Lufthansa streicht Flugplan bis zur Hälfte zusammen

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Der Lufthansa-Konzern streicht wegen des heftigen Nachfrageeinbruchs infolge der Corona-Epidemie seinen Flugplan noch weiter zusammen. In den nächsten Wochen solle die Kapazität um bis zu 50 Prozent reduziert werden, teilte das Unternehmen am Freitag in einer Pflichtmitteilung an die Börse mit. Dabei wolle man die weitere Entwicklung der Nachfrage beobachten. Die Maßnahme diene dazu, die finanziellen Folgen des Nachfrageeinbruchs zu verringern.

Der Dax-Konzern berichtete von drastischen Buchungsrückgängen und zahlreichen Flugstornierungen. Betroffen seien alle Zielgebiete. Inzwischen wird geprüft, die gesamte Flotte des größten Einzelflugzeugs Airbus A380 mit 14 Jets vorübergehend außer Dienst zu stellen. Nicht benötigte Flugzeuge würden in der Regel an ihren Stationierungsorten abgestellt, erläuterte eine Sprecherin. Das wären im Fall der Kernmarke Lufthansa die Flughäfen in Frankfurt und München. Eine genaue Zahl stillzulegender Jets wurde nicht veröffentlicht. An der Börse legte der in den vergangenen Wochen arg gebeutelte Aktienkurs zu, als die Nachricht der weiteren Kapazitätsverringerung kam.

Europas größter Luftverkehrskonzern hatte bereits am Donnerstag für den März 7100 Flugpaare seiner Kernmarke Lufthansa gestrichen. Ähnliche Streichungen gibt es auch bei den Töchtern Austrian, Swiss, Eurowings und Brussels. Nach China, Iran und Israel sind die Flüge der Gruppe komplett abgesagt. Den Kunden räumte Lufthansa zusätzliche Umbuchungsmöglichkeiten ein. Neu erworbene Tickets können somit bis Jahresende einmal kostenfrei auf ein neues Datum umgebucht werden.

Der Konzern hat rund 780 Flugzeuge in der Flotte, die im vergangenen Jahr durchschnittlich 3226 Flüge pro Tag absolviert haben. Schwerpunkte der Absagen vom Donnerstag waren die innerdeutschen Verbindungen mit hohen Frequenzen sowie Flüge nach Italien. Das Personal wurde aufgefordert, freiwillig in Teilzeit zu gehen oder unbezahlten Urlaub einzureichen. Auch wird in Deutschland und Österreich die Möglichkeit von Kurzarbeit für viele tausend Mitarbeiter geprüft. Dazu gebe es Gespräche mit den Gewerkschaften und den Betriebspartnern mit dem Ziel, Kündigungen von Mitarbeitern in der Probezeit zu vermeiden.

Der Branchenverband IATA hatte am Donnerstag den möglichen Umsatzeinbruch im weltweiten Passagiergeschäft auf eine Spanne zwischen 63 Milliarden und 113 Milliarden Dollar (bis 101 Mrd Euro) geschätzt, bis zu 19 Prozent des gesamten Volumens. Das sei in der Dimension mit der Finanzkrise 2008/2009 vergleichbar. Die Auswirkungen auf das Frachtgeschäft seien noch nicht abzuschätzen.

Auf die Lufthansa und andere Fluggesellschaften könnten weitere Belastungen zukommen, wenn Ticketinhaber bei kurzfristigen Flugabsagen oder Verspätungen Entschädigungen nach der EU-Fluggastrichtlinie 261 verlangen. Während sich die Airlines auf außergewöhnliche Umstände berufen, die sie von Entschädigungen entbänden, sehen Internet-Fluggastportale gute Chancen auf Entschädigungen von 250 bis 600 Euro.

Eine Prozesswelle ist nach Einschätzung von Experten zu erwarten. «Es wird sicherlich zu vermehrten Streitigkeiten kommen, ob aufgrund des Coronavirus annullierte Flüge einen berechtigten Anspruch auf Ausgleichszahlung darstellen», sagt Heinz Klewe, Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) in Berlin.

Lufthansa, Ryanair und Co. hätten ihre Europaflüge allein aus betriebswirtschaftlichen Gründen zusammengestrichen, argumentiert beispielsweise Lars Watermann vom Portal EUflight, das Passagieren bereits ihre Forderungen aus den Corona-Absagen abkauft. Es habe keine behördlichen Verbote gegeben, wegen der Virusausbreitung etwa Flüge im deutschen Inland oder nach Italien zu unternehmen. «Wenn ein nicht ausgelasteter Flug aus betriebswirtschaftlichen Gründen annulliert wird, liegt hierin kein außergewöhnlicher Umstand, der die Fluggesellschaft von einer Entschädigungszahlung befreit.» Das unternehmerische Risiko der Auslastung müsse allein die Fluggesellschaft tragen.

