Hessen verschärft 2G-Plus-Regel: Abstandsregelungen und Maskenpflicht in Restaurants

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Hessen macht ernst: Angesichts der kritischen Corona-Lage und vielerorts voller Intensivstationen gelten ab Sonntag strengere Corona-Regeln. Von neuen Kontaktbeschränkungen sind speziell die Ungeimpften betroffen.

Angesichts der angespannten Lage verschärft Hessen erneut massiv die Corona-Regeln. «Wir stehen vor einer sehr, sehr ernsten Situation», sagte Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Dienstag in Wiesbaden nach einer Bund-Länder-Besprechung. Die Kontakte müssten deutlich eingeschränkt werden. Es gebe noch immer zu viele ungeimpfte Menschen.

Laut einem Beschluss des hessischen Corona-Kabinetts soll für Menschen ohne eine Corona-Schutzimpfung ab kommenden Sonntag eine Kontaktbeschränkung auf maximal zwei Hausstände im öffentlichen Raum gelten, wie Bouffier ankündigte. Diese Einschränkung gelte nicht für das häusliche Umfeld. Das werde aber auch dort empfohlen.

Das 2G-Modell werde komplett auf den Einzelhandel ausgeweitet. Ausgenommen sei nur der Einkauf von Lebensmitteln für den täglichen Bedarf sowie etwa der Besuch von Apotheken. 2G bedeutet, dass die Menschen geimpft oder genesen sein müssen.

Mit großer Sorge blicke die Landesregierung auf die Entwicklung der neuen Omikron-Virusvariante und auf die hohen Inzidenzen in einigen umliegenden Ländern, erklärte der Regierungschef. «Wir wollen jetzt unser Möglichstes tun, um zu verhindern, dass Infektionswellen aus unseren Nachbarländern im Süden oder Osten zu uns herüberschwappen.»

Nach den neuen Regeln wird laut Bouffier auch die 2G+-Option etwa für Betreiber von Restaurants, Theatern oder Diskotheken gestrichen. Dann sei es nicht mehr möglich, auf Abstandsregelungen und Maskenpflicht zu verzichten, auch wenn ausschließlich Geimpfte oder Genesene mit zusätzlichem tagesaktuellem Schnelltest eingelassen werden.

Mit den neuen hessischen Corona-Regeln werden auch die Zuschauerkapazitäten in den Fußball-Stadien im Land deutlich begrenzt. «Wir haben uns entschieden, dass wir in der jetzigen Situation glauben, dass ein volles Stadion nicht verantwortbar ist», sagte Bouffier. In Stadien und bei anderen Veranstaltungsorten mit bis zu 3000 Plätzen sei im Freien keine Reduzierung der Zuschauerkapazitäten erforderlich. Bei allen Plätzen darüber gebe es jedoch eine Begrenzung der Kapazitäten auf ein Viertel. Das Stadion von Fußball-Bundesligist Eintracht Frankfurt habe etwa Platz für rund 51 000 Besucher. Nach den neuen Regeln dürfen nach Angaben von Bouffier damit künftig nur noch maximal 15 000 Fans die Begegnungen vor Ort ansehen.

Der Regierungschef sprach sich gegen ein Vorziehen der Weihnachtsferien für die Schulen aus. Das würde jede Menge weitere Probleme auslösen. Ziel der hessischen Landesregierung bleibe, den Präsenzunterricht in den Schulen aufrechtzuerhalten.

Die Landesregierung will zusätzlich kommende Woche im Landtag beantragen, dass die Abgeordneten angesichts der Corona-Zahlen eine pandemische Lage beschließen. Mit einem solchen Beschluss seien laut Infektionsschutzgesetz zusätzliche Corona-Maßnahmen in Hessen möglich, soweit und solange die konkrete Gefahr der Corona-Ausbreitung bestehe, erläuterte Bouffier.

