsere Branche enden nicht Ende September", beschreibt Herbst den Ernst der Lage in der Branche.   

Der DEHOGA NRW sieht große Teile der Branche in NRW immer noch in einer Corona-bedingt äußerst schwierigen Situation: Der Geschäftsreiseverkehr lahmt, das Messe- und Tagungsgeschäft ebenso, private Veranstaltungen laufen nur schleppend an, Clubs und Diskotheken dürfen überhaupt erst ab September an den Start und Corona-Einschränkungen bedeuten weiterhin zusätzliche Belastungen. Die Umsatzverluste werden also für viele bleiben. "Wir fordern keine Hilfe für alle, aber für die, die weiterhin und absehbar betroffen von der Krise sein werden", so Herbst.

In Anbetracht der nächste Woche anstehenden Wirtschaftsministerkonferenz, die NRW-Wirtschaftsminister Pinkwart leitet, appelliert der DEHOGA NRW an die Minister der Länder und Bundeswirtschaftsminister Altmaier, das Thema Verlängerung der Ü III Plus noch einmal auf die Agenda zu setzen. "Wir wollen, dass alle  Betriebe, die wegen Corona unverschuldet in Schieflage geraten sind, wieder Boden unter die Füße bekommen, um zu überleben. Damit das gewährleistet ist, muss auch die Ü III Plus über den 30.9. hinaus verlängert werden. Am besten jetzt", betont Herbst abschließend.

„Das ist die absolut falsche Entscheidung und lässt gerade die Touristik in den schwierigsten Monaten im Regen stehen“: Das Aktionsbündnis Tourismusvielfalt (ATV), ein Bündnis aus 28 touristischen Branchenverbänden, kritisiert die Bundesregierung für ihren Beschluss, die Überbrückungshilfen für wirtschaftlich durch die Corona-Krise besonders hart betroffene Unternehmen nur bis Ende September zu verlängern. Ursprünglich hatten die Regierungsparteien Pläne, dass die Verlängerung bis zum Jahresende gehen soll.
 
„Die Touristik ist durch die mehrmonatigen Schließungen ohnehin schon eine hart getroffene Branche“, kritisiert ATV-Sprecher Michael Buller. „Sie nimmt erst sehr langsam wieder an Fahrt auf, doch können die Buchungsverluste von Januar bis März 2021 bei weitem nicht mehr wettgemacht werden. Maximal 40 Prozent des Jahresumsatzes von 2019 kann überhaupt dieses Jahr erreicht werden, was die Unternehmen weiterhin schwer belasten wird. Auch fehlt sicher noch auf längere Sicht der internationale Tourismus in Deutschland.“
 
ATV-Sprecherin Petra Thomas ergänzt: „Die ersten Monate des Jahres stellen in der Tourismusbranche die Hauptbuchungszeit für die Sommermonate dar und fehlen in diesem Jahr komplett. Im Sommer wiederum werden jene Gelder verdient, die die Unternehmen brauchen, um über die verlustreichen und schwächeren Wintermonate zu kommen. Erhalten sie in diesem Jahr nur bis Ende September die dringend benötigten Überbrückungshilfen, werden die Gelder des Bundes vielen touristischen Anbietern nicht mehr weiterhelfen, da sie genau zu dem Zeitpunkt aufhören, an dem die wirtschaftlichen Probleme für sie richtig losgehen. Zudem können Fernreiseanbieter derzeit noch gar nicht neu an den Start gehen und werden vermutlich erst wieder im kommenden Jahr erste Umsätze generieren.“
 
„Die Politik, die bis hierhin geholfen hat, die Unternehmen zu retten, muss die Überbrückungshilfen dringend bis zum Jahresende weiterlaufen lassen“, fordert Michael Buller im Namen des ATV. „Die stark wirtschaftlich angeschlagenen Touristik-Unternehmen werden es sonst schwer haben, durch den Winter zu kommen.“ 


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Bund der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern hat die Ausweitung der Steuer von Privat- auf Geschäftsreisende in Schwerin als Abzocke kritisiert. Die Bettensteuer – wie auch die Tourismusabgaben – würden Verbraucher und Betriebe durch höhere Preise und Bürokratie belasten.

Die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse von Geflüchteten aus der Ukraine gelten bis zum 4. März 2025. Darüber informierte das Bundesinnenministerium den DEHOGA Bundesverband und andere Wirtschaftsverbände.

Tübingen ist vorgeprescht: Kaffeebecher und andere Einwegverpackungen werden in der Uni-Stadt besteuert. Andere Kommunen wollen jetzt nachziehen. Doch es gibt noch ein rechtliches Problem. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.

Praxen seien als «Verfolgungsbehörden der Arbeitgeberverbände denkbar ungeeignet», schimpft der Präsident des Kinderärzteverbandes. Er verlangt, Ärzte bei Attesten und Bescheinigungen zu entlasten.

Für die Zeit der Fußball-EM hat das Bundeskabinett eine sogenannte „Public-Viewing-Verordnung“ beschlossen. Sie ermöglicht den Kommunen, Ausnahmen von den geltenden Lärmschutzregeln zuzulassen. Vergleichbare Verordnungen hatte es bereits bei früheren Fußball-Welt- und Europameisterschaften gegeben.

Die Institutionen der Europäischen Union haben sich am 15. März im sogenannten Trilog-Verfahren auf eine Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (Packaging and Packaging Waste Regulation - PPWR) geeinigt. Der Umweltausschuss (ENVI) und das Plenum des Europäischen Parlamentes werden die Einigung voraussichtlich noch im April annehmen.

Einigung im Tarifstreit zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL: Insbesondere bei der 35-Stunden-Woche macht der Konzern weitgehende Zugeständnisse. Weitere Streiks sind damit vom Tisch.

Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung dem Wachstumschancengesetz zugestimmt und damit einen Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat vom 21. Februar 2024 bestätigt. Der DEHOGA stellt klar, dass aus Sicht des Verbandes die Inhalte des Wachstumschancengesetzes nicht ausreichen.

Arbeitgeber sollen die Bedingungen ihrer Arbeitsverträge nach dem Willen der Ampel-Koalition künftig nicht mehr in Papierform mit Unterschrift an künftige Mitarbeiter aushändigen müssen. Ein entsprechender Passus soll in den Gesetzentwurf zur Bürokratieentlastung eingefügt werden.

Vor dem Hintergrund des schwierigen Konjunkturumfelds und einer hartnäckigen Schwächephase des deutschen Mittelstandes mahnt die Arbeitsgemeinschaft (AG) Mittelstand​​​​​​​ von der Wirtschaftspolitik dringend Maßnahmen zur Stärkung der Wachstumskräfte an.