Masthuhn-Report 2024: Lebensmittelbranche im Check

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Das Bewusstsein für die Tierschutzprobleme in der konventionellen Geflügelmast wächst: 90 Prozent der für das Eurobarometer 2023 befragten Deutschen wollen, dass es den »Nutztieren« besser geht, als es derzeit der Fall ist.

Aber erkennen Unternehmen die Verantwortung für das Wohlergehen der Tiere in ihren Lieferketten an? Was tun sie, um die Haltungsbedingungen zu verbessern? Und folgen den öffentlichkeitswirksam abgegebenen Versprechen auch Taten? Das sind Fragen, mit denen sich die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt in ihrem Masthuhn-Report bereits zum dritten Mal kritisch beschäftigt. Dabei stehen in diesem Jahr neben der Systemgastronomie erstmals auch der Lebensmitteleinzelhandel, Contract Caterer und Hersteller im Fokus.

Der Masthuhn-Report beleuchtet als Bestandsaufnahme zum Tierschutz, welche Maßnahmen die Unternehmen zur Verbesserung der Situation von Hühnern ergreifen und ob sie ihr Versprechen ernst nehmen und die gesteckten Ziele auch umsetzen. Konzentrierte sich der Report – analog zu der von der Organisation World Animal Protection veröffentlichten internationalen Food-Service-Studie mit dem Titel »The Pecking Order« – bisher auf die großen Vertreter der Systemgastronomie, geht die Stiftung in diesem Jahr einen Schritt weiter.

»Für effektiven und nachhaltigen Tierschutz ist ein gemeinsames Bekenntnis der gesamten Lebensmittelbranche nötig«, erklärt Esther Rabofski, Interims-Leiterin Lebensmittel-Fortschritt bei der Albert Schweitzer Stiftung. Deshalb untersuchen drei neue Reports jetzt auch die Lieferketten von Lebensmitteleinzelhandel, Lebensmittelherstellen sowie Contract Caterern.

LEH: Die große Marktmacht effektiv für mehr Tierschutz nutzen

»Ohne den besonders wichtigen LEH mit seinem großen Hühnerfleisch-Umsatzvolumen ist der notwendige Wandel zu besseren Standards nur schwer möglich«, fährt Rabofski fort. Der Masthuhn-Report für den LEH macht erstmals auf einen Blick transparent, welche der großen Handelsketten jährliche Fortschrittsberichte veröffentlichen, Roadmaps nutzen und wer die Umstellung anführt. »Nachdem sich Aldi Nord und Süd 2020 als erste in der Branche zur Masthuhn-Initiative verpflichtet haben, sind inzwischen acht weitere Unternehmen ihrem Beispiel gefolgt und veröffentlichen auch das geforderte jährliche Reporting. Als aktuellste Neuzugänge begrüßen wir Rewe und Lidl – und erwarten, dass Edeka und Kaufland zügig nachziehen«, appelliert Rabofski an die einflussreichen Branchengrößen, ebenfalls Verantwortung für die Situation der Hühner in ihrer Lieferkette zu übernehmen.

Contract Caterer: Tierschutz schon lange ein wichtiges Thema

Im Gesamtbild schneidet die Contract-Catering-Branche am besten ab. »Alle zehn untersuchten Unternehmen haben sich bereits der Masthuhn-Initiative angeschlossen – teilweise schon vor einigen Jahren – und demonstrieren damit, dass Tierschutz in dieser Branche ein wichtiges Thema ist«, hebt Rabofski hervor. Insgesamt unterstützen derzeit 21 namhafte Caterer die Initiative, um bis 2026 höhere Mindeststandards für Masthühner zu etablieren – darunter die Top 10 der Contract-Dienstleister sowie auch große Eigenregie-Caterer, die allerdings im diesjährigen Report nicht untersucht wurden. »Damit ist die Cateringbranche bei den Commitments in Deutschland Vorreiter. Jetzt müssen die geforderten Kriterien allerdings konsequent umgesetzt werden – sonst wird die Zeit bis zur Deadline 2026 knapp«, mahnt Rabofski.

Hersteller: Entscheidende Schnittstelle zwischen Erzeugern, LEH und Gastronomie

Noch mehr Engagement wünscht sich die Albert Schweitzer Stiftung nicht zuletzt von den Lebensmittelherstellern. Zwar habe sich ein Großteil der untersuchten Unternehmen im Rahmen der Masthuhn-Initiative verpflichtet, die Haltungsbedingungen zu verbessern. Beim Umstellungsfortschritt sowie der Transparenz und Details zu den einzelnen Kriterien lassen die Ergebnisse jedoch viel Luft nach oben. Die Branche sei sehr heterogen: »Das Spektrum reicht von Größen wie Nestlé, die relativ betrachtet wenig Fleisch in ihrer Lieferkette haben, bis hin zu kleineren Herstellern, die fast ausschließlich Hühnerfleisch verarbeiten. Die Risiken und der Umsetzungsaufwand der Commitments können deshalb unterschiedlich hoch sein. Hinzu kommt, dass der B2B-Bereich sehr stark von einem günstigen Einkaufspreis und den Anforderungen der potenziellen Geschäftspartner geprägt ist«, resümiert Rabofski.

