Restaurant-Hygiene: foodwatch startet Mitmach-Hygiene-Pranger „Topf Secret“

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Die Lobbyisten von foodwatch und die Initiative FragDenStaat haben Details zu ihrer Online-Plattform „Topf Secret“ bekannt gegeben. Über die Webseite sollen Verbraucher die Ergebnisse von Hygienekontrollen in Restaurants oder Bäckereien online abfragen und veröffentlichen können. Der DEHOGA kritisierte das Projekt bereits im Vorfeld als „reinsten Populismus“

foodwatch hat heute in Berlin veröffentlicht, dass die Organisation mit der Mitmach-Plattform Druck aufbauen wolle, damit Behörden in Zukunft ausnahmslos alle Kontrollergebnisse veröffentlichen müssten. Erst das schaffe den nötigen Anreiz für Lebensmittelbetriebe, sich jeden Tag an alle lebensmittelrechtlichen Vorgaben zu halten. Bundesernährungsministerin Julia Klöckner müsse die gesetzliche Grundlage für ein Transparenzsystem wie in Dänemark, Wales oder Norwegen schaffen. Dort würden alle Ergebnisse der amtlichen Lebensmittelüberwachung veröffentlicht, im Internet und direkt an der Ladentür.

„Die allermeisten Lebensmittelbetriebe in Deutschland arbeiten sauber. Doch etwa jeder vierte Betrieb wird bei den Kontrollen beanstandet“, erklärte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen bei foodwatch. „Kakerlaken in der Backstube, Schimmel im Lieblingsrestaurant, ekelerregende Zustände in der Wurstfabrik – die zuständigen Behörden wissen genau, in welchem Unternehmen geschlampt wird. Die Verbraucherinnen und Verbraucher erfahren das in der Regel nicht, nur Ausnahmefälle müssen veröffentlicht werden. Mit dieser Geheimniskrämerei schützt die Bundesregierung die Schmuddelbetriebe auf Kosten der Verbraucherinnen und Verbraucher und der vielen sauber arbeitenden Unternehmen.“

Der DEHOGA Bundesverband kritisiert die Pläne von Foodwatch scharf. Die Initiative für einen „Mitmach-Internetpranger“ habe nichts mit Verbraucherschutz zu tun, sondern sei reinster Populismus. Ein solche Plattform sei zudem in höchstem Maße rechtlich fragwürdig. Gastronomen dürften nicht leichtfertig und zu Unrecht an den öffentlichen Pranger gestellt werden, durch den ihre berufliche Existenz und Arbeitsplätze gefährdet würden. Veröffentlichungen über Hygienemängel dürften grundsätzlich nur seitens der Landesbehörden in den gesetzlich zugelassenen Grenzen erfolgen. Das ist originäre Aufgabe des Staates und nicht von foodwatch. Das Bundesverfassungsgericht habe dazu hohe verfassungsrechtliche Hürden definiert. 

Und so funktioniert „Topf Secret“: Unter www.topf-secret.foodwatch.de können Verbraucher bei den zuständigen Behörden einen Antrag auf Veröffentlichung der Ergebnisse amtlicher Hygiene-Kontrollen stellen. Die gesetzliche Grundlage sei das Verbraucherinformationsgesetz (VIG). Nutzer können einen beliebigen Betrieb – von Restaurants über Bäckereien bis hin zu Tankstellen – über eine Suchfunktion oder per Klick auf einer Straßenkarte aussuchen. Dann muss nur noch lediglich Name, E-Mail- und Postadresse eingeben, die gemeinsam mit einem vorbereiteten Text an die zuständige Behörde übermittelt werden. Die Antragstellung sei innerhalb von einer Minute fertig. Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten die Ergebnisse allerdings erst nach mehreren Wochen.

„Bund und Länder haben es jahrelang verschlafen, für Transparenz in der Lebensmittelüberwachung zu sorgen. Das wollen wir mit ‚Topf Secret‘ ändern! Je mehr Menschen mitmachen und Anträge stellen, desto mehr Infos kommen ans Licht – und desto größer ist der Druck auf die Bundesregierung, endlich eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, die Transparenz zur Regel macht und nicht zur Ausnahme“, sagte Arne Semsrott, Projektleiter von FragDenStaat. „So oder so gilt: ‚Topf Secret‘ kann nur eine Zwischenlösung sein. Wenn die Bundesregierung in Zukunft die Veröffentlichung aller Kontrollergebnisse vorschreibt, schalten wir unsere Plattform gerne wieder ab.“

Der DEHOGA Bundesverband nimmt dazu eine andere Position ein. Hier heißt es, Verbraucherschutz und eine gute Hygienepraxis hätten in der Gastronomie höchste Priorität. Bei gravierenden Verstößen biete das geltende Recht bereits heute ausreichend Sanktionsmöglichkeiten. Dieses Instrumentarium müsse im Sinne eines nachhaltigen Verbraucherschutzes voll ausgeschöpft werden. Gastronomen dürften nicht leichtfertig und zu Unrecht an den öffentlichen Pranger gestellt werden, durch den ihre berufliche Existenz und Arbeitsplätze gefährdet werden.

foodwatch sieht seine Position durch einen Spruch des Bundesverfassungsgerichtes bestätigt, dass im letzten Jahr „ausdrücklich die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern auf Informationen über lebensmittelrechtliche Verstöße, also zum Beispiel Missstände bei der Hygiene, anerkannt“ habe. Für den DEHOGA dagegen bleiben auch nach dem Urteil des Gerichtes viele Fragen unbeantwortet. Statt unter dem Deckmantel von Transparenz und Verbraucherschutz Pranger mit häufig unverhältnismäßig einschneidenden und dauerhaften wirtschaftlichen Folgen für die Betriebe zu schaffen, bedürfe es der konsequenten Anwendung geltenden Rechts. Dieses böte schon jetzt ausreichende Eingriffs- und Sanktionsmöglichkeiten bis hin zur Betriebsschließung, um eklatanten Missständen Herr zu werden.

foodwatch hingegen beruft sich auf andere Länder, wie zum Beispiel Dänemark: Dort erführen Verbraucher direkt an der Ladentür und im Internet anhand von Smiley-Symbolen, wie es um die Sauberkeit in den Lebensmittelbetrieben bestellt sei. Wenige Jahre nach Einführung des Smiley-Systems im Jahr 2002 habe sich die Quote der beanstandeten Betriebe halbiert, von 30 auf rund 15 Prozent. „Das Smiley-System in Dänemark funktioniert. Umfragen zeigen, dass praktisch alle Verbraucher das Smiley-System kennen und es bei der Wahl eines Restaurants oder eines Ladens berücksichtigen. Es zeigt auch, dass Lebensmittelunternehmen Maßnahmen ergreifen, um die Standards zu verbessern, mit dem Ziel, einen lächelnden Smiley zu bekommen. Das Smiley-System erhöht die Lebensmittelsicherheit zum Wohle aller“, erklärte das dänische Umwelt- und Ernährungsministerium.


 

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