Arbeitszeiterfassung: «Objektives, verlässliches und zugängliches System» wird Pflicht

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt sein wegweisendes Urteil zur Arbeitszeiterfassung begründet. Nun ist klar: Alle Arbeitgeber müssen künftig die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten erfassen. Verbände warnen aber vor realitätsfernen Vorgaben im Arbeitsalltag

Arbeitgeber warnen vor zusätzlicher Bürokratie und unflexiblen Strukturen in den Unternehmen durch die künftige Pflicht zur Arbeitszeiterfassung. «Zu einer guten Arbeit gehört auch eine flexible Arbeitszeit», sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter, am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

Er reagierte damit auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts, das dieses am Wochenende begründet hatte. «Niemand will einen Zwang zur Dauerkontrolle, Betriebe und Beschäftigte dürfen jetzt nicht durch zusätzliche bürokratische Regelungen überfordert werden», betonte Kampeter. Vertrauensarbeitszeit müsse weiter möglich bleiben.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte am Wochenende die Begründung seines wegweisenden Urteils zur Arbeitszeiterfassung vom September vorgelegt. Aus ihr wird klar, dass Arbeitgeber künftig ein «objektives, verlässliches und zugängliches System» einführen müssen, «mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann», wie es in der Begründung heißt. Das Gericht bezieht sich dabei auf ein Urteil zur Arbeitszeiterfassung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus dem Jahr 2019.

Das künftige System darf sich laut BAG nicht darauf beschränken, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit - inklusive Überstunden - lediglich zu erheben. «Diese Daten müssen vielmehr auch erfasst und damit aufgezeichnet werden», heißt es. Ob die Erfassung der Arbeitszeit künftig per Stechkarte, in digitaler oder analoger Form zu erfolgen hat, legt das Gericht aber nicht fest.

Das Urteil lasse den Unternehmen zur genauen Form der Aufzeichnung gewisse Spielräume, betonte Kampeter. Betriebsräte dürfen die Aufzeichnung seiner Ansicht nach nicht erzwingen. Es sei wichtig, dass Bundesregierung und Bundestag das Urteil nun «rechtssicher und praktikabel» umsetzten, erklärte er. Das Arbeitsministerium hatte bereits angekündigt, dass es im kommenden Jahr eine gesetzliche Regelung auf den Weg bringen will.

Auch der Digitalverband Bitkom warnte am Montag vor realitätsfernen Vorgaben. Deutschland brauche Freiräume für eine selbstbestimmte und flexible Einteilung der Arbeit, erklärte Bitkom-Präsident Achim Berg. Dazu gehöre auch, zwischendurch etwa ein privates Telefonat zu führen. «Sich für solche Aktivitäten jeweils einige Minuten aus einer Arbeitszeiterfassung auszubuchen, hilft niemandem und nervt alle.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Deutschland ist nach einer internationalen Umfrage für ausländische Arbeitnehmer nach wie vor attraktiv. In der am Mittwoch veröffentlichten Befragung von 150 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus 188 Ländern liegt Deutschland in der Rangliste der beliebtesten Arbeitsstandorte auf Platz fünf.

Aufgemacht - und schnell wieder abgelegt: Behandeln Sie Ihre Entgeltabrechnung auch eher stiefmütterlich? Wo und warum sich ein genauer Blick oft lohnt.

Rechtzeitig zum Start in die Sommersaison gibt es eine Tarifeinigung im schleswig-holsteinischen Gastgewerbe. Beide Seiten haben jetzt mehr als zwei Jahre Planungssicherheit.

Das Jahr 2024 bietet zahlreiche sportliche Höhepunkte, viele Superstars gehen auf Tournee und Events sorgen für Furore. Auch bei Verbrauchern stehen solche Ereignisse hoch im Kurs. Wie eine Studie von Mastercard zeigt, planen 82 Prozent der Befragten in diesem Jahr genauso viel oder sogar mehr für Erlebnisse auszugeben als 2023.

Für die Wirtschaft sind die Zeiten nicht gerade die besten. Umso mehr sind Führungskräfte gefragt, die die richtigen Entscheidungen treffen. Man sollte meinen, dass sich Manager intensiv mit dem Thema Entscheidungsfindung auseinandersetzen. Doch Fehlanzeige. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.

Das Gastgewerbe verzeichnete im Februar 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat einen Umsatzrückgang von real 1,1 Prozent und nominal ein Plus von 1,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilt. Gegenüber dem Februar 2019, dem Vergleichsmonat vor der Corona-Pandemie, lag der Umsatz real 14,0 Prozent niedriger.

Schwächstes Wachstum der G7-Staaten: Für Deutschland hat der IWF in seiner neuen Prognose keine guten Nachrichten. Die Weltwirtschaft schlägt sich trotz düsterer Befürchtungen allerdings recht wacker.

In unserer Folge des Hospitality Jobcast geht es um ein essentielles Führungsthema: Das Mitarbeitergespräch. Bei einigen löst allein der Gedanke an den Termin mit dem Vorgesetzten bereits Unbehagen aus. Wie eine neue Gesprächskultur geschaffen werden kann, berichtet Christian Henzler von Gründer von ⁠newworx.

Im Gastgewerbe sind Praktika schon lange einer der wichtigsten Wege, um junge Leute für eine Ausbildung zu gewinnen. Auch branchenübergreifend finden 61 Prozent der Unternehmen ihre Auszubildende über Praktika. Eine neue Webseite bündelt jetzt alle Informationen.

Der Frust muss raus! Auf Bewertungsplattformen können Arbeitnehmer Arbeitgeber bewerten. Aber wie sieht es rechtlich aus? Ist es unbedenklich, solche Bewertungen im Netz zu verfassen? Und bleibt die Anonymität immer gewahrt?