Systemgastronomie: Höhere Tierschutzstandards sind möglich

Und die Systemgastronomie? Hier glänzt unter den 15 evaluierten Unternehmen – darunter zehn, die sich der Masthuhn-Initiative angeschlossen haben – vor allem Hans im Glück: Inzwischen kaufe man zu 100 % MHI-konformes Geflügelfleisch ein, teilte das Unternehmen mit – aber erst nach Abschluss der Datenerhebung. Im Berichtszeitraum für den Masthuhn-Report hatte Hans im Glück die eigene Lieferkette bereits zu 47 % auf die Standards der Masthuhn-Initiative umgestellt. Die Burgerkette nutzte eine Roadmap, um ihr selbst gestecktes Ziel zu erreichen und landete mit einem Gesamtscore von 74 % auf Stufe 3. Eine Roadmap kann sonst nur noch Ikea vorweisen. Zudem gab es noch eine Überraschung kurz vor Veröffentlichung: Seit einigen Tagen ist das Commitment von Pizza Hut nicht mehr auf ihrer Website aufzufinden. Das ist in der Auswertung nicht berücksichtigt.

Pragmatische Hilfestellung für effektive Verbesserungen

Auch wenn einzelne Erfolge zu verzeichnen sind, ist Esther Rabofski mit den Ergebnissen der diesjährigen Masthuhn-Reports noch lange nicht zufrieden: »Das Beispiel Hans im Glück beweist ganz klar: Es ist möglich, die Vorgaben der Masthuhn-Initiative zu erfüllen und Kundinnen und Kunden damit bessere Produkte anzubieten.« Zukünftige Untersuchungen werden daher höhere Anforderungen an die Reportingqualität und -inhalte stellen. »Wir erwarten von allen Unternehmen detaillierte, prozentuale Fortschrittsangaben zu den einzelnen Kriterien sowie eine schnellere Umsetzung. Insbesondere die noch Untätigen sollten schnellstmöglich Commitments abgeben und sich an die Umsetzung machen, um nicht von der Konkurrenz abgehängt zu werden.« Sie wären in guter Gesellschaft: Mittlerweile arbeiten über 100 Unternehmen in Deutschland durch ihren Anschluss an die Masthuhn-Initiative an der Verringerung von Besatzdichten und der Abschaffung von Qualzucht.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Trotz Elternstolz: Gehören Kinder in den Lebenslauf? Manche Mütter und Väter befürchten Nachteile im Bewerbungsprozess. Wann sollte man rechtlich gesehen beim Arbeitgeber Kinder erwähnen?

Der Pro-Kopf-Verbrauch von Eiern in Deutschland hat 2024 einen neuen Höchststand erreicht. Gleichzeitig ist auch der Konsum von Geflügelfleisch im Vergleich zu den Vorjahren merklich gestiegen. Diese Daten stehen im Kontext einer stabilen heimischen Produktion, die jedoch weiterhin durch die sich ausbreitende Geflügelpest beeinflusst wird.

Obwohl fast die Hälfte aller Erwerbstätigen in Deutschland Frauen sind, sind nur 29,1 Prozent der Führungspositionen weiblich besetzt. Warum hinkt Deutschland hinterher?

Verlangen Arbeitnehmende beim Ausscheiden aus dem Job ein Arbeitszeugnis, kann es sein, dass es heißt: «Schreiben Sie doch bitte selbst etwas!» Ist das erlaubt - und wie geht man vor?

Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im deutschen Gastgewerbe hat im August 2025 einen historischen Höchststand erreicht. Laut den jüngsten, von der Bundesagentur für Arbeit veröffentlichten Daten, sind nun 1.122.500 Menschen in diesem Sektor sozialversicherungspflichtig tätig.

Die Bundesregierung hat eine unbürokratische Verlängerung der Aufenthaltstitel für Geflüchtete aus der Ukraine beschlossen. Die entsprechende „Zweite Verordnung zur Änderung der Ukraine-Aufenthaltserlaubnis“ wurde am 27. Oktober 2025 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Die Zahl der jungen Menschen, die eine Ausbildung im Gastgewerbe anstreben, ist erneut gestiegen. Bis Ende September 2025 meldeten sich 3,5 Prozent mehr Bewerberinnen und Bewerber bei den Arbeitsagenturen als im Vorjahreszeitraum. Dies geht aus den kürzlich veröffentlichten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor.

Der Mindestlohn steigt zum 1. Januar 2026 auf 13,90 Euro und anschließend zum 1. Januar 2027 auf 14,60 Euro. Der DEHOGA Bundesverband hat die daraus resultierenden Effekte, insbesondere auf die Arbeitsverhältnisse im Gastgewerbe, analysiert und bewertet.

Softwareplattformen und Finanzexperten schlagen Alarm: Die Nutzung Künstlicher Intelligenz hat zu einem signifikanten Anstieg ultrarealistischer, gefälschter Spesenbelege in Unternehmen geführt. Während Spesenbetrug kein neues Phänomen ist, ermöglichen es aktuelle KI-Modelle, täuschend echte Fälschungen ohne technische Vorkenntnisse zu erstellen.

Die neuesten Daten der Bundesagentur für Arbeit zum Oktober 2025 zeigen eine saisonale Entspannung der Arbeitslosenzahlen. Dennoch deuten die anhaltend schwache Beschäftigungsentwicklung und eine geringe Nachfrage nach neuem Personal auf eine fortgesetzte wirtschaftliche Zurückhaltung hin.