Kranich gegen Condor - Lufthansa beendet Zubringerdienste

| Tourismus Tourismus

Im Kampf um künftige Passagiere setzt die Lufthansa ihre Konkurrentin Condor stark unter Druck. Zum 1. Juni kommenden Jahres wurde das langjährige Abkommen über Zubringerdienste zu Condor-Langstreckenflügen gekündigt, wie beide Seiten am Freitag in Frankfurt bestätigten. Die kleinere Condor fühlt sich an die Wand gedrückt und wirft dem mit Steuermitteln geretteten Kranich-Konzern vor, einen unliebsamen Konkurrenten aus dem Markt drängen zu wollen.

Ohne das Abkommen wären nahtlose Gesamtreisen mit durchgechecktem Gepäck und nur einem Ticket für die Umsteiger unter den Condor-Gästen nicht mehr möglich, klagt die Condor. Sie könne eine Strecke wie beispielsweise Hamburg-Frankfurt-Jamaika nicht mehr zu gleichen Bedingungen anbieten, weil sie die notwendigen Zubringerflüge selbst nicht im Programm hat und sie auch nicht wie bislang zu pauschalen Bedingungen bei der Lufthansa dazu buchen könnte. Das könnte auch das für Condor sehr wichtige Veranstaltergeschäft mit Pauschalreisen beeinflussen.

Eine Condor-Sprecherin betonte, dass die aktuelle Vereinbarung zunächst bis Ende Mai uneingeschränkt weiter gelte. Für die Gäste seien damit die Zubringerflüge für die nächsten sechs Monate gesichert. Man prüfe derzeit Optionen für die Zeit danach. Der Ferienflieger hatte in der Vor-Corona-Zeit dem Vernehmen nach jährlich zwischen 60 und 65 Millionen Euro für die Teilstrecken an die Lufthansa überwiesen.

Die Condor sei auch ohne Abkommen künftig frei, einzelne Lufthansa-Tickets zu kaufen und in ihre Produkte zu integrieren, erklärte ein Lufthansa-Sprecher. Damit sei dann auch das Durchchecken des Gepäcks kein Problem. «Condor-Gäste sind uns selbstverständlich immer willkommen.»

Die Condor hatte erst in dieser Woche das Schutzschirmverfahren verlassen, das sie seit Herbst 2019 nach der Pleite der britischen Mutter Thomas Cook durchlaufen hatte. Ein neuer Investor war nicht gefunden worden, nachdem zu Beginn der Corona-Krise die bereits fest verabredete Übernahme durch die polnische Lot-Mutter PGL geplatzt war. Bereits damals hatte Lufthansa mit einer Kündigung der Zubringerdienste gedroht. Nach einer erneuten Umschuldung ist die Condor nun mit Hilfe eines langfristigen, 550 Millionen Euro schweren Kredits der staatlichen KfW-Bank unterwegs und damit nicht von einem größeren Konzern wirtschaftlich geschützt.

Ein Lufthansa-Sprecher begründete das Vorgehen damit, dass man gerade im Zeichen der Corona-Krise die eigenen Flugzeuge auslasten und damit Arbeitsplätze sichern müsse. Es gilt in der Branche als sicher, dass nach der Pandemie die touristische Nachfrage schneller wieder anziehen wird als die von Geschäftsreisenden. Schon vor Corona hatte der M-Dax-Konzern angekündigt, mehr touristische Ziele auch auf der Langstrecke anfliegen zu wollen. Erste Versuche mit der Tochter Eurowings sollen ausgebaut werden mit dem auch intern umstrittenen Projekt «Ocean», für das ein neuer Flugbetrieb mit vergleichsweise niedrigen Personalkosten gegründet worden ist.

Vor Corona hatten die beiden Gesellschaften in friedlicher Koexistenz agiert, war man doch lange miteinander verbunden gewesen. Schon bei Gründung der Ferienfluggesellschaft Condor im Jahr 1955 gehörte Lufthansa zu den Eignern und übernahm vier Jahre später die komplette Airline, die dank reiselustiger Wirtschaftswunder-Deutscher zwischenzeitlich zur weltgrößten Ferienfluggesellschaft avancierte. 1997 brachte Lufthansa die Tochter in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem späteren Thomas-Cook-Konzern ein, bei dem Condor schließlich komplett landete und bis zur Pleite 2019 flog.

