Was Touristiker, Hoteliers und Dienstleister für 2022 erwarten

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In 18 Tagen beginnt das neue Jahr – und damit verbunden sind hohe Erwartungen, Hoffnungen und Wünsche. Insbesondere mit dem Wissen um die nun schon fast zwei Jahre andauernden Covid Restriktionen. Doch wie schätzen Touristiker, Hoteliers und Dienstleister die wirtschaftliche Entwicklung für 2022 ein?

Michael Lidl, Geschäftsführender Partner TREUGAST Solutions Group

„Aus unserer Sicht wird ein nur langsam zurückkehrender Umsatz bei steigenden Kosten für Personal, Energie, Ware und Pachten eine Mammut-Aufgabe für Tourismusbetriebe werden. Zugleich führt die schlechte Planbarkeit des Geschäftsverlaufs zu Unsicherheit. Wir gehen von einer sehr hohen Geschäftsdynamik aus: Geschäftsaufgaben und -übernahmen werden zum Alltag gehören. Dennoch sind wir zuversichtlich: Das deutschsprachige Europa profitiert von stabilen politischen Verhältnissen und verhältnismäßig hohen Förderprogrammen. So konnten große Pleitewellen bislang verhindert werden. Es bleibt aber abzuwarten, wie viele touristische Unternehmen wieder auf eigenen Beinen stehen können, wenn die Förderungen zurückgefahren werden.

Von der neuen Regierung wünschen wir uns, dass die gewonnenen Erkenntnisse aus knapp zwei Jahren Pandemie genutzt werden, um einen verlässlichen, einheitlichen und zielgerichteten Rahmen für das Leben mit dem Corona-Virus zu schaffen. Raus aus dem Aktionismus und föderalen Chaos hin zu einem strukturierten Plan aus der Krise: Förderprogramme, die nicht alle drei Monate neu verlängert werden, klare Regeln für den Tourismus, der den Gästen eine höhere Planungssicherheit verschafft und die Akzeptanz der bereits wissenschaftlich belegten Erkenntnis, dass Hotellerie und die speisegeprägte Gastronomie noch nie Treiber der Corona-Pandemie waren oder sind.“

Max C. Luscher, CEO Central and Northern Europe B&B HOTELS

„Wir rechnen mit einer starken Erholung in 2022. Auch Geschäftsreisen, Events und Messen werden zurückkommen. Was jedoch zunächst weiterhin fehlen und deutlich spürbar sein wird, ist die Nachfrage von ‚Übersee‘. Ich gehe davon aus, dass wir viele Übernahmen sehen werden, da die Krise länger andauert und härter ist als zunächst erwartet. Für uns als Anbieter der Budget-Hotellerie blicke ich jedoch positiv in die Zukunft. Wir verkaufen ein kostengünstiges Produkt bei einer gleichzeitig weiterhin guten Nachfrage.

Von der neuen Bundesregierung wünsche ich mir echtes Interesse und Verständnis für die Branche. Es müssen Gespräche auf Augenhöhe geführt werden und es bedarf der Zusage einer klaren und verlässlichen Unterstützung. Viel reden allein reicht aber nicht. Die Politik muss handeln.“

Tina Groth-Müller, CCO Unternehmensgruppe Prinz von Hessen

„Auch wenn wir in den vergangenen zwei Jahren einige Herausforderungen zu meistern hatten, sind wir der Krise mit viel Kreativität in der Schaffung neuer Angebote begegnet. Unsere Hotels in Hessen und Schleswig-Holstein befinden sich in attraktiven Destinationen und wir sind vorsichtig optimistisch, dass sich der Trend zum Urlaub im eigenen Land im Reisejahr 2022 fortsetzen wird. Auch mit unseren Open-Air-Veranstaltungen schaffen wir viele Anreize, Tages- oder Wochenendausflüge zu unternehmen, um unser eigenes Land zu erleben.

