Touristen als Risiko - das Dilemma der ostfriesischen Inseln in der Corona-Krise

| Tourismus Tourismus

Urlauber dürfen die ostfriesischen Inseln nicht betreten, an der Küste und anderswo nicht beherbergt werden - der Tourismusverband Niedersachsen bringt eine schrittweise Lockerung während der Corona-Krise ins Gespräch und stößt in der Region auf Zustimmung. «Die wirtschaftliche Lage ist dramatisch und die Leute hier in Tourismusgebieten brauchen eine Perspektive und sagen zu recht, wo der Einzelhandel wieder auf hat, das können wir auch leisten», sagte der Vorsitzende Sven Ambrosy in Jever.

Der SPD-Politiker ist zugleich Landrat in Friesland und hatte vor gut einem Monat noch eindringlich an Touristen auf Wangerooge appelliert: «Jetzt ist Schluss mit lustig. Reisen Sie ab!» Ambrosy spricht nun von einem Dilemma: «Was nützt es mir, wenn wir in eineinhalb Jahren erfolgreich das Virus bekämpft haben, aber ich habe hier nichts mehr an Strukturen, auf die ich bauen kann?»

Deshalb schlägt er drei Stufen für Inseln ebenso wie Festland vor: In der ersten sollen Zweitwohnungsbesitzer wieder kommen dürfen, auch Dauercamper und Urlauber in Ferienwohnungen, die mindestens eine Woche bleiben. «Alles was wohnähnlich ist, wo wenig Wechsel ist, man den Personenkreis kennt und im Infektionsfall auch nachvollziehen kann», sagte Ambrosy. Danach sei auch an die Öffnung der Hotels mit Abstands- und Hygienevorschriften denkbar.

In Stufe zwei könnten - ebenfalls unter strengen Auflagen - Gastronomie-Betriebe wieder öffnen. Erst als letztes sollen Tagestouristen folgen. «Ob eine Stufe überhaupt in Kraft tritt, in welcher Dauer und Intensität, ist von der medizinisch verantwortbaren Lage abhängig», sagte Ambrosy. «Damit ist das nicht ein Widerspruch zu dem, was wir gemacht haben, sondern die stringente Weiterführung.»

Auf den Inseln war mit Verweis auf die eingeschränkte intensivmedizinische Versorgung die Anreise von Touristen und Zweitwohnungsbesitzern verboten worden. Bis 6. Mai gilt noch eine entsprechende Verordnung des Landes. Kliniken gibt es auf den meisten Inseln nicht und zu beatmende Covid-19-Patienten müssten aufs Festland geflogen werden.

«Es hat sich einiges getan in den letzten Wochen», sagte Spiekeroogs Bürgermeister Matthias Piszczan (CDU). Zum Beispiel stehe nun ein Infektionshubschrauber eigens für die Inseln bereit. Man sei nun besser auf die Akutversorgung vorbereitet. Auf den sieben Inseln gibt es nach Angaben der Landkreise derzeit keinen bestätigten Fall.

«Man darf und soll nicht denken, dass die Inseln virusfrei bleiben», erklärte die Bürgermeisterin von Langeoog, Heike Horn (parteilos). Die Bewohner verlassen sie für Arztbesuche oder Erledigungen, Arbeiter vom Festland dürfen sie betreten. Horn hält eine schrittweise Rückkehr zum Tourismus für den richtigen Weg. Auch bei Frank Ulrichs (parteilos), Bürgermeister von Norderney, trifft der Plan auf Zustimmung. Die Insel mit Schätzungen zufolge rund 25 000 Gästebetten lebe zu 100 Prozent von Touristen. Die Lockerungen müssten durch Kontaktverbote und Hygienevorschriften flankiert werden. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Regierung der Kanarischen Inseln hat eine neue Regelung für die Ferienvermietung eingeführt. Das Gesetz beinhaltet ein fünfjähriges Moratorium für die Genehmigung neuer touristischer Apartments und überträgt lokalen Gemeindeverwaltungen weitreichende Kontrollbefugnisse.

Die TUI Group hat ihre Erwartungen für das Geschäftsjahr 2025 übertroffen. Vorläufige Zahlen zeigen einen signifikanten Anstieg des bereinigten EBIT, getragen von den Segmenten Hotels & Resorts sowie Kreuzfahrten.

Berlin hat im laufenden Jahr bisher weniger Besucherinnen und Besucher angezogen als in den Vorjahren. Knapp 9,2 Millionen Gäste besuchten in den ersten neun Monaten 2025 die Hauptstadt.

​​​​​​​Tripadvisor hat seine Finanzergebnisse für das dritte Quartal 2025 bekannt gegeben und gleichzeitig eine tiefgreifende Umstrukturierung eingeleitet. Diese Neuausrichtung soll das Unternehmen als einen durch Erlebnisse geführten und KI-fähigen Konzern positionieren. Als Folge der strategischen Verschiebung wird ein Personalabbau vorgenommen.

Die Europäische Union hat einen entscheidenden Schritt zur Harmonisierung der Emissionsberechnung im Transportwesen vollzogen. Nach langjährigem Prozess wurde eine politische Einigung erzielt. Diese schafft einen gemeinsamen Rahmen und legt eine einheitliche Methode zur Berechnung von Treibhausgasemissionen im Güter- und Personenverkehr fest.

Mehrere Millionen Menschen reisen jedes Jahr in ein kleines südbadisches Dorf, um den Europa-Park zu besuchen. Eine Schweizer Familie knackt eine besondere Marke - und bekommt Geschenke.

Sommer, Sonne, volle Strände – so stellen sich viele den Urlaub in Schleswig-Holstein vor. Doch auch im Winter zieht Deutschlands nördlichstes Bundesland zahlreiche Besucher an. Besonders der Dezember gilt als kleine Hochsaison.

Walfleisch und unversteuerte Zigaretten finden Beamte in Kiel und Hamburg immer wieder im Reisegepäck: Besonders während der Kreuzfahrt-Saison sind die Beamten von Zoll und Bundespolizei gefordert.

Die niedersächsische Tourismusbranche steht durch den Klimawandel vor großen Herausforderungen. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass fast 80 Prozent der Betriebe bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen vor allem an den Kosten scheitern.

Thüringens Tourismusbranche hat im vergangenen Jahr mehr Umsatz erwirtschaftet. Tagesausflüge sorgen für fast die Hälfte. Wie viel geben Besucher im Schnitt aus – und wer profitiert am meisten?