Ingrid Hartges zur Mehrwertsteuersenkung: „Es geht vielfach um schiere Existenzsicherung“

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Die für das kommende Jahr geplante Senkung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent für Speisen in der Gastronomie begrüßt der DEHOGA Bundesverband als wichtigen politischen Schritt. Die Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges betont in einem Interview mit der Berliner Zeitung: „Die Lage für die Gastronomie ist immer noch sehr schwierig. Die Umsätze liegen real sogar 17,5 Prozent unter dem Vorcoronajahr 2019.“ Gleichzeitig seien die Kosten für Lebensmittel, Energie und Personal stark gestiegen. So werde der Mindestlohn ab 1. Januar 2026 um 8,4 Prozent erhöht, wodurch insbesondere die Personalkosten in vielen Betrieben über 40 Prozent des Umsatzes ausmachten.

Hartges weist darauf hin, dass Preissenkungen für viele Betriebe aktuell nicht die Frage des Wollens, sondern des Könnens seien: „Soweit Spielräume zum Jahreswechsel vorhanden sind, werden diese sicherlich für Investitionen, wie auch teilweise für Preissenkungen genutzt.“

Preisentwicklung in der Gastronomie: Steigende Kosten zwingen zu höheren Preisen

Die Kostensteigerungen in der Gastronomie hätten vor allem ihre Ursache in deutlich gestiegenen Ausgaben für Lebensmittel (+26,9 Prozent), Energie und Arbeitskräfte (+34,4 Prozent von Q1 2022 bis Q4 2024). Hartges macht klar: „Die Preissteigerungen in der Gastronomie waren unerlässlich für das Überleben der Unternehmen sowie für die Sicherung der Arbeitsplätze.“ Die Preisentwicklung bei Speisen und Getränken sei weniger stark gestiegen als die zugrundeliegenden Kosten, wie das Statistische Bundesamt belege.

Angesprochen auf den Eindruck, manche Gastronomen hätten Preise überproportional angehoben, verweist Hartges auf offizielle Zahlen: „Im Januar 2024, dem ersten Monat nach der Mehrwertsteuererhöhung auf 19 Prozent, sind die Preise nur um 6,6 Prozent gestiegen. Das bedeutet, dass die meisten Gastronomen die Steuererhöhung nicht 1:1 weitergegeben haben. Es ist also falsch anzunehmen, dass die Branche nur auf einen Startschuss gewartet hätte, um die Gäste zur Kasse zu bitten.“

Betriebliche Existenzsicherung hat Vorrang vor Preissenkungen

Hartges betont die Existenzbedrohung vieler gastronomischer Betriebe: „Gastronomen sind Unternehmer und müssen hart kalkulieren, kaum eine andere Branche steht derzeit so sehr unter Druck wie die Gastronomie.“ Preissenkungen seien angesichts der aktuellen Lage vielerorts nicht möglich: „Der Wirt oder die Caféhausbetreiberin müssen am Ende Gewinne erwirtschaften, das ist der Lebensunterhalt für sie und ihre Familie.“

Situation in Berlin spiegelt bundesweite Herausforderungen wider

Zur Lage in der Hauptstadt sagt Hartges: „Die Situation in Berlin unterscheidet sich kaum von der in anderen deutschen Großstädten. Dort kommen regelmäßig deutlich höhere Pachten erschwerend hinzu.“ Die Fluktuation bei den Betrieben sei in der Stadt höher als auf dem Land. Die Politik müsse anerkennen, wie wichtig Restaurants und Cafés für die Lebensqualität und die Revitalisierung der Innenstädte seien.

Einheitliche Mehrwertsteuer als notwendiger Schritt gegen Ungleichheit

Ein zentrales Anliegen bleibt für den DEHOGA die einheitliche Besteuerung von Essen mit 7 Prozent. Hartges hebt hervor: „Es ist einfach nicht vermittelbar, dass nur das Essen in den Restaurants mit 19 Prozent und das Essen zur Mitnahme mit nur 7 Prozent besteuert wird.“ Die Angleichung sei eine überfällige Stärkung der Gastronomie im Wettbewerb mit Lieferdiensten, Essen To Go und Fertiggerichten aus dem Handel. Zudem prägen vor allem kleine Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten die Branche – „keine Konzerne, sondern wichtige Orte der Nahversorgung und Erholung, die für eine einzigartige Vielfalt stehen. Diese gilt es zu erhalten.“

Gastgewerbe als gesellschaftlicher Treffpunkt unter Druck

Hartges hebt hervor, dass Wirtshäuser, Cafés, Restaurants und Kneipen wesentliche Treffpunkte für gesellschaftliches Leben sind: „Diese Begegnungsorte dürfen nicht sterben.“ Sie kritisiert die steuerliche Ungleichbehandlung, die das Sterben von Gastronomiebetrieben beschleunige und zu einer Verödung der Innenstädte führe. Als Beispiel nennt sie die Schließung der Brasserie am Gendarmenmarkt nach 26 Jahren.


 

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