Die deutsche Flugbranche hat über den Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) die Gegenposition eingenommen. Die Einschnitte in die Flugpläne seien letztlich auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen, weil die Fluggesellschaften nur auf die Ausbreitung des Virus reagiert hätten. «Leere Flugzeuge zu fliegen, wäre wirtschaftlich unverantwortbar und ökologisch völlig schädlich», hatte der Verband dann noch erklärt.

Statt einer Entschädigung nach der EU-Verordnung sollten die Kunden den Ticketpreis erstattet bekommen oder kostenlos umbuchen können, so der BDL. Das ist auch die Position der Lufthansa, die etwaige Entschädigungsforderungen nach der EU-Verordnung nicht akzeptieren würde, wie ein Sprecher in Frankfurt erklärte.

Der FDP-Politiker Frank Sitta sprach sich angesichts der aktuellen Branchenprobleme dafür aus, die zum 1. April wirksame Erhöhung der Luftverkehrssteuer auszusetzen der Branche rasch Zugang zu Kurzarbeit zu erleichtern. «Die Bundesregierung muss erkennen, dass schon jetzt interne Maßnahmen wie Einstellungsstopp und Zwangsurlaub erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitnehmerschaft haben», so der Fraktionsvize im Bundestag.

Von Christian Ebner, dpa


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die wirtschaftspolitischen Verwerfungen treffen die Unternehmen in Deutschland weiter hart. Bonitäts-Schlusslicht bleibt das Gastgewerbe. Auch wenn sich die Lage seit Corona leicht gebessert hat, bleibt die Kreditwürdigkeit bei Gastronomen deutlich eingeschränkt.

Das kommende Jahr 2026 bringt für Unternehmen in Deutschland im Durchschnitt 2,4 Arbeitstage mehr als das laufende Jahr 2025. Dies teilt das Statistische Bundesamt mit. Bundesweit wird die durchschnittliche Zahl der Arbeitstage 250,5 erreichen.

Neue Studienergebnisse zeigen einen deutlichen Wandel im Trinkgeldverhalten der Deutschen. Während es im Restaurant stabil bleibt, sinkt die Bereitschaft in anderen Dienstleistungsbereichen massiv.

Deutschland zählt so viele Firmenpleiten wie seit 2014 nicht - und trotz Konjunkturhoffnungen gibt es keine Entwarnung für das kommende Jahr. Die zahlenmäßig meisten Insolvenzen entfielen auf das Dienstleistungsgewerbe.

Die Zuversicht der Verbraucher in Deutschland bezüglich ihrer eigenen finanziellen Lage stagniert. Das aktuelle Postbank Stimmungsbarometer beleuchtet die Hauptsorgen der Bevölkerung und zeigt auf, wie die gestiegenen Kosten die Spar- und Konsumpläne beeinflussen.

Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamts zeigen, dass die Niedriglohnquote in Deutschland konstant bei 16 Prozent liegt. Besonders betroffen ist das Gastgewerbe, wo über die Hälfte der Jobs dem Niedriglohnsektor zuzuordnen sind.

Im Büro, auf der Bühne oder an der Maschine: Macht das einen Unterschied, wenn Medikamente die Leistungsfähigkeit einschränken? Und was passiert, wenn ein Fehler passiert? Fragen und Antworten.

Die anstehende Erhöhung des Mindestlohns auf 13,90 Euro pro Stunde zum 1. Januar 2026 hat für das Gastgewerbe die größten Auswirkungen. Das geht aus einer neuen Studie des ifo Instituts hervor. Die Branche weist die höchste Betroffenheit auf und plant entsprechende Reaktionen auf den signifikanten Lohnkostenanstieg.

Kinder weltweit essen immer mehr hochverarbeitete Lebensmittel – mit gefährlichen Folgen für Gesundheit, Wachstum und Psyche. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Unicef-Analyse, die zusammenfasst, wie sehr sogenannte ultra-verarbeitete Produkte (UPFs) den Alltag von Kindern und Jugendlichen bestimmen.

Fit Reisen das Suchverhalten in den 200 größten deutschen Städten untersucht, um die tatsächliche Nachfrage nach Wellnessangeboten zu analysieren. Die Auswertung zeigt, dass dabei die Nähe zu Angeboten, regionale Gegebenheiten und das Einkommen entscheidend sind.