Hygienepranger: Bundestag beschließt neue Regeln für Restaurants

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Hygieneverstöße in Restaurants, Hotels und Kantinen sollen ab April bundesweit unverzüglich für sechs Monate online veröffentlicht werden. Danach sind die Einträge zu entfernen. Das hat der Bundestag beschlossen. Stimmt der Bundesrat zu, treten die neuen Hygieneprangerregeln zum April 2019 in Kraft.

Das Bundesverfassungsgericht hatte die Regierung dazu aufgefordert, bis Ende April eine bundesweit einheitliche Regelung zu schaffen.

Der Paragraph 40 Absatz 1a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) sieht vor, dass die Überwachungsbehörden der Bundesländer die Öffentlichkeit über erhebliche Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften informieren. Etwa dann, wenn der hinreichende Verdacht besteht, dass ein Produkt ein Risiko für die menschliche Gesundheit mit sich bringen kann. Das kann sein, wenn Unternehmen gegen Hygienevorschriften verstoßen oder ihre Sorgfaltspflichten nicht einhalten.

In den letzten Monaten hatten Veröffentlichungen prominenter Betriebe, wie der Bachstelze (Tageskarte berichtete) in Erfurt oder des Luxushotels Nassauer Hof in Wiesbaden (Tageskarte berichtete) für großen medialen Wirbel gesorgt. Bislang war die Vorgehensweise der Länder uneinheitlich. Jetzt gibt es einen Rahmen für die Veröffentlichungen im Internet und Löschpflichten.

Bundesweit einheitliche Fristen

Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die amtliche Information über Verstöße gegen das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs grundsätzlich verfassungsgemäß ist. Allerdings müsse sie zeitlich so begrenzt sein, dass sie sowohl den Anspruch der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Information, als auch die Interessen der betroffenen Unternehmen angemessen berücksichtige.

Der Gesetzentwurf schreibt nun vor, dass die zuständigen Behörden künftig Verstöße gegen das Lebensmittelrecht einheitlich sechs Monate lang veröffentlichen. Danach sind die Einträge zu entfernen. Bislang hatten die Bundesländer die Befunde unterschiedlich lange veröffentlicht. Das hatte dazu geführt, dass mehrere Gerichte gegen die Vorschrift verfassungsrechtliche Bedenken erhoben hatten und sie seit 2013 nicht mehr angewendet wurde.

Die Gesetzesänderung legt auch fest, dass eine solche Information unverzüglich erfolgen muss. In der Vergangenheit hatte es zum Teil lange Verzögerungen bei der Veröffentlichung gegeben. Zugleich müssen die Behörden umgehend öffentlich mitteilen, wenn der Mangel nachweisbar beseitigt wurde.

Verstöße gegen bauliche Anforderungen/Verstöße gegen Aufzeichnungspflichten, die keine Gefahr einer nachteiligen Beeinflussung von Lebensmitteln bewirken, sollen außer Betracht bleiben. Sobald ein veröffentlichter Mangel behoben wurde, muss die Behörde dies unverzüglich kommunizieren – auf derselben staatlichen „Prangerseite“, wo der Mangel veröffentlicht wurde. Der DEHOGA begrüßt, dass die Bundesregierung die geforderte Ergänzung der Löschfrist zum Anlass genommen habe, eine notwendige Klarstellung vorzunehmen, dass bauliche Mängel und Verstöße gegen Aufzeichnungspflichten, die keine Gefahr einer negativen Beeinflussung von Lebensmitteln bewirken, außer Betracht bleiben. Der Gesetzentwurf bedarf nun noch der Zustimmung des Bundesrats.