«Einen solchen Beschluss brauchen wir, um gerüstet zu sein, falls sich die Situation noch weiter zuspitzt», erklärte der Ministerpräsident. Als mögliche weitere Verschärfungen der Corona-Regeln nannte er ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum sowie die Schließung von Freizeit- und Kultureinrichtungen. Auch Volksfeste, Umzüge oder Weihnachtsmärkte könnten dann vollständig untersagt werden.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende Nancy Faeser signalisierte Zustimmung. «Ich gehe derzeit davon aus, dass sich meine Fraktion einem entsprechenden Plenarbeschluss nicht verweigern wird», erklärte sie. «Ich gehe aber auch davon aus, dass danach der Landtag die Gelegenheit erhält, die anschließend möglichen, noch weitergehenden Maßnahmen zu erörtern – notfalls in einer Sondersitzung noch vor Weihnachten.»

Welche der Maßnahmen notwendig seien, hänge maßgeblich von der weiteren Entwicklung des Pandemie-Geschehens ab, betonten Bouffier und Sozialminister Kai Klose (Grüne). Die Landesregierung werde die Lage in den Krankenhäusern sehr genau weiter beobachten und gegebenenfalls sehr schnell reagieren.

Der hessische Handelsverband bewertet die angekündigte Verschärfung der Corona-Regeln für den Einzelhandel mit Ausnahme von Geschäften des täglichen Bedarfs kritisch. «Die Kontrollen bedeuten einen unglaublichen Aufwand - im so wichtigen Weihnachtsgeschäft», sagte der Präsident des Handelsverbandes Hessen, Jochen Ruths.

Die bisherigen Hygienekonzepte mit Masken- und Abstandspflicht hätten sich bewährt - der Handel sei kein Infektionstreiber, sagte er. Die Unternehmen zahlten nun erneut den Preis für die Versäumnisse der letzten Monate, in denen es nicht gelungen sei, genügend Menschen von einer Impfung zu überzeugen, sagte Ruths.

Auch die Präsidentin des Hessischen Industrie- und Handelskammertages, Kirsten Schoder-Steinmüller, wies auf die Belastung des Einzelhandels hin. «Durch die Regelung kommt es nun wieder zu Wettbewerbsverzerrungen im stationären Einzelhandel. Während Grundversorger allen Kunden offenstehen, dürfen Sortimentsanbieter nur unter 2G und mit hohem Kontrollaufwand öffnen», sagte sie. Es entstehe zunehmend das Gefühl, dass der Zutritt zu Geschäften als Druckmittel zur Steigerung der Impfquote eingesetzt werde.

Angesichts des Ansturms auf die Corona-Schutzimpfungen wächst unterdessen in einigen Regionen der Unmut über Impfstoff-Engpässe. Im Impfzentrum von Hessens größter Stadt Frankfurt drohte am Dienstag der Impfstoff auszugehen. Die Lage sei «angespannt», sagte eine Sprecherin des Gesundheitsamts. Ob und wann die Liefermengen aufgestockt werden, wisse man nicht.

Auch der Main-Kinzig-Kreis berichtete von ersten Problemen in den Impfstellen. Im Impfzentrum des Landkreises Kassel im nordhessischen Calden herrscht unterdessen nach Angaben eines Sprechers bislang keine Impfstoff-Knappheit. Mit 1200 Impfungen pro Tag sei das Zentrum derzeit voll ausgelastet.

Minister Klose legte jüngeren Menschen nahe, Älteren bei den Auffrischungsimpfungen den Vortritt zu lassen. «Es ist ja nicht so, dass der Impfschutz plötzlich am sechsten Monat plus einen Tag einfach aufhört», sagte er dem privaten Radiosender Hit Radio FFH. Vielmehr bauten die Menschen den Immunschutz langsam ab, und je älter sie seien, desto schneller gehe das. «Deshalb ist es jetzt ganz wichtig, dass zunächst mal die Älteren, die Vorerkrankten, die Immunsupprimierten zur Auffrischimpfung kommen können.» (dpa)


 

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