Gastronomie zwischen Freizeit, Bangen und blanker Not

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Können wir noch wie gewohnt ausgehen, wenn die Coronakrise irgendwann einmal vorbei ist? Schaut man sich die akuten Sorgen der Gaststätten, Bars und Clubs im Land an, scheint das unwahrscheinlich. Am Donnerstag bat der Branchen-Verband Dehoga die Landesregierung «mit höchster Dringlichkeit» um die Einrichtung eines Hilfsfonds, der den Betrieben helfen könnte, zu überleben. Manche Lokale wissen nicht einmal mehr, wie sie die nächste Miete bezahlen sollen. Und viele sorgen sich um die Schwächsten der Branche - die unzähligen Teilzeit- und Minijobber.

«Unsere Kollegen arbeiten nicht aus Jux und Tollerei», sagt Kersten Knödel, einer der Inhaber der Stuttgarter Kneipe «Immer Beer Herzen», die nun wegen des Coronavirus geschlossen ist. «Viele der Mitarbeiter und Aushilfen machen den Gastro-Job als Zweitjob, um überhaupt über die Runden zu kommen - was nun nicht mehr geht.» Und das sei noch nicht alles: «Es hängt ja im ganzen Freizeitbereich noch unendlich viel mehr dran. Nicht zuletzt die Putzfrau hat nichts mehr zu tun - vier Wochen hält sie diese Situation nicht aus», sagt Mitinhaber Nanno Smeets.

Ähnliche Sorgen plagen Waltraud Hubschneider, die in Rudersberg (Rems-Murr-Kreis) seit 40 Jahren einen Getränkemarkt und seit sechs Jahren auch die Gastronomie «Zur BrennAlp» betreibt. «Der Getränkemarkt mit seinen Fest- und Teilzeitangestellten läuft», sagt Hubschneider. «Aber die Gastronomie ist geschlossen.» Das trifft in der «BrennAlp» zwei Vollzeit- und eine Teilzeitkraft sowie drei Minijobber.

«Wir werden alles tun, damit uns unsere Mitarbeiter erhalten bleiben», sagt Waltraud Hubschneider. Und weist auf einen für die Gastro-Mitarbeiter besonders kritischen Punkt hin: «Die Gastronomie braucht Mini-Jobber - und wir bezahlen ja auch dafür, 30 Prozent auf die 450 Euro Lohn an die Bundesknappschaft in Berlin. Aber laut gesetzlicher Regelungen fallen diese Mitarbeiter bei der Kurzarbeitsregelung raus, verdienen also nun gar nichts.» Das könne nicht angehen, sagt Hubschneider, man müsse nachbessern. «Wenigstens die 60 Prozent vom Nettolohn wie die anderen - da wäre schon viel geholfen, die Leute sind auf die paar 100 Euro absolut angewiesen».

Allein ein Kredit reicht da nicht, sagt auch Nanno Smeets. «Wir haben zehn Aushilfen auf Mini-Job-Basis, denen fehlt das Geld - die arbeiten ja in der Gastro nicht zum Spaß, auch wenn es ihnen bei uns gefällt», sagt er. Mit einem Kredit als Landes- oder Staatshilfe sei ihnen nicht geholfen, sagen die Inhaber vom «Immer Beer Herzen». «Den Ausfall kann ich nicht mehr wettmachen, wenn wir dann irgendwann wieder aufmachen - wir sind ja kein Autokonzern, der seine Produktion hochfährt. Die Biere, die der Gast heute nicht trinkt, holen wir nicht mehr auf», sagt Kersten Knödel.

«Die Minijobber im Gastgewerbe hat es frühzeitig und sehr hart getroffen«, sagte Daniel Ohl, Sprecher des Dehoga Baden-Württemberg, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. «Kaum ein Betrieb braucht in der aktuellen Situation noch Aushilfskräfte, viele Minijobber verlieren deshalb dringend benötigte Einnahmen.» Das Problem dabei: Gerade die Minijobber, die für die Branche so wichtig sind, fallen nicht unter die Kurzarbeitszeit-Regelungen und stehen somit in der Corona-Krise völlig ohne Einkommen da.

Derweil bleiben die Grundkosten bestehen, Pacht, Miete, Strom, Telefon, alles läuft weiter. In sozialen Netzwerken bekundet die Kundschaft ihre Solidarität, doch die Kassen bleiben leer. «Und dann ist noch die Frage, wie es weiter geht, wenn die Coronakrise vorbei ist», gibt Kersten Knödel zu bedenken. Denn: «Dann werden die Gäste auch nicht mehr so viel Geld in der Tasche haben.»

Von Alexia Angelopoulou, dpa


 

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