Besonderheiten des Internets finden hier allerdings keine Berücksichtigung : Steht ein Betrieb auf einer „Prangerseite“ berichten Medien darüber und tauchen Kommentare in sozialen Netzwerken auf. Diese werden dann auf lange Sicht online bleiben, da eine Löschung gar nicht erfolgen kann. Deshalb fordert der Verband, dass Gastronomen nicht leichtfertig und zu Unrecht an den öffentlichen Pranger gestellt werden dürften, durch den ihre berufliche Existenz und Arbeitsplätze gefährdet würden. Die Bußgeldschwelle von 350 Euro erscheine angesichts der Höchstgrenze für Bußgelder von bis zu 50.000 Euro als wesentlich zu niedrig angesetzt zu sein. Ein Bußgeld in dieser Höhe könne schon bei Bagatellverstößen verhängt werden. Die existenzbedrohenden Folgen, die aufgrund einer daraufhin folgenden Veröffentlichung der Ergebnisse drohen, stünden dazu völlig außer Verhältnis. Sachgerecht wäre daher eine Bußgeldschwelle von 5.000 Euro fordert der Verband.

Neben den neuen Fristen stimmten die Abgeordneten im Rahmen einer Entschließung dafür, schnellstmöglich mit den Ländern im Rahmen der gemeinsamen Bund-Länder-Arbeitsgruppe einen bundesweit einheitlichen Bußgeldkatalog zu schaffen, denn eine bundesweit einheitliche Vorgabe zum Bußgeldrahmen für einzelne lebensmittelrechtliche Verstöße existiere bisher nicht. Dieser Katalog soll die Rechtssicherheit erhöhen und sei ein wichtiger Beitrag zur weiteren Vereinheitlichung des Vollzugs lebensmittelrechtlicher Vorschriften. Für die Entschließung stimmten stimmte die breite Mehrheit der Fraktionen bei Enthaltung der Grünen. Den Abstimmungen lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft (19/8349) zugrunde. Die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt wurden zu Protokoll gegeben.

Der DEHOGA kritisiert bislang, dass die Bußgeldschwelle von 350 Euro angesichts der Höchstgrenze für Bußgelder von bis zu 50.000 Euro als wesentlich zu niedrig erscheine. Ein Bußgeld in dieser Höhe könne schon bei Bagatellverstößen verhängt werden. Die existenzbedrohenden Folgen, die aufgrund einer daraufhin folgenden Veröffentlichung der Ergebnisse drohen, stünden dazu völlig außer Verhältnis. Sachgerecht wäre daher eine Bußgeldschwelle von 5.000 Euro fordert der Verband.

Informationsrechte bei Lebensmitteln

Damit sich Interessierte über Lebensmittel schnell informieren können, sind Behörden verpflichtet, nach dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG) auf Anfrage Auskunft zu erteilen. Für akute Fragen speziell zu Lebensmitteln haben die Bundesregierung und die Bundesländer gemeinsam ein Internetportal eingerichtet. Hier veröffentlichen die zuständigen Behörden entsprechende Warnungen www.lebensmittelwarnung.de.

Möchten sich Interessierte über die Kennzeichnung von Lebensmitteln informieren oder fühlen sie sich in ihrer Erwartung enttäuscht, können sie das Internetportal www.lebensmittelklarheit.de nutzen. Dieses wird vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördert. www.lebensmittelklarheit.de

Lebensmittelkontrolle durch die Länder

Die Lebensmittelüberwachung ist in Deutschland Aufgabe der Bundesländer. Dabei muss das Lebensmittelkontrollsystem ständig überprüft und gezielt verbessert werden, um veränderten Rahmenbedingungen gerecht zu werden.

Die Untersuchungen der Bundesländer zeigen: Die Lebensmittel im deutschen Handel sind sicher. Die Beanstandungsquoten lagen in den vergangenen fünf Jahren zwischen 11,3 und 12,9 Prozent; die Hälfte davon waren Kennzeichnungsfehler. Schwerer zu kontrollieren hingegen ist der Online-Handel. Gerade beim Kauf von angeblichen Nahrungsergänzungs- oder Schlankheitsmitteln ist Vorsicht geboten.


 

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