Die neue Bundes­regierung möchte sich vermehrt für inländischen Tourismus vor allem im länd­lichen Raum einsetzen und einen Fokus auf Natur­land­schaften und Kultur legen. Dieses Vorhaben begrüßen wir sehr und auch erste Ideen, die Gewinnung ausländischer Fachkräfte für die deutsche Tourismusbranche durch den Abbau bürokratischer Hürden zu erleichtern.“

Torsten Haase,Vorstand Vertrieb, Marketing & Operations ERGO Reiseversicherung 

„Für das erste Quartal 2022 rechnen wir zunächst mit Zurückhaltung der Kunden bei den Reisebuchungen. Wir gehen aber davon aus, dass es im Vergleich zu 2020 zu einem deutlich früheren Anziehen der Nachfrage kommt. Wir stellen uns auf eine noch länger anhaltende Zeit der Pandemie ein und müssen weiterhin mit hoher Anpassungsfähigkeit das Geschäft steuern. Zumal der aus der Verunsicherung wieder entstandene ‚Last-Minute-Trend‘ auch 2022 dominieren wird. Von der neuen Regierung unter Kanzler Olaf Scholz wünschen wir uns zum einen eine konsequente Politik zur Eindämmung der Pandemie, zum anderen die Fokussierung auf die Erreichung der Klimaziele im Einklang mit wirtschaftlicher Stabilität.“

Johannes Fuchs, Head of New Business Robotise AG

„Wir sehen dem nächsten Jahr mit Optimismus entgegen: Wie in den vergangenen Sommern wird sich spätestens dann die pandemische Lage hoffentlich verbessern und damit auch der Tourismus erholen. Digitalisierung und Robotik nehmen in der Hotellerie zunehmend an Fahrt auf. Für 2022 verzeichnen wir eine große Nachfrage für unseren Serviceroboter JEEVES als Antwort und Lösung für die dort stark gestiegene Personalknappheit. Wir sind überzeugt, das Hotels ihren Gästen mit automatisierten Dienstleistungen und einem außergewöhnlichen Service positiv überraschen können. Und wir möchten den Fachkräften mit JEEVES wieder mehr Zeit für die persönliche Betreuung ihrer Gäste schenken. Gegenüber der neuen Ampel-Regierung und den Ministerinnen und Ministern erhoffen wir uns, dass sie diesen Themen – Digitalisierung und Robotik – offen gegenübersteht.“

Dr. Michael Braun, Vorstand Tourismusverband Ostbayern e.V.

„Echte Begegnungen, authentische Erlebnisse und soziale Wärme gehören zum Tourismus genauso wie technische Innovationen und digitale Entwicklung. Alles muss im Gleichgewicht bleiben, denn die Tourismusakzeptanz der Bevölkerung spielt eine immer größere Rolle im touristischen Handeln. Im Bereich technische Innovationen und digitale Entwicklung setzen wir vom Tourismusverband Ostbayern auf die Onlinebuchbarkeit von Unterkünften und von Erlebnissen. In Bezug auf Nachhaltigkeit wollen wir die Rahmenbedingungen langfristig so justieren, dass den Gästen ein nachhaltig erholsames Urlaubserlebnis ermöglicht wird. Gleichzeitig planen wir, den Lebensraum der Einheimischen touristisch weiterzuentwickeln, aber nicht über Gebühr zu beanspruchen. Unsere regionale Wertschöpfung ist in drei Bereichen zu sehen: ökologisch, ökonomisch und sozial. Wir wollen eine solide Basis in jeder Hinsicht erzielen, denn es geht nicht um Verzicht, sondern um unser aller Lebensqualität. Im Rahmen des Sonderförderprogramms ‚Fit für die Zukunft‘ der Bayerischen Staatsregierung beschäftigen wir uns mit der Installation von E-Ladepunkten, Besucherstromlenkung und Investitionen in die Zukunft. Bayern setzt viel daran, um Trendsetter und Vorreiter im Tourismus zu bleiben.“

Thomas Jahn, Geschäftsführer Bayerischer Heilbäder-Verband e.V.

„Wir gehen für das Jahr 2022 von einer Verbesserung aus. Wichtig ist für uns, dass die pandemische Lage in Deutschland beherrschbar und die gesamte Wirtschaft stabil bis positiv bleibt. Die Chancen der Heilbäder und Kurorte sind insgesamt gut bis sehr gut, denn unsere Themen Gesundheit und Erholung sind sehr aktuell und die Einrichtungen in unseren Orten bestens geeignet, um Kunden sehr gut mit Therapien zu versorgen beziehungsweise sich gut zu entspannen. Wir brauchen aber die passenden Rahmenbedingungen: Stabile Vorgaben für die anhaltende Pandemie, das heißt, 2G für alle Bereiche ohne Ergänzungen und Ausnahmen.