Für den Condor-Chef und früheren Lufthanseaten Ralf Teckentrup sind jedenfalls die guten alten Zeiten endgültig vorbei. Unternehmenskreisen zufolge lässt er prüfen, welche wettbewerbsrechtlichen Schritte gegen die Lufthansa möglich sind. In den Augen der Condorianer missbraucht der Kranich-Konzern seine marktbeherrschende Stellung auf der Kurz-und Mittelstrecke, um ein weiteres Monopol auf der touristischen Fernstrecke aus Deutschland zu errichten. Hier war bis vor wenigen Jahren auch noch die zwischenzeitlich verblichene «Air Berlin» unterwegs.

Unterstützung erhält Condor vom zweitgrößten deutschen Veranstalter DER Touristik. «Den Nachteil aus dem Ende der LH-Zubringerflüge für die Condor-Langstrecke haben die Verbraucher», sagte DER-Chef Sören Hartmann auf Anfrage. Er betonte die Sonderstellung der Lufthansa im deutschen Flugverkehr, aus der sich eine besondere Verantwortung gegenüber den Reisenden ergebe. «Der Staat rettet mit seiner Hilfe aktuell Lufthansa. Diese Hilfe sollte nicht dazu verwendet werden, deutsche Wettbewerber aus dem Markt zu drängen und das Reisen komplizierter zu machen.»

Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Reisehunger der Deutschen ist nach den Pandemiejahren zurück: Dies zeigt sich in einer repräsentativen Umfrage, die das Bonusprogramm Payback im Vorfeld der ITB in Berlin unter Kundinnen und Kunden durchgeführt hat.

Internationale Auslandsreisen erzielten in 2023 mit zweistelligen Wachstumsraten im Vergleich zu 2022 erneut einen großen Schritt in Richtung Auslandsreisevolumen von 2019. Strand- und Städtereisen sind mit je einem Drittel Marktanteil die beiden Haupturlaubsarten. Auf Rang drei folgen Rundreisen.

Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) sieht den Incoming-Tourismus auf einem nachhaltigen Wachstumskurs. Deutschland hat gute Chancen, 2024 wieder an die Ergebnisse des Jahres 2019 anzuknüpfen. Dazu tragen auch touristisch attraktive Events, wie die UEFA Euro 2024, und Kultur-Highlights bei.

Manchmal kommt es auf jeden Zentimeter an: Für einen erholsamen Urlaub sollte jeder Gast im Hotelbett schon mehr Platz haben als 70 Zentimeter. Dieser Überzeugung ist zumindest das Amtsgericht Hannover, wie aus einem aktuellen Urteil hervorgeht.

Fälle von Brechdurchfall an Bord eines Kreuzfahrtschiffs lassen auf Mauritius die Alarmglocken klingeln - denn die Cholera breitet sich im südlichen Afrika aus. Nun müssen die Passagiere Geduld zeigen.

Ägypten will ein riesiges neues Tourismuszentrum an seiner Mittelmeerküste bauen. Bei dem Projekt in der Region Ras Al-Hikma, 350 Kilometer nordwestlich von Kairo, sollen mehr als 170 Millionen Quadratmeter an Hotel-, Wohn-, Freizeit- und Geschäftsflächen entstehen.

Reisen nach Hamburg sind weiter stark gefragt. 15,9 Mio. Übernachtungen zählten die Betriebe der Hamburger Tourismusbranche im Jahr 2023 – und damit so viele wie noch nie zuvor in einem Jahr. Im Vergleich zum Vorjahr ein Wachstum von 8,4 Prozent.

Wird derzeit in deutschen Unternehmen geschäftlich weniger gereist? Angesichts verschiedener internationaler Studienergebnisse hat der Verband Deutsches Reisemanagement ein aktuelles Stimmungsbild eingefangen.

Emirates Flight Catering hat Bustanica, die weltweit größte vertikale Indoor-Farm, vollständig übernommen. Die 30.000 Quadratmeter große Anlage verfügt über die Kapazität, mehr als eine Million Kilogramm Blattgemüse pro Jahr anzubauen.

Vom 5. bis 7. März bietet die ITB Berlin erneut eine Plattform für die Förderung von sozialer und ökologischer Gerechtigkeit im Tourismus. Das Segment Responsible Tourism, der ITB Berlin Kongress und wegweisende Awards stärken den Dialog für eine nachhaltigere Branche.