Erstmals seit 15 Jahren sinkt Zahl der Arbeitslosen im Juli

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Normalerweise bringt der Juli höhere Arbeitslosenzahlen: Die beginnende Urlaubszeit, die Schulabsolventen, die auf einen Ausbildungsplatz warten und weitere Faktoren lassen die Arbeitslosigkeit steigen. In der Corona-Pandemie ist alles anders: Erstmals seit 15 Jahren sank im Juli 2021 die Zahl der Arbeitslosen gegenüber Juni - die Bundesagentur für Arbeit zählte 24 000 Männer und Frauen weniger als im Juni und 320 000 weniger als im Juli 2020. Die Arbeitslosenquote sank auf 5,6 Prozent.

Grund für die ungewöhnliche Entwicklung im Sommer ist ein Aufholprozess, der schon Monate vorher begonnen hat. Vor allem in der Gastronomie, im Handel und vielen Dienstleistungsbetrieben können die Menschen dank gesunkener Corona-Infektionszahlen wieder ihrer Arbeit nachgehen. Dieser Effekt überdecke die sonst vorherrschenden saisonalen Muster sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur, Detlef Scheele.

Doch auch er weiß, wie fragil die Wirtschaft sein kann, wenn die Corona-Zahlen wieder steigen sollten. Die Situation im Herbst werde sicher anders sein als im Vorjahr, es könne aber durchaus noch einmal zu Einschränkungen kommen. Deshalb ruft er alle, die noch keine Corona-Impfung erhalten haben, vehement dazu auf. «Es wird jetzt sehr darauf ankommen, wie das Impfgeschehen weiter geht», sagte er. «Die Leute müssen sich impfen lassen.» Es gebe Menschen, darunter Kinder, die sich derzeit gar nicht impfen lassen könnten. «Die sind darauf angewiesen, dass nicht rumgeschlumpft wird», sagte Scheele.

Derzeit halte das Wachstum an Beschäftigung noch an. Die Zahl der offenen Stellen sei praktisch wieder auf dem Niveau von 2019. Allerdings: Hätte es die Corona-Krise nicht gegeben, hätte es vermutlich in den vergangenen 18 Monaten einen weiteren Aufbau an Beschäftigung gegeben, etwa um eine halbe Million Arbeitsplätze.

Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sieht ermutigende Zeichen auf dem Arbeitsmarkt. Die Entwicklung zeige, dass sich die Bemühungen von Bund und Ländern, Unternehmen, Arbeitsplätze und Wirtschaftssubstanz zu erhalten, gelohnt hätten. «Die befürchtete Insolvenzwelle ist ausgeblieben und der Aufschwung ist inzwischen wieder in Gang gekommen», sagte Altmaier.

Allerdings sanken die Anzeigen für Kurzarbeit nicht. Kurzarbeit wurde in der Hochphase der Corona-Pandemie als Mittel zur Überbrückung auf dem Arbeitsmarkt stark in Anspruch genommen, um Personal nicht entlassen zu müssen. Zwischen dem 1. und dem 25. Juli gingen bei der Bundesagentur noch Anzeigen für Kurzarbeit für 75 000 Personen ein. Dies sei aber nicht mehr ausschließlich pandemiegetrieben, sagte Scheele. «Der Pendel schwingt wieder in die üblichen Branchen.» Die Juli-Anzeigen kämen überwiegend aus der Autoindustrie und von deren Zulieferern. Die Gründe könnten vielseitig sein, etwa Lieferengpässe oder Probleme mit der Transformation hin zu neuen Technologien.

Daten zur tatsächlichen Inanspruchnahme von Kurzarbeit stehen bis Mai 2021 zur Verfügung. Demnach hatten im Mai 2,23 Millionen Menschen Kurzarbeitergeld bezogen. Im April waren es noch deutlich mehr. Scheele prognostizierte, dass die Zahl der Kurzarbeiter in naher Zukunft auf unter 1,5 Millionen zurückgehen werde.

