Große Nachfrage nach Lebensmitteln - Regierung: Versorgung gesichert

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Das sich ausbreitende Coronavirus und die zunehmenden Einschränkungen im Alltag schlagen auf das Konsumverhalten durch. Die Supermärkte machen deutlich mehr Umsatz, der zugleich Restaurants und Kantinen fehlt. In manchen Filialen waren Grundnahrungsmittel wie Mehl vorübergehend ausverkauft. Handelskonzerne und Bundesregierung versicherten unisono, es gebe keine Versorgungsengpässe. Hamsterkäufe sollten deshalb vermieden werden.

Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) appellierte an die Bürger, «ihre Vorräte mit Bedacht, Augenmaß und umsichtig aufzustocken – dann ist genügend für alle verfügbar, die Regale werden zeitnah wieder aufgefüllt». Für Hamsterkäufe gebe es keinen Anlass, sagte sie der dpa. «Gerade mit Blick auf die jetzige Situation ist nicht nur die Solidarität der Verbraucher untereinander gefragt, sondern auch Maß und Mitte.» Wichtig sei, nur das zu lagern, was auch normalerweise im Alltag genutzt und verbraucht werde.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) twitterte am Samstag: «Die Versorgung mit Lebensmitteln ist gesichert. Es besteht kein Grund zur Sorge, dass wir irgendwo Knappheiten haben. Es gibt leichte logistische Schwierigkeiten, aber die Lager sind gut bestückt. Für Hamsterkäufe gibt es keinen Anlass - sagen Sie es bitte weiter!»

Zuvor hatte Scheuer in der «Bild»-Zeitung von Pläne für den Fall gesprochen, dass sich die Situation zuspitze. Wenn zum Beispiel Polen die Grenzen schließe, habe das wegen fehlender Lkw-Fahrer aus dem Nachbarland direkte Auswirkungen auf die Versorgungslage in Deutschland. «Wenn wir dann zu Engpässen kommen, kann die Bundeswehr die Versorgung auffangen», sagte Scheuer. Das sei aber ein Szenario für den schlimmsten Fall, «soweit sind wir noch nicht».

Zwar hat Polen am Sonntag seine Grenzen für die Einreise von Ausländern geschlossen. Das gilt aber nicht für Lastwagenfahrer. Für den Warenverkehr blieben die Grenzen offen.

In Deutschland werden in der am Montag beginnenden Woche die meisten Schulen und Kindergärten erst einmal geschlossen, Kantinen arbeiten Notbetrieb, Barbesuche sind verboten oder die Gäste bleiben ohnehin fern.

Die Supermarktkette Rewe stellt seit Mittwoch eine deutlich erhöhte Nachfrage fest. Das betreffe vor allem Trockenlebensmittel wie Nudeln und Reis sowie Konserven und Drogerieartikel, teilte ein Sprecher des Konzerns am Samstag mit. Es gebe aber kein Problem bei der Warenversorgung. Die Hersteller lieferten weiterhin und die Regale würden zügig nachgefüllt.

«Es wäre nur sinnvoll, wenn die Leute, denen es möglich ist, den Einkauf auf die Woche verteilen, und nicht nur Freitagnachmittag und Samstagmorgen einkaufen», sagte der Sprecher. Dann hätten Mitarbeiter auch die Chance, die Regale schnell genug wieder zu befüllen.

Auch Branchenexperten beobachten, dass in Supermärkten anders und mehr eingekauft wird. Lieferdienste profitieren von der Lage ebenso. Auf Großkunden spezialisierte Lebensmittelhändler dagegen müssten mit deutlichen Einbußen rechnen, so die Fachleute. Die prekäre Situation für Hotels und Gaststätten schlage bei Großhändlern und Großmärkten durch.

Der Nachfragerückgang von Gastronomen, Hotels, Kitas und Kantinen sei deutlich spürbar, sagt Marcus Schwenke, Geschäftsführer des Großhandelsverbandes Foodservice. Einbrüche seien leicht zeitversetzt zum Gastgewerbe zu erwarten. Sollten Insolvenzen in der Gastronomiebranche zunehmen, könne dies dramatische Folgen für Großhändler haben - noch weit nach dem Pandemie-Ende, fürchtet der Verband, der Anbieter wie Metro und Selgros/Transgourmet vertritt.

Die Warnungen des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga verheißen nichts Gutes. «Die Umsatzeinbußen erreichen ein nie gekanntes Ausmaß», schlägt Dehoga-Präsident Guido Zöllick Alarm. Auch die private Nachfrage gehe spürbar zurück: «Inzwischen leidet die gesamte Branche in der gesamten Republik – ob Hotels, Restaurants, Caterer, Kneipen, Bars, Diskotheken und Clubs, ob Betriebs-, Stadion- und Verkehrsgastronomie» - ob in der Stadt oder auf dem Land.

Folgt man Experten der Boston Consulting Group (BCG), können Lebensmittelhändler nicht nur in Deutschland «über mehrere Wochen» mit einem anhaltenden Plus von 10 bis 15 Prozent rechnen. (Hier zur BVG-Studie) Zwei Haupttreiber gebe es: Zum einen lagerten Kunden Hygiene- und Gesundheitsprodukte ein. Andererseits mieden Menschen Restaurants und verbrächten mehr Zeit zu Hause. Das Onlinegeschäft sei zuletzt rasant gestiegen. Allerdings: Aus Angst vor Ansteckung könnten Konsumenten ihren Aufenthalt im Supermarkt begrenzen, was die Nachfrage nach frischen Produkten wiederum dämpfen dürfte.

BCG-Einzelhandelsexperte Markus Hepp macht in Deutschland in der Coronavirus-Krise drei Phasen aus. In der ersten Krisenwelle seien in hohem Maße Produkte wie Desinfektions- oder Reinigungsmittel gekauft worden. In Welle zwei seien Vorräte gebildet worden, nachdem klar gewesen sei, dass mit längerfristigen Auswirkungen zu rechnen sei.

Aktuell befinde sich Deutschland in Welle drei: Es gibt teils starke Einschränkungen im sozialen Leben. Dadurch steige die Nachfrage nach frischen Produkten. Aber auch nach Fertiggerichten, weil vermehrt zu Hause gekocht wird, sagt Hepp. «Das schlägt sich natürlich in den Verkaufszahlen dieser Kategorien nieder, wo wir beispielsweise 10 bis 20 Prozent Wachstum im italienischen Markt beobachten konnten.» Besonders negativ betroffen seien Großhändler für Restaurants oder Hotels, wo ein Einbruch der Nachfrage um bis zu 30 Prozent drohe.

Von André Stahl und Bernd Röder, dpa


 

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