Der Deutsche Reiseverband (DRV) wirft der EU-Kommission Verzögerungen bei der Entscheidung über Gutscheine für stornierte Reisen in der Corona-Krise vor. «Die Lage der Unternehmen in der Reisewirtschaft ist mehr als nur bedrohlich – und in der EU wird keine Entscheidung gefällt», kritisierte DRV-Präsident Norbert Fiebig am Dienstag in Berlin. EU-Justizkommissar Didier Reynders verzögere die dringend notwendige Klarheit über die Gutschein-Regelung. Fiebig forderte von der Bundesregierung gegebenenfalls einen nationalen Alleingang.
Bei abgesagten Reisen sollen die Verbraucher nach dem Willen der Bundesregierung Gutscheine statt einer sofortigen Rückzahlung bekommen. Die Gutscheine sollen bis Ende 2021 befristet sein. Hat der Kunde seinen Gutschein bis dahin nicht eingelöst, muss der Veranstalter ihm den Wert erstatten. Bei Pauschalreisen gilt allerdings EU-Recht.
Fiebig zufolge haben zwölf EU-Mitgliedstaaten bereits nationale Regelungen beschlossen oder auf den Weg gebracht. «Wenn viele Länder ihre jeweiligen Reiseindustrien durch nationale Gesetze schützen und andere nicht, können wir in Europa nicht mehr von fairen und vergleichbaren Wettbewerbsbedingungen sprechen», warnte Fiebig.
Die Reisewirtschaft in Deutschland muss dem DRV zufolge allein von Mitte März bis Ende April Umsatzeinbußen in Höhe von 4,8 Milliarden Euro verkraften. 3,5 Milliarden Euro flössen aktuell kurzfristig für Kundenrückzahlungen aus den Unternehmen ab. «Das führt zu einer nicht mehr zu verkraftenden ökonomischen Schieflage», warnte Fiebig. «Wenn Brüssel weiter zaudert, muss die Bundesregierung das Heft des Handelns wieder ergreifen und sehr schnell auf nationaler Ebene Schritte zum Schutz der Reisewirtschaft umsetzen», forderte der DRV-Präsident. «Wenn Reiseveranstalter in großer Zahl in die Insolvenz rutschen, werden die Urlauber viel Geld verlieren», warnte Fiebig.
(dpa)