Corona lässt Konsumausgaben sinken

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Die Verbraucher in Deutschland haben im Coronajahr 2020 deutlich weniger für Einkäufe und Freizeitaktivitäten ausgegeben als im Jahr vor der Krise. Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft waren es im Durchschnitt pro Kopf mindestens 1250 Euro weniger. Das seien in der Summe mindestens 104 Milliarden Euro, wie das arbeitgebernahe Forschungsinstitut am Dienstag berichtete.

Besonders dramatisch sei in der Corona-Krise der Umsatzeinbruch im Dienstleistungsbereich ausgefallen. Monatelang geschlossene Kneipen und Restaurants, Beherbergungsverbote und andere Einschränkungen hätten die Umsatzverluste auf 78 Milliarden Euro anschwellen lassen. Mehr als 2 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts habe der «erzwungene Konsumverlust» im vergangenen Jahr gekostet, rechnet das IW vor.

Und große Besserung scheint angesichts der dritten Corona-Welle und weiteren Einschränkungen für die Geschäfte und Freizeitangebote durch der so genannten Bundes-Notbremse nicht in Sicht. Für das erste Quartal 2021 beziffern die IW-Forscher den Konsumausfall bereits auf weitere 40 bis über 60 Milliarden Euro.

Geld, um Einkäufe, Anschaffungen und Reisen nachzuholen, haben viele Verbraucher. Die Haushalte hätten in der Krise deutlich mehr von ihrem verfügbaren Einkommen gespart als früher. Im vergangenen Jahr legten sie laut IW 111 Milliarden Euro mehr auf die hohe Kante als 2019. Es habe sich «ein immenses zukünftiges Konsumpotenzial aufgebaut». Es stelle sich jetzt die Frage, «wann und in welchem Umfang sich dieser aufgestaute Konsum entladen wird».

Marktforscher sind unsicher, ob und inwieweit die Corona-Pandemie das Konsumverhalten langfristig verändert. «Es wird natürlich Nachhol- und Kompensationseffekte in vielen Konsumbereichen geben», sagt der Psychologe und Bestsellerautor Stephan Grünewald («Wie tickt Deutschland») vom Kölner Markt- und Medienforschungsinstitut Rheingold. Im ersten Lockdown hätten aber viele Menschen «ihre Schränke aufgeräumt und festgestellt, dass sie viele Dinge angeschafft haben, die sie nicht wirklich brauchen».

Der Großteil der Menschen leide sehr unter der Krise, sagt Grünewald. Aber ein Viertel bis zu einem knappen Drittel der Bevölkerung habe sich, «wie in einer Art Vorruhestand, sehr gut in dem Lockdown eingerichtet. Diese Menschen werden vermutlich an ihrem entschleunigten Leben mit einem reduzierten Konsum festhalten.» Deshalb könne es sein, dass die alten Konsumgewohnheiten «vor allem in den nach außen gerichteten, dekorativen Bereichen wie Mode und Kosmetik nicht zurückkommen».

Beim Nürnberger Konsumforschungsunternehmen GfK wird nicht mit einem grundlegenden Wandel des Konsumverhaltens gerechnet. «Ich erwarte nicht, dass es einen generellen Konsumverzicht geben wird», sagt GfK-Experte Rolf Bürkl. Ob das Konsumniveau aber wieder auf Vor-Krisen-Höhen steigen wird, bleibe abzuwarten. «Sicherlich hat der eine oder andere in der Pandemie festgestellt: Diese Anschaffung brauche ich eigentlich nicht.» Möglicherweise werde diese Einstellung in die Zeit nach der Krise mitgenommen.

«Die Erholung der Konsumkonjunktur wird sich verzögern», sagt GfK-Experte Bürkl. Ein Einschätzung, die er mit dem IW-Konjunkturexperten Michael Grömling teilt. Anzeichen für eine «schnelle Auflösung des Konsumstaus» gebe es nicht. Die «schlechte Kauflaune» halte an. Und das bleibt vielleicht auch länger so. Denn «Genügsamkeit könnte ein langanhaltender Effekt der Pandemie sein», betont die an der IW-Studie beteiligte Forscherin Ilaria Maselli. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Beschäftigten in Deutschland haben 2023 rund 1,3 Milliarden Überstunden gemacht. 775 Millionen dieser Stunden waren unbezahlt, wie aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums hervorgeht.

Mehr als 73 000 Azubi-Stellen konnten 2023 nicht besetzt werden. Auf der anderen Seite gingen tausende Interessenten leer aus. Im Lebensmittelhandwerk und im Hotel- und Gaststättengewerbe haben es Unternehmen besonders schwer.

Mit knapp 28,2 Mio. Übernachtungen verbuchte das Reiseland Deutschland den zweitstärksten Februar. Der gesamte Winter war mit 114 Millionen Übernachtungen der Winter mit der drittstärksten Nachfrage aller Zeiten im Deutschland-Tourismus.

Aus Rüben, Kokos-Blüten oder Rohr: Zucker kann aus verschiedenen Pflanzen gewonnen werden. Doch wie unterscheiden sich die verschiedenen Arten? Und ist brauner Zucker wirklich gesünder?

Ob Badeurlaub am Strand, Wanderurlaub in den Bergen oder ein Städtetrip – ohne Geld kommen Urlauber in der Regel nicht weit. Doch das Abheben am Geldautomaten kann die Urlaubslaune verderben, denn je nach Reiseziel fallen bis zu 24 Prozent Gebühren an.

Die Corona-Überbrückungshilfen haben in Bayern vor allem viele kleine Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten erreicht. Das meiste Geld bekamen Unternehmen aus dem Gastro- und Hotelgewerbe.

Drinks nach Feierabend und witzige Memes in der Chatgruppe: Freundschaften auf der Arbeit sind für viele etwas Gutes. Trotzdem kann die Work-Life-Balance darunter leiden. Wie Sie Grenzen setzen.

Die Siegerinnen und Sieger der Bayerischen Jugendmeisterschaften 2024 in den gastgewerblichen Ausbildungsberufen stehen fest. Den ersten Platz in der Mannschaftswertung holte sich die Städtische Berufsschule für Hotel-, Gaststätten- und Braugewerbe München.

Beim Blick in den Kalender traut man seinen Augen kaum: Plötzlich steht da Urlaub, obwohl man gar keinen beantragt hat. Was Vorgesetzte in Sachen Urlaub vorgeben dürfen und was nicht.

In Deutschland sind Arbeitszeugnisse für Bewerberinnen und Bewerber eine wichtige Referenz. Da wäre es schön, wenn das Dokument auch ordentlich aussieht. Was dürfen Beschäftigte erwarten?