Von der neuen Bundesregierung wünschen wir uns vor allem die Sicherung des Gesundheitssystems und eine Stärkung der Prävention. Der Abbau von Bürokratie gegenüber Anbietern von Gesundheitsleistungen sowie Versicherten und eine bessere Vernetzung der Kostenträger muss Ziel der neuen Regierung sein – das sorgt für effizientere Strukturen und ein größeres Wohl der Versicherten.“

Michael Gerber, Geschäftsführer GaPa Tourismus GmbH

„Aktuell beobachten wir in Garmisch-Partenkirchen Stornierungen für die Wintersaison 2021/22, die unsere Partner möglicherweise in eine schwierige wirtschaftliche Situation bringen könnten. Wie sich das Jahr 2022 insgesamt gestaltet, muss sich erst zeigen – hier sind zu viele Unwägbarkeiten im Spiel. Gerade deshalb verfallen wir nicht in Lethargie. Worauf es jetzt ankommt, ist es, uns auf eine Post-Covid-Zeit vorzubereiten. Die Erwartungen und Ansprüche der Gäste werden sich aller Voraussicht nach ändern und Themen wie Nachhaltigkeit, Barrierefreiheit, Gesundheit bekommen eine stärkere Bedeutung. Wir haben die vergangenen Monate intensiv genutzt, um einerseits Handlungsfelder für einen zukunftsfähigen Tourismus in Garmisch-Partenkirchen zu identifizieren und andrerseits, um die GaPa Tourismus GmbH weiterhin schrittweise in eine moderne Destinationsmanagementorganisation umzuwandeln. Von der neuen Bundesregierung wünsche ich mir vor allem Augenmaß und wirtschaftliche Unterstützung auch ohne harten Lockdown und administrative Hürden.“

Michael Feuerstein, Geschäftsfeldleiter Kultur & Tourismus Familie Maisel und Geschäftsführer Bayreuther Bier-Erlebniswelt

„Wir schätzen die Entwicklung für unsere fränkische Region im kommenden Jahr als gut ein. Der Tourismus wird deutlich anziehen, wobei wir davon ausgehen, dass sich das Reiseverhalten wieder globaler ausrichten wird. Unsere Zielgruppen sind sehr heterogen. Die, die im letzten Jahr die heimischen Regionen mehr zu schätzen gelernt haben, werden Deutschland auch weiterhin treu bleiben. Die anderen, die sich während der Pandemie besonders eingeschränkt gefühlt hatten, wird es künftig wieder mehr in die Ferne ziehen. Die Menschen sehnen sich nach mehr Erlebnissen und gemeinsamen Momenten, daher sehen wir für uns einen klaren Vorteil gegenüber anderen Destinationen. Auf unserem Brauereigelände in Bayreuth trifft Handwerk auf Genuss, Tradition auf Innovation und historische Gemäuer auf moderne Street Art Kunst. Von der neuen Regierung erhoffen wir uns für den Tourismus klare Regeln und Möglichkeiten, die Planungssicherheit bieten.“

Jens Huwald, Geschäftsführender Gesellschafter Wilde & Partner Communications GmbH

„Wir blicken mit sehr viel Neugierde und Optimismus auf das neue Jahr, denn wir sehen, dass in der Gesellschaft und in der Wirtschaft eine große Nachfrage nach klarer und transparenter Kommunikation herrscht. Verstärkt wird dies aktuell durch den europaweiten ‚war for talents‘, der das Recruiting quer durch alle Industrien vor enorme Herausforderungen stellt. Unternehmen entdecken Employer Branding und Corporate Communications und hier ist noch viel Luft nach oben. Um dieses Potenzial zu nutzen gehört aber auch, den Unternehmen das Zutrauen in ihr unternehmerisches Handeln wieder zurückzugeben.

Daher wünschen wir uns von der neuen Regierung ein schnelles und unbürokratisches Vorangehen, was einerseits den Ausbau der Digitalisierung betrifft und andererseits zukunftsfähige Veränderungen für Schulen und weiterbildende Institute angeht. Nur so können wir im internationalen Wettbewerb bestehen.“


 

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