Hygiene-Pranger: Auch Lebensmittelkontrolleure kritisieren „Topf Secret“-Plattform von foodwatch

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Neben dem DEHOGA und dem Bundesverband Systemgastronomie habe jetzt auch die Lebensmittelkontrolleure Stellung zu dem Hygieneportal von foodwatch bezogen, über das Verbraucher Kontrollergebnisse von Restaurants abfragen und veröffentlichen sollen. Der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure teilt mit, dass die Verbraucherplattform "Topf Secret" nicht benötigt werde.

Zuvor hatten bereits der DEHOGA Bundesverband und der Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) die foodwatch und „FragDenStaat“-Initiative scharf kritisiert. So schrieb der DEHOGA:  Die Initiative für einen „Mitmach-Internetpranger“ habe nichts mit Verbraucherschutz zu tun, sondern sei reinster Populismus. Ein solche Plattform sei zudem in höchstem Maße rechtlich fragwürdig. Gastronomen dürften nicht leichtfertig und zu Unrecht an den öffentlichen Pranger gestellt werden, durch den ihre berufliche Existenz und Arbeitsplätze gefährdet würden. Veröffentlichungen über Hygienemängel dürften grundsätzlich nur seitens der Landesbehörden in den gesetzlich zugelassenen Grenzen erfolgen. Das ist originäre Aufgabe des Staates und nicht von foodwatch. Das Bundesverfassungsgericht habe dazu hohe verfassungsrechtliche Hürden definiert. 

Und die im BdS vereinigten Systemgastronomen ließen verlautbaren, dass die Plattform entschiden ablehne. Hauptgeschäftsführerin Andrea Belegante sagte: „Im Verbraucherinformationsgesetz ist sowohl die individuelle wie auch die weitergehende Veröffentlichung staatlicher Kontrollergebnisse geregelt. Eine in dieser Art und Weise gestaltete öffentliche Plattform stellt einen klaren Eingriff in die Gültigkeit bestehender Vorschriften dar.“ Der BdS betone seit Jahren die Schwachstellen und Scheintransparenz von Hygieneampeln. Kontrollen seien immer nur Momentaufnahmen und auch die Kontrollfrequenz in den Restaurants ist sehr unterschiedlich. „Es gibt keine bundesweit einheitlichen Standards für die Durchführung der Kontrollen. Schon deshalb macht eine Plattform wie Topf Secret wenig Sinn. Für bundesweit agierende Marken wäre das – zusätzlich zu den ohnehin bestehenden bürokratischen Auflagen – unzumutbar. Außerdem kann die fehlende Aktualität die Realität verzerren“, betont Belegante abschließend.

Die Lebensmittelkontrolleure begrüßen in Zeiten der Informationsgesellschaft, dass Verbraucherinnen und Verbrauchern zielgerichtet und sachlich fundierte Informationen von Behörden bereitgestellt würden, fordern aber, dass es gelte rechtsstaatliche Prinzipien für alle Beteiligten grundsätzlich zu wahren gilt. Desinformation durch Überinformation sollte in jedem Fall vermieden werden.

So hätten Verbraucherinnen und Verbraucher bereits heute die Möglichkeit, gemäß Verbraucherinformationsgesetz Informationen auf Antrag zu erhalten, über die Behörden aufgrund ihrer Aufgaben und Befugnisse verfügen, schreibt der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure (BVLK). Das gelte auch für Hygienemängel in Lebensmittelbetrieben oder Untersuchungsergebnisse von amtlichen Proben. Jeder Verbraucher könne also Anfragen bei den Behörden stellen. Zuständig sei immer die staatliche Stelle, die über die jeweiligen Informationen verfüge. Die aktuellen Veröffentlichungspflichten betrachtet der BVLK als ausreichend, um die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland geeignet zu informieren. Viele Bundesländer hätten bereits wieder begonnen aufgrund dieser Rechtsgrundlage Verstöße zu veröffentlichen.

„Um die rechtsstaatlichen Prinzipien für alle Beteiligten grundsätzlich zu wahren (so auch der Grundsatz der Unschuldsvermutung, dem die mögliche Veröffentlichung von Verstößen, die ausschließlich auf einem „zu erwartenden“ Bußgeld von 350,00 Euro beruhen, nach Auffassung des BVLK dem Grundsatz der Unschuldsvermutung widerspricht), ist es unseres Erachtens notwendig, dass die Veröffentlichungspflicht der benannten Verstöße in § 40 a Abs. 1 Nr. 2 LFGB im rechtsstaatlichen Sinne geregelt wird. Eine zeitlich begrenzte Veröffentlichung der benannten Verstöße sollte daher nur erfolgen, wenn ein Bußgeld in Höhe von mehr als 350,00 Euro rechtskräftig ist.“

Zusammenfassend teilt der Verband mit die Verbraucherplattform „Topf Secret“ nicht benötigt werde. Die zuständigen Stellen veröffentlichen bereits wieder Hygieneverstöße. Veröffentlichungen dürften nur seitens der Landesbehörden in den gesetzlich festgelegten Grenzen und unter Beachtung der hohen verfassungsrechtlichen Hürden erfolgen. Dies bedeute, dass durch Behörden festgestellte Verstöße rechtssicher im Internet veröffentlicht werden, befristet für sechs Monate.

Nach Ansicht des BVLK widerspricht die mögliche Veröffentlichung von Kontrollberichten durch Private oder Nichtregierungsorganisationen, die aufgrund von Anfragen gemäß VIG herausgegeben worden sind, zudem dem Grundsatz des Aktengeheimnisses und der Vertraulichkeit.

Das sieht foodwatch natürlich anders und spricht davon, dass es einen wahren Ansturm auf den Mitmachpranger gebe. „Wir haben offenbar einen Nerv getroffen: Verbraucherinnen und Verbraucher wollen wissen, wie es um die Hygiene im Lieblingsrestaurant oder im Bäcker um die Ecke bestellt ist“, erklärte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagne bei foodwatch. „Das ist ein klares Signal an Bundesernährungsministerin Julia Klöckner! Sie muss dafür sorgen, dass Behörden in Zukunft ausnahmslos alle Kontrollergebnisse veröffentlichen müssen. Das schafft Transparenz für die Menschen und einen Anreiz für Lebensmittelbetriebe, sich jeden Tag an die lebensmittelrechtlichen Vorgaben zu halten.“


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