Arbeitszeit-Streit im Gastgewerbe: NGG warnt, DEHOGA kontert

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Die geplante Reform des Arbeitszeitgesetzes durch die Bundesregierung, welche die tägliche Höchstarbeitszeit durch ein wöchentliches Limit ersetzen soll, hat eine intensive Debatte im Gastgewerbe ausgelöst. Während die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) vor einer Überlastung der Beschäftigten warnt, argumentieren die Branchenverbände des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) für mehr Flexibilität und eine zeitgemäße Anpassung.

NGG warnt vor "Arbeitszeit-Stretching"

Die NGG kritisiert die Pläne der Regierung scharf. Freddy Adjan, stellvertretender Vorsitzender der NGG, warnt, dass eine Aufhebung des 8-Stunden-Tages die wöchentliche Höchstarbeitszeit auf bis zu 73,5 Stunden ansteigen lassen könnte, da nur noch die EU-Arbeitszeitrichtlinie als Grenze gelten würde. Dies würde das Unfallrisiko erhöhen und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie massiv erschweren.

Als Beleg führt die Gewerkschaft eine Studie des Pestel-Instituts an, wonach Beschäftigte im Gastgewerbe allein im letzten Jahr 21,6 Millionen Überstunden geleistet hätten, davon 53 Prozent unbezahlt. Adjan fordert stattdessen bessere Arbeitsbedingungen, mehr Ausbildung und Qualifizierung, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

DEHOGA widerspricht: Es geht um Flexibilität, nicht um Mehrarbeit

Der DEHOGA hält die von der NGG verbreiteten Zahlen für fragwürdig und irreführend. Die Verbände aus Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen betonen, dass es bei der Reform nicht um Mehrarbeit, sondern um eine flexiblere Verteilung der Arbeitszeit geht – im Sinne der Mitarbeiter, der Betriebe und der Gäste.

Der DEHOGA verweist auf aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes, nach denen nur sechs Prozent der Beschäftigten im Gastgewerbe Überstunden leisten – der niedrigste Wert aller Branchen. Im Gegensatz zu den NGG-Zahlen, die laut DEHOGA Sachsen eine durchschnittliche Überstundenzahl von 9,8 Stunden pro Jahr im Gastgewerbe nennen, verzeichnet die Gesamtwirtschaft demnach 30,7 Stunden.

Ein weiterer Punkt der DEHOGA-Argumentation ist der Ausgleich von Überstunden. Dr. Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des DEHOGA Bayern, stellt klar, dass Überstunden im Gastgewerbe oft durch Freizeitausgleich und nicht durch Bezahlung abgegolten werden. Diese Praxis werde von vielen, insbesondere jüngeren Mitarbeitern, bevorzugt. Der Verband sieht die starre tägliche Arbeitszeitgrenze als nicht mehr zeitgemäß an und fordert eine Anpassung an die Realität, in der saisonale Schwankungen und große Veranstaltungen eine flexiblere Planung erfordern.

Die Arbeitgeberverbände sprechen sich für eine moderne Lösung aus und erinnern daran, dass ein gutes Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern in der Branche oft von gegenseitigem Verständnis geprägt ist. Sie betonen ihr Interesse an zufriedenen Mitarbeitern, die ein Schlüsselfaktor für den Erfolg des Gastgewerbes seien.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die wirtschaftliche Lage im deutschen Gastgewerbe verschärfte sich zum Ende des Sommers 2025 signifikant. Sowohl das Statistische Bundesamt für den August als auch die DATEV für den September dokumentierten einen klaren Abwärtstrend, der sich nicht nur im Umsatz, sondern auch in der Beschäftigung niederschlägt.

Der DEHOGA hat ein Merkblatt veröffentlicht, das Gastronomiebetrieben Hilfestellung bei der Angebotserstellung für das Jahr 2026 bietet. Hintergrund ist die geplante Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen ab dem 1. Januar 2026. Endgültige rechtliche Klarheit wird erst Ende November/Mitte Dezember 2025 erwartet.

Eine Reihe großer Bierhersteller hebt die Preise an. Sechs der zehn meistgetrunkenen Biermarken in Deutschland sind nach einer Analyse des Getränkemarktfachmagazins «Inside» aktuell oder in den kommenden Monaten von Preiserhöhungen der Großbrauereien betroffen. Aktuell werden auch alkoholfreie Getränke teurer.

Künstliche Intelligenz hält zunehmend Einzug in Hotellerie und Gastronomie. Laut einem Blog-Post der DEHOGA Beratung kann der gezielte Einsatz von KI Arbeitsabläufe effizienter gestalten, die Teams entlasten und die Gästezufriedenheit steigern. Die Technologie bringe jedoch auch Herausforderungen mit sich.

Das Hotel- und Gastgewerbe setzt zur Nachwuchssicherung verstärkt auf internationale Auszubildende. Eine aktuelle Untersuchung des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung zeigt, dass Auszubildende mit ausländischem Pass maßgeblich dazu beitragen, den Fachkräftemangel in der Branche zu mildern.

Atemwegserkrankungen setzen Beschäftigte besonders oft außer Gefecht, psychische Belastungen besonders lange. Doch sind Arbeitnehmer heute kränker als früher? Machen sie öfter blau? Oder gibt es andere Gründe?

Verträge auf Zeit können den beruflichen (Wieder-)Einstieg erleichtern, aber auch zur Belastungsprobe werden. Zwei Rechtsexpertinnen erklären, was bei Befristungen wichtig ist.

Der italienische Prosecco hat in den USA einen historischen Markterfolg erzielt. Neue Daten des Uiv–Vinitaly Observatory bestätigen: Der Schaumwein übertrifft Champagner in den amerikanischen Einzelhandelsumsätzen und wächst viermal schneller als der gesamte italienische Weinmarkt.

Ein gutes Arbeitszeugnis kann die Eintrittskarte für einen neuen Job sein. Auch wenn keine Note darunter steht, verraten die Formulierungen doch einiges. Wie so ein Zeugnis zu lesen ist.

Thüringen meldet einen leichten Rückgang bei Übernachtungen und liegt damit im bundesweiten Trend. Doch einige Regionen und Unterkünfte legen weiter zu.