Mehr als jeder zweite Arbeitnehmer hat zunehmend Stress

| Zahlen & Fakten Zahlen & Fakten

Mehr als die Hälfte der Berufstätigen in Deutschland fühlt sich zunehmend gestresst. 52 Prozent empfinden wachsenden Stress, 38 Prozent spüren keine Veränderungen und nur zehn Prozent leiden weniger unter Stress, wie eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse KKH ergab. Gleichzeitig stellte die Kasse anhand der Daten der eigenen Versicherten fest, dass die Zahl der Fehltage im Job wegen eines Burnouts zwischen 2019 und 2024 deutlich gestiegen ist.

Ausgewertet wurde die Zahl der Kalendertage mit ärztlichem Attest wegen der entsprechenden Diagnose - Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung - von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten mit Krankengeldanspruch für 2019 bis 2024. Arbeitslose und Rentner sind nicht erfasst. Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragte für die Umfrage darüber hinaus vom 28. August bis 5. September bundesweit 2.001 Menschen im Alter von 16 bis 70 Jahren, darunter 1.359 Erwerbstätige. Mit rund 1,5 Millionen Mitgliedern zählt die KKH nach eigenen Angaben zu den größten bundesweiten Krankenkassen.

Workaholics häufig betroffen

Ein klassischer Burnout ist den Angaben zufolge vor allem an ständiger
Gereiztheit und chronischer Erschöpfung bis hin zu Verhaltensänderungen und sozialem Rückzug zu erkennen. Allerdings gibt es auch den sogenannten stillen Burnout: Diese Variante des Erschöpfungssyndroms entwickelt sich schleichend, Betroffene versuchen, «die Fassade eines leistungsstarken, erfüllten Menschen aufrechtzuerhalten». Sie verschleppen häufig die klassischen Symptome und gleiten nach und nach in einen schweren Burnout.

Arbeitspsychologin Antje Judick erklärte: «Ein klassischer Burnout betrifft häufig Workaholics mit einem Hang zum Perfektionismus, die ihre Grenzen überschreiten und sämtliche Warnsignale ignorieren. Von einem stillen Burnout sind hingegen eher besonders hilfsbereite Menschen betroffen, die ihre eigenen Bedürfnisse vernachlässigen und sich schließlich überfordert und auch ausgenutzt fühlen.» Beide Arten seien gefährlich, ein unerkannter Burnout könne Depressionen, Angststörungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach sich ziehen.

Mehr Fehltage

Laut Krankenversicherung kamen im vergangenen Jahr wegen Burnouts 107,3 Fehltage je 1.000 ganzjährig versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zusammen - immerhin 33 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019. Damals waren es noch 80,7 Tage. 

Auch die Krankheitsfälle sind demnach seit 2019 gestiegen, nämlich von 2100 auf 2807 - im Corona-Jahr 2023 lag die Zahl mit 3010 noch höher. Pro 1000 Beschäftige stieg die Zahl der Krankschreibungen zwischen 2019 und 2024 von 2,9 auf 4,2, die Zahl der Krankschreibungstage stieg von gut 59.000 auf rund 72.000. Im vergangenen Jahr war ein Arbeitnehmer wegen Burnouts im Durchschnitt 25,7 Tage krankgeschrieben.

Hohe Dunkelziffer befürchtet

«Die Zahlen zeigen allerdings nur die Spitze des Eisbergs», sagte Judick. «Denn wir können nur solche Ausfalltage auswerten, für die auch ein Attest mit einer entsprechenden ärztlichen Diagnose vorliegt.» Allerdings gelte ein Burnout nach wie vor nicht als eigenständige Erkrankung, daher dürfte die Dunkelziffer erheblich höher sein, betonte sie.

