Wettlauf der Mittelmeerinseln - Label «coronafrei» als Lockmittel

| Tourismus Tourismus

Eine coronafreie Mittelmeerinsel für unbeschwerte Urlaubstage im Sommer: Mit diesem Angebot wollen Hotels, Restaurants und Politiker aus vielen südeuropäischen Ländern endlich wieder Touristen an ihre Strände und Hotelbars locken. Der Wettkampf der Inseln ist voll entbrannt. Vieles dreht sich um die Frage, wer seine Bewohner am schnellsten geimpft bekommt. Haben griechische Ziele wie Samos und Naxos die Nase vorn, wie manche in Italien und Spanien befürchten? Wo liegt Mallorca in diesem Wettlauf?

Griechenland will seine Sommersaison generell am 15. Mai starten. Der italienische Tourismusminister Massimo Garavaglia nannte den 2. Juni als Zielmarke für den Stiefel. In Spanien gibt es keinen offiziellen Termin fürs ganze Land, aber Mallorca bejubelte schon zu Ostern Urlauberjets - auch wenn die Insel nicht ganz coronafrei war.

ITALIEN 

«Wir würden uns aus vollem Herzen freuen, wenn endlich wieder Urlauber aus Deutschland zu uns kämen», sagt Capris Bürgermeister Marino Lembo. «Derzeit ist alles leer. Keiner ist da, nicht mal italienische Urlauber.» Das Felsen-Eiland im Golf von Neapel mit 14 000 Einwohnern in zwei Orten hat jüngst mit anderen italienischen Inseln Aufsehen erregt. Capri kündigte an, man könne rasch alle Bewohner durchimpfen - und damit vorbeirauschen an der von Rom vorgegebenen Impf-Priorität für hohe Altersgruppen.

Die Regionalpräsidenten der zwei großen Inseln Sardinien und Sizilien - mit zusammen 6,6 Millionen Menschen - klopften direkt bei Premier Mario Draghi an. Christian Solinas und Nello Musumeci forderten einen Impfschnelldurchgang ihrer Inseln. Sie schwärmten vom Vorteil guter Kontrolle in Häfen und Flughäfen und regten «Vorzugskorridore» in Herkunftsländer der Urlauber an.

Doch der Gegenwind in dem 60-Millionen-Einwohner-Land war gewaltig. Andere Urlaubsgebiete wie etwa die Amalfiküste oder Bergregionen bekamen Angst, ins Hintertreffen zu geraten. Kritiker wiesen darauf hin, dass Sardinien erst kürzlich aus der Top-Position mit den national niedrigsten Corona-Zahlen abgestürzt war. Das Eiland der Nobelorte für die Reichen wurde zur Roten Zone. Der allgemein genannte Grund: Viele Bewohner hätten im Übermut die Schutzregeln wie Masken und Abstand missachtet.

Außerdem gehören Sardinien und Sizilien zu den Schlusslichtern bei den Impfquoten. Manche Insulaner wollen die Spritzen gar nicht.

Rom hatte die Pläne klar zurückgewiesen. «Der Corona-Sonderkommissar hat das Thema Tourismus im Blick, er sieht die Bedeutung. Aber im Moment gibt es solche Ausnahmen nicht», bestätigt ein Sprecher von Kommissar Paolo Figliuolo. Italien rechne im zweiten Quartal mit über 50 Millionen Impfdosen. Ein Großteil dürfte «ab Mai» eintreffen. Erst danach könnten sich die Altersprioritäten ändern. Bürgermeister Lembo beteuert, er beachte die Vorgaben. Auf Capri könne man trotzdem früher bei jüngeren Altersgruppen ankommen. «Allerdings sind dann die Mitarbeiter, die vom Festland kommen, noch nicht so weit durch.»

GRIECHENLAND

Die griechische Regierung kämpft schon lange darum, die diesjährige Urlaubssaison nicht völlig abschreiben zu müssen. So war Premier Kyriakos Mitsotakis unter den Ersten, die einen einheitlichen EU-Impfpass forderten. Auch wenn die Saison in Hellas offiziell erst Mitte Mai starten soll, landeten bereits Ende März die ersten Flieger mit deutschen Touristen auf der Urlaubsinseln Kreta.

Athen hat eine Impfkampagne speziell für rund 70 kleinere Inseln veranlasst - sämtliche Bewohner etwa von Samos, Naxos, Rhodos, Skopelos, Kos und Korfu haben ein Impfangebot erhalten. Die Eilande sollen bis Mitte Mai quasi coronafrei sein. Viele, wenn auch nicht alle Einwohner lassen sich spritzen - nicht zuletzt, weil sie vom Tourismus leben. Kreta mit rund 630 000 Einwohnern gehört nicht dazu.

Die Abhängigkeit vom Reisegeschäft ist auch einer der Gründe, warum es in Griechenland keine Neid-Debatte über ausländische Urlauber gibt. Und das, obwohl den Griechen selbst das Reisen im eigenen Land derzeit wegen Corona noch verboten ist. Bei der Einreise ist dagegen für Besucher aus dem Ausland seit Montag die einwöchige Quarantäne weggefallen, in die sie sich bisher begeben mussten. Voraussetzung: ein negativer PCR-Test oder eine voll abgeschlossene Impfung.

