Arbeitszeitbetrug: Wann eine Verdachtskündigung möglich ist

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Nicht immer ist ein Beweis notwendig: Auch der dringende Verdacht einer Manipulation an der Arbeitszeiterfassung kann eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen. Das geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern hervor (Az.: 5 Sa 128/22), über das der Bund-Verlag berichtet.

Im konkreten Fall arbeitete der Beschäftigte einer Behörde in der Regel in seiner Dienststelle. Für mobiles Arbeiten benötigte er die Zustimmung seiner Führungskraft.

Nachdem dieser aufgefallen war, dass der Beschäftigte trotz Vollbeschäftigung häufig später zur Arbeit erschien, als sie, und den Arbeitsplatz früher verließ, prüfte sie seine Zeiterfassung. Dabei waren Abweichungen zwischen den teilweise über eine Online-Zeiterfassung registrierten und den von der Teamleiterin beobachteten Arbeitszeiten in der Dienststelle festzustellen - und zwar an Tagen, an denen der Beschäftigte mangels Absprache mit der Teamleiterin nicht mobil arbeiten konnte.

Der Arbeitgeber kündigte dem Beschäftigten daraufhin mit Zustimmung des Personalrats - und begründete dies mit dem Verdacht eines Arbeitszeitbetrug. Der Beschäftigte bestritt diesen. Seine Klage auf Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses blieb allerdings auch in zweiter Instanz ohne Erfolg (Vorinstanz Arbeitsgerichts Stralsund, Az.: 11 Ca 64/22).

Hat sich ein Arbeitnehmer aller Wahrscheinlichkeit nach von zu Hause aus im Zeiterfassungssystem eingebucht, die Arbeit aber erst später im Dienstgebäude aufgenommen, könne der dringende Verdacht einer fehlerhaften Arbeitszeiterfassung eine Kündigung rechtfertigen, so das LAG Mecklenburg-Vorpommern. Einen Beweis für den Arbeitszeitbetrugs brauche es letztlich nicht.

Bloße Vermutungen genügen nicht

Allerdings gilt auch: Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dem Gericht zufolge für eine Kündigung nicht aus. Der Verdacht müsse auf konkreten, vom Kündigenden darzulegenden und gegebenenfalls zu beweisenden Tatsachen beruhen. Dies sah das LAG in dem konkreten Fall gegeben.

Verstößt ein Arbeitnehmer vorsätzlich gegen seine Verpflichtung, die vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, könne das zudem an sich ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung sein. Entscheidend dabei: der mit der Pflichtverletzung verbundene schwere Vertrauensbruch. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Wohl (fast) jeder kennt diese Situation: Man zieht seine Lieblings-Jeans an und stellt mit Erschrecken fest, dass der Knopf kaum noch zugeht. Was jetzt? Wieder eine Diät durchziehen? Und dann mit dem Jo-Jo-Effekt kämpfen?

Beschäftigte in Deutschland sind einer neuen Umfrage zufolge zunehmend bereit, den Job zu wechseln. So stimmten nur rund 53 Prozent der Befragten der Aussage vollständig zu, sie beabsichtigten, in einem Jahr noch bei derselben Firma beschäftigt zu sein. 2018 lag dieser Anteil bei rund 78 Prozent.

Die Menschen in Deutschland wollen mehr pflanzliche Alternativen zu tierischen Produkten konsumieren und setzen beim Thema kultiviertes Fleisch auf Wahlfreiheit. Das zeigt eine neue Umfrage in Deutschland.

Kann man das wirklich so schreiben? Ist es zu förmlich, zu locker, womöglich gar unverständlich? Geschäftliche Kommunikation geht nicht jedem leicht von der Hand.  Mit diesen Tipps formulieren Sie präzise.

Abschalten und die Arbeitswelt hinter sich lassen: Das steht allen Beschäftigten zu. Aber was, wenn sie dennoch ständig in ihrer Freizeit kontaktiert werden?

Die Aufgaben sind interessant, die Mitarbeiter sympathisch, der Chef fair - eigentlich passt alles im aktuellen Job. Nur das Gehalt könnte höher sein. Sind Scheinbewerbungen da ein cleverer Schachzug?

Viele Beschäftigte freuen sich nach der Arbeit auf den Feierabend, aufs Wochenende oder auf den Urlaub. Doch immer wieder kommt es vor, dass sie dabei vom Joballtag eingeholt werden, weil Anrufe oder Mails aus der Firma kommen. Was gilt da eigentlich rechtlich?

In dieser Woche streiken GDL und Ver.di. Davon ist nicht nur der Fernverkehr betroffen. Auch die S-Bahn in Berlin wird von dem Betroffen sein. Die Messe informiert, wie Gäste trotzdem auf die ITB kommen.

Läuft ein befristeter Vertrag aus, ist es für Beschäftigte wichtig, möglichst bald im Anschluss eine neue Anstellung zu finden. Aber wann haben sie eigentlich Zeit für Bewerbungsgespräche?

Wie wichtig das Thema ZUHÖREN beim Führen von Mitarbeiter, in Meetings, aber auch im Umgang mit Gästen, Kunden und Lieferanten ist, zeigt sich besonders deutlich bei Führungskräften und im Vertrieb. Doch es scheint, als fehle oft das aufrichtige Interesse am Gegenüber. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.