Laut der Forsa-Umfrage gaben 55 Prozent der befragten Erwerbstätigen an, sich bei Stress erschöpft oder ausgebrannt zu fühlen. 27 Prozent fühlten sich demnach unter Druck schon einmal niedergedrückt oder sogar depressiv. Immerhin 97 Prozent der Berufstätigen sehen sich zumindest gelegentlich in ihrem Alltag oder im Job hohen Anspannungen und Belastungen ausgesetzt.

Auf kleinste Warnsignale achten

Zu den Hauptursachen für Stress zählen der Umfrage zufolge aktuelle gesellschaftliche und politische Themen (50 Prozent), hohe Ansprüche an sich selbst (49 Prozent) oder die wirtschaftliche Lage in Deutschland (41 Prozent).

Um einen stillen Burnout zu erkennen, müsse auf kleinste Warnsignale geachtet werden, sagte Judick. Dazu zählten erhöhte Sensibilität gegenüber starken Sinneseindrücken wie grellem Licht, Lärm oder Berührungen. Betroffene seien häufiger aufgesetzt fröhlich, obwohl sie innerlich erschöpft und verzweifelt seien. Zu den Anzeichen von Burnout zählten auch Einschlaf- oder Aufwachstörungen, die Reizbarkeit, Nervosität und Stimmungsschwankungen auslösten. Auch der Wille, immer verfügbar zu sein oder nicht Nein sagen zu können, seien Anzeichen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht wirksam, wenn sie lediglich per WhatsApp verschickt wird. Obwohl der Messengerdienst oft für die interne Kommunikation in Unternehmen genutzt wird, genügt er nicht den gesetzlichen Anforderungen für die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses.

In der deutschen Wirtschaft besteht angesichts einer verbesserten Stimmung in den Führungsetagen der Unternehmen weiter Hoffnung auf eine Konjunkturbelebung. Im Oktober stieg das Ifo-Geschäftsklima um 0,7 Punkte auf 88,4 Punkte.

Die einen bleiben für die Karriere, die anderen gehen für den Aufstieg. Beide Wege können eine kluge Entscheidung sein – und beide bringen auch Risiken mit sich. Wann ist der Wechsel die bessere Wahl? Hier die wichtigsten Fragen und Antworten. 

Die Bürgerinnen und Bürger in München haben in einem Bürgerentscheid mit deutlicher Mehrheit für eine Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele der Jahre 2036, 2040 oder 2044 votiert. Mit einem vorläufigen Endergebnis von 66,4 Prozent der Stimmen unterstützte eine klare Zwei-Drittel-Mehrheit die Initiative.

Der Arbeitsmarkt braucht Fachkräfte und bei Frauen schlummern Potenziale. Eine Maßnahme der Bundesregierung wäre nach wissenschaftlicher Einschätzung aber vor allem auf Männer gerichtet.

Die Mehrheit der Deutschen bezahlt nicht mehr bar. Eine aktuelle Studie enthüllt die Präferenzen an der Kasse und zeigt ein gesteigertes Interesse an unabhängigen, europäischen Bezahlsystemen.

Der Siegeszug der Teigtasche um die Welt brachte viele Namen hervor. Jede Region hat ihre eigenen Varianten - doch nicht immer ist klar, was sich hinter den Namen verbirgt. Ein kleiner Überblick.

Über Sinn und Zweck der Zeitumstellung wird wohl seit Bestehen gestritten. Trotz vieler Kritiker und negativer Umfragen bleibt es aber vorerst dabei. Oder kann ein Vorstoß aus dem Süden etwas ändern?

Rheinland-Pfalz ist in der Gunst der Touristen weiter gestiegen. Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Landesamtes in Bad Ems stieg die Zahl der Gäste von Januar bis August 2025 auf knapp sechs Millionen. Im Ahrtal wirkt jedoch die Flutkatastrophe nach.

In Hamburg arbeitete 2024 mehr als ein Drittel der Beschäftigten mindestens einmal pro Woche im Homeoffice – bundesweit der Spitzenwert. Wie schneiden andere Bundesländer ab?