SPANIEN

Auf Mallorca geht trotz der Osterurlauber die Angst um: Hoteliers, Gastronomen und Händler befürchten, dass die liebste Insel der Deutschen im Wettstreit gegen Kreta, die Türkei, Kroatien und andere den Kürzeren ziehen könnte. Der Grund: Die linken Regierungen in Palma und in Madrid mögen bisher weder bei der Impfstrategie noch bei ihren Lockerungsplänen die Nöte der Tourismusbranche ins Zentrum stellen.

«Wir werden im Stich gelassen. Wenn es im Sommer wieder viele Probleme und wenige Touristen gibt, dann gute Nacht», sagt Joan. Der Betreiber eines Souvenirladens an der Playa de Palma denkt mit Grausen an die Krise im vorigen Jahr. Der Ballermann ist - wie ganz Mallorca - seit Monaten wegen eines nächtlichen Ausgangsverbots und einer Sperrstunde ab 17 Uhr trockengelegt. Und das soll vorerst so bleiben. «Wir werden bei den Lockerungen sehr langsam vorgehen», bekräftigt Regionalpräsidentin Francina Armengol.

Die Unternehmer der Balearen fordern, dass nach der Impfung der Risikogruppen bei der Reihenfolge wirtschaftliche Faktoren berücksichtigt werden. Mitarbeiter der Tourismusbranche sollen unabhängig vom Alter vorrangig zum Zuge kommen. Sie argumentieren, dass Konkurrenzziele etwa in Italien, Griechenland, Kroatien und der Türkei besser unterstützt würden beim Impfen.

Der Forderung nach geänderten Impfplänen lehnte die Staatssekretärin für Gesundheit der Zentralregierung, Silvia Calzón, bei einem Klinik-Besuch auf Mallorca allerdings ab. Sie sprach von «strikten ethischen Prinzipien». Die Vizechefin des Hotelierverbandes FEHM, María José Aguiló, dagegen sagte: «Das ist nur eine Ausrede.» Sie stellte klar: «Niemand fordert ein unmoralisches Vorgehen, bei dem gefährdete Menschen übergangen werden.» Man wolle nur, dass auch diejenigen schnell geimpft werden, die im Job einer Vielzahl von Kundenkontakten ausgesetzt seien.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Vilnius, die Hauptstadt Litauens, befreit sich mit seiner neuen Werbekampagne für den Tourismus von gängigen osteuropäischen Klischees. Indem sie die niedrigen Erwartungen mit der Realität kontrastiert, macht sich die Stadt über die negativen Vorurteile ausländischer Besucher lustig.

Auf der Urlaubsinsel mussten vergangenen Juli viele Touristen vor Waldbränden in Sicherheit gebracht werden - und vorzeitig abreisen. Die griechische Regierung macht Betroffenen nun ein Angebot.

Die „Big 5“ der globalen Hotelketten – Accor, Hilton, IHG, Marriott International und Radisson Hotel Group – spielen im Jahr 2024 eine maßgebliche Rolle in der Entwicklung der Hotelinfrastruktur auf dem afrikanischen Kontinent. Die Hotelgruppen und 42 weitere haben in 41 afrikanischen Ländern Verträge zum Bau von Hotels oder Resorts abgeschlossen.

Four Seasons setzt den Kurs in Richtung Luxus auf See. Während die Premierensaison von Four Seasons Yachts näher rückt, werden die ersten zehn Routen sowie die Suiten vorgestellt.

Ob Silvester, Theater oder Yoga: Auf dem Times Square ist immer Programm. Vor 120 Jahren bekam die Kreuzung in Manhattan ihren Namen, inzwischen ist sie weltberühmt - aber bei New Yorkern unbeliebt.

Während der Corona-Pandemie waren kaum Kreuzfahrtschiffe auf den Meeren unterwegs. Nun ist die Branche wieder auf Wachstumskurs - und muss Wege finden, nachhaltiger zu werden.

Mecklenburg-Vorpommern ist im Ausland nicht als Top-Destination bekannt. Die Zahl der internationalen Urlaubsgäste ist überschaubar. Es gibt Ideen, wie sich das ändern könnte.

Von Rövershagen nach Kalifornien - der Erdbeeranbauer und Freizeitpark-Betreiber Karls plant den Sprung über den Atlantik und will in den USA ein Erlebnis-Dorf bauen. An einem besonderen Erdbeer-Ort.

Der am südlichsten gelegene Leuchtturm in Deutschland soll wieder zu einem Publikumsmagneten werden. Etwas mehr als ein Jahr lang war er geschlossen, weil Baumaßnahmen für den Brandschutz und den Arbeitsschutz notwendig waren.

American Express Global Business Travel wird seinen  großen Rivalen CWT für 570 Millionen Dollar übernehmen, nachdem die Vorstände beider Unternehmen der Transaktion zugestimmt haben. Durch die Übernahme schließen sich zwei der weltweit größten Unternehmen im Bereich Travel Management zusammen.