Vorsicht Rutschgefahr - wie neue Führungskräfte Akzeptanz gewinnen

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Neue Besen kehren gut. Wer kennt nicht dieses Sprichwort. Doch Vorsicht! Wenn die neue Führungskraft Akzeptanz gewinnen will, sollte sie beim Start im neuen Job mit Fingerspitzengefühl vorgehen. „Erst leisten, dann fordern“ – das Motto für Einsteiger ist stets eine gute Basis für den erfolgreichen Einstieg. Dass falsches Verhalten viel Porzellan zerschlagen kann, zeigt folgendes Praxisbeispiel.

Der Personalberater hat den Auftrag, einen Top Kandidaten für ein größeres Luxushotel zu rekrutieren. Im persönlichen Interview fragt er einen der Bewerber, welche Situation er denn bei Antritt seines derzeitigen Jobs vorgefunden habe und – wie er den ihm anvertrauten Betrieb in den vergangenen zwei Jahren weiter entwickelt habe. Der Kandidat holt tief Luft und legt los: „Es war das totale Chaos. Kein Wunder, dass mein Vorgänger das Haus verlassen musste. Das muss ein echter Looser gewesen sein. Betriebsergebnis tiefrot, miese Stimmung unter den Mitarbeitern, hohe Fluktuation, schlechte Gästebewertungen, Mangel an Sauberkeit, Personalkosten zu hoch, Renovierungsstau etc. Ich musste erstmal Brachland kultivieren.“    


Über den Autor Albrecht von Bonin

Albrecht von Bonin ist einer der profiliertesten Personalberater in der Hospitality Industry. Die Suche und Auswahl von Spitzenkräften, der Einsatz von Interim Managern sowie Management Coaching für Führungskräfte und Unternehmer – das sind die Kernkompetenzen, mit denen VON BONIN und die avb Management Consulting echte Mehrwerte bietet.

Mit seinem Fachbeiträgen bei Linkedin, die auf der Erfahrung von 40 Jahren Beratungspraxis fußen, erreicht von Bonin seit Jahren viele tausend Leser. Jetzt gibt es seine Beiträge auch bei Tageskarte.


Der Personalberater wird neugierig. „War wirklich alles schlecht, was Ihr Vorgänger bewegt hat?“ Der Hoteldirektor stutzt einen Moment Dann gibt er erst richtig Gas. „Ich musste erstmal alles ganz anders machen. Dann habe ich den Eigentümern einen Plan vorgelegt, was ich brauche, um den Karren für sie aus dem Dreck zu holen. Da musste richtig Geld in die Hand genommen werden. Neue Abteilungsleiter, Zimmerrenovierung, Umbau der Küche, mehr Mitarbeiter und vieles mehr. Ich verstehe gar nicht, warum damals so ein schwacher Direktor eingestellt werden konnte“.
Aber was hat der Kandidat nun in der Zwischenzeit optimiert, will der Personalberater wissen. Ja, es ginge nun mal nicht alles auf einmal, aber die Renovierung sei eingeleitet. Einige Führungskräfte habe er durch alte Bekannte ersetzt. Bis die jedoch ihre Wirkung zeigen, brauche es Zeit, erwidert der Hoteldirektor. Im Übrigen sei ja die Konjunktur nach Corona auch nicht gerade die Beste und erschwere den Erfolg. Das Betriebsergebnis sei daher heute noch nicht besser als bei seinem Amtsantritt, muss er – der so lautstark auf seinen Vorgänger geschimpft hatte – jetzt kleinlaut zugeben. Der Personalberater wundert sich nicht mehr darüber, dass der Kandidat bereits nach zwei Jahren zu neuen Ufern „flüchten“ will.

Nichts riecht so süß, wie die Leichen im Keller des Vorgängers

Was lernen wir daraus? Nicht alles, was vor dem Amtsantritt des Neuen geschah, muss schlecht gelaufen sein. Besserwisserei, blinder Eifer, Aktionismus oder gar Überheblichkeit tragen nicht dazu bei, die Akzeptanz und Reputation des Neuen zu stärken. Kollegenschelte ist hier völlig fehl am Platz. Mangelnder Respekt vor der Leistung des Vorgängers trägt keinesfalls dazu bei, die eigene Position zu stärken. Man macht sich nicht dadurch größer, dass man andere klein macht. Das alles zeugt allenfalls von schlechtem Stil – auch wenn die alte Weisheit „Nichts riecht so süß, wie die Leichen des Vorgängers“ noch so sehr dazu verleitet. Man schimpft einfach nicht auf Vergangenes – schon gar nicht, ohne die Zusammenhänge zu kennen. Und noch etwas: Wer so handelt, bescheinigt seinen Vorgesetzten, dass sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Vorsicht! Rutschgefahr! Die Folgen sind Aversion, Verunsicherung, Zweifel am Neuen. Im Ernstfall Bauchlandung.

Erfolgreiche Integration geht anders

Besser: Konzentration auf die Zukunft, anstehende Aufgaben und Prioritäten erledigen. Ergebnisse zeigen. Veränderungsmaßnahmen und Vorschläge sollten Bewährtes erhalten und mit neuen Impulsen bereichern. Wer dabei auch noch die Firmenkultur berücksichtigt, ist auf dem richtigen Weg. Er erleichtert seinen Leuten, seine Botschaft bzw. seinen Vorwärtskurs zu verstehen. Schließlich hat man ihn nicht geholt, damit er Probleme macht, sondern diese löst. Der enge Kontakt zum Vorgesetzten des Neuen in den ersten Tagen und Wochen eröffnet ihm zusätzlich die Möglichkeit, den Boss über die eigenen Erkenntnisse, Analysen, Pläne und Maßnahmen konstruktiv zu informieren (nicht: „das ist schlecht“, sondern: „könnten wir das nicht auch so und so besser machen?). So sichert man sich Feedback und Aktionsraum für die eigenen Aktivitäten. Es wäre falsch verstandener Stolz, vom ersten Tage an allein auf sich gestellt zu agieren, ohne Fragen zu stellen oder die Spitze zu informieren. Im Gegenteil: Der Boss braucht rasch die Bestätigung, dass seine Entscheidung für den neuen Stelleninhaber richtig war und – auf welchen Stand dieser in seiner Integration angekommen ist. Wenn dieser ihn aber nicht wissen lässt, wie er agiert, was er vorhat, was der Stand seiner Einarbeitung ist, ist der Vorgesetzte auf die „Gerüchteküche“ angewiesen. Und die ist kaum steuerbar.

Fortschrittliche Arbeitgeber machen sich meist intensive Gedanken um die strukturierte Integration neuer Mitarbeiter und haben in der Regel dafür mit ihrem Personalberater ein klares Konzept erarbeitet. Aber letzten Endes kommt es immer auf den Neuen selbst an: Sein Schicksal als neuer Mitarbeiter liegt also in seiner eigenen Hand. Wenn er sich an die Spielregeln erfolgreicher Integration hält, werden die ersten hundert Tage wie im Flug vergehen.


 

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