Auf dem Ausbildungsmarkt, seit Monaten das Sorgenkind der Nürnberger Arbeitsverwaltung, stehen die Zeichen unterdessen leicht auf Entspannung. «Insgesamt ist eine zunehmende Aufhellung am Ausbildungsmarkt zu spüren», heißt es von der Bundesagentur. Erfahrungsgemäß gebe es über den Sommer noch viel Bewegung.

Von Oktober 2020 bis Juli 2021 hätten sich bei den Jobcentern 404 000 Bewerber gemeldet, 35 000 weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Im Juli waren 127 000 junge Leute noch nicht mit einer Lehrstelle versorgt - obwohl die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze mit 485 000 die der Bewerber deutlich übersteigt. Im Juli waren 194 000 Plätze noch offen.

«Mir ist wichtig, dass die Betriebe weiter ausbilden und dass junge Menschen ihre Zukunft in einer betrieblichen Berufsausbildung sehen. Denn diese Fachkräfte sind unsere Zukunft», sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Sein Ministerium habe gemeinsam mit weiteren Akteuren deshalb den «Sommer der Berufsausbildung» ausgerufen, um möglichst viele Bewerber mit möglichst vielen Ausbildungsbetrieben zusammenzubringen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Wohl (fast) jeder kennt diese Situation: Man zieht seine Lieblings-Jeans an und stellt mit Erschrecken fest, dass der Knopf kaum noch zugeht. Was jetzt? Wieder eine Diät durchziehen? Und dann mit dem Jo-Jo-Effekt kämpfen?

Beschäftigte in Deutschland sind einer neuen Umfrage zufolge zunehmend bereit, den Job zu wechseln. So stimmten nur rund 53 Prozent der Befragten der Aussage vollständig zu, sie beabsichtigten, in einem Jahr noch bei derselben Firma beschäftigt zu sein. 2018 lag dieser Anteil bei rund 78 Prozent.

Die Menschen in Deutschland wollen mehr pflanzliche Alternativen zu tierischen Produkten konsumieren und setzen beim Thema kultiviertes Fleisch auf Wahlfreiheit. Das zeigt eine neue Umfrage in Deutschland.

Kann man das wirklich so schreiben? Ist es zu förmlich, zu locker, womöglich gar unverständlich? Geschäftliche Kommunikation geht nicht jedem leicht von der Hand.  Mit diesen Tipps formulieren Sie präzise.

Abschalten und die Arbeitswelt hinter sich lassen: Das steht allen Beschäftigten zu. Aber was, wenn sie dennoch ständig in ihrer Freizeit kontaktiert werden?

Die Aufgaben sind interessant, die Mitarbeiter sympathisch, der Chef fair - eigentlich passt alles im aktuellen Job. Nur das Gehalt könnte höher sein. Sind Scheinbewerbungen da ein cleverer Schachzug?

Viele Beschäftigte freuen sich nach der Arbeit auf den Feierabend, aufs Wochenende oder auf den Urlaub. Doch immer wieder kommt es vor, dass sie dabei vom Joballtag eingeholt werden, weil Anrufe oder Mails aus der Firma kommen. Was gilt da eigentlich rechtlich?

In dieser Woche streiken GDL und Ver.di. Davon ist nicht nur der Fernverkehr betroffen. Auch die S-Bahn in Berlin wird von dem Betroffen sein. Die Messe informiert, wie Gäste trotzdem auf die ITB kommen.

Läuft ein befristeter Vertrag aus, ist es für Beschäftigte wichtig, möglichst bald im Anschluss eine neue Anstellung zu finden. Aber wann haben sie eigentlich Zeit für Bewerbungsgespräche?

Wie wichtig das Thema ZUHÖREN beim Führen von Mitarbeiter, in Meetings, aber auch im Umgang mit Gästen, Kunden und Lieferanten ist, zeigt sich besonders deutlich bei Führungskräften und im Vertrieb. Doch es scheint, als fehle oft das aufrichtige Interesse am Gegenüber. Ein Gastbeitrag von Albrecht von Bonin.