Forscher erkundet Kochkünste der Dresdner Hofküche

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Dresden erinnert in diesem Jahr an eine «Jahrhunderthochzeit» und schaut dabei auch in die Kochtöpfe der damaligen Zeit. Als Kurprinz Friedrich August II. und Kaiser-Tochter Maria Josepha vor 300 Jahren den Bund der Ehe schlossen, wurde in Dresden vier Wochen getafelt und gefeiert. Der Historiker Josef Matzerath von der TU Dresden erforscht die Kochkünste der Sachsen schon seit Jahren und hat dazu mehrere Publikationen vorgelegt. Der

62 Jahre alte Rheinländer attestiert der Hofküche europäisches Spitzenniveau. Viele der kulinarischen Geheimnisse sind in der Sächsischen Staats- und Universitätsbibliothek aufbewahrt, die einen Bestand an Kochbüchern von der Renaissance bis ins 18. Jahrhundert besitzt.

Schon um das Jahr 1600 herum waren in der Küche etwa 40 Leute angestellt, von denen einige aber auch Silber putzen oder das Geschirr pflegen mussten. Matzerath spricht mit Hochachtung davon, wie die damaligen Hofköche die Logistik bei der Ausrichtung kurfürstlicher Tafeln bewältigten. Um die Gäste bei großen Festen - zur Vermählung des Kronprinzen erschienen etwas 1200 Personen - zu bewirten, mussten Zutaten wie Rinder, Hirsche oder Rebhühner de facto «just in time» angeliefert werden, denn Kühlmöglichkeiten gab es damals kaum.

Die Beschränkung führte zu dem, was sich heute viele Ernährungsexperten auch für die Gegenwart wünschen: zu einer regionalen und saisonalen Küche, die einheimische Produkte und Zutaten der Saison nutzt. «Um das Jahr 1700 ist alles Bio», sagt Matzerath, auch wenn nicht alles aus Sachsen stammt. August der Starke trank mit Vorliebe Wein aus Frankreich, vom Rhein oder aus Franken. Der sächsische Wein wurde eher in der Hofküche verkocht.

Auch ein Austern-Express von der Nordsee machte an der Elbe in Dresden Station.

Doch der allergrößte Teil der Nahrungsmittel wie Butter, Käse oder Fleisch ließ sich damals nicht weit transportieren und musste in der Region beschafft werden - das Wild aus den Wäldern des Landes, der Fisch aus den eigens dafür angelegten Teichen in Ostsachsen oder Moritzburg. «Fast alle Speisen in dieser Zeit hängen von der Saison ab, die Möglichkeiten einer Konservierung sind miserabel. Man konnte nichts einfrieren oder in Konservenbüchsen tun», erzählt der Historiker. Man habe zwar trocknen, salzen oder in Zucker einlegen können, aber letzteres sei damals sehr teuer gewesen. «Dennoch wurde Zucker genutzt, um sogenannte Konserven herzustellen - Früchte, die ihren Geschmack auch außerhalb der Saison behielten.» Die Genueser Früchte hätten damals als purer Luxus gegolten und die Zuckerbäcker zu den am besten bezahlten Leuten am Hof gehört.

Um die Saison für Obst und Gemüse «auszutricksen», waren die barocken Ahnen erfindungsreich. Eine wärmespendende Schicht Mist unter der Erde diente dazu, den Spargel auch mal im zeitigen Frühjahr austreiben zu lassen. Mit der Pflanzung unterschiedlicher Apfelsorten versuchte man, eine möglichst große Zeitspanne für die Ernte zu haben. Geschmacklich lebte die höfische Barockküche jedoch in einer anderen Welt. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts kombinierte man das Aroma von Fleisch mit Gewürzen. Seither bilden sie in der europäischen Küche nur noch den aromatischen Hintergrund.

Während es am Hof selbst in mageren Jahren immer satt zu essen gab, mussten die einfachen Leute im Land des Öfteren darben. Matzerath geht davon aus, dass sie Fleisch allenfalls gerochen haben. «Das 18.

Jahrhundert ist das Jahrhundert des Hungers.» Es ist jene Zeit, als man Mais und Kartoffeln aus Südamerika zu einer europäischen Speise macht. Beide Feldfrüchte sind auf der gleichen Fläche viel ertragreicher als die bis dahin dominierenden Getreidesorten. Am Anfang wurden die als minderwertig eingeschätzten Kartoffeln nur an die Schweine verfüttert.

Matzerath hat zur «Produktküche» des sächsischen Hofes mehrere Bücher herausgegeben. Damit verbindet er auch die Hoffnung, dass Verbraucher wieder mehr zu Nahrungsmitteln der Saison und aus der Region greifen.

Angesichts der aktuellen Klimadebatte scheint es ohnehin mehr als fragwürdig, warum Forellen aus Chile oder Äpfel aus Neuseeland in deutschen Läden zu finden sind. Befürworter einer Saisonküche verweisen noch auf einen anderen Aspekt. Wenn nicht alles ständig verfügbar ist, gebe es auch Vorfreude auf die Erdbeer- oder Spargelsaison.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) mit Sitz in Bonn rät gleichfalls zu regionalen und saisonalen Waren. Sie sind häufig preiswerter und haben eine bessere Umweltbilanz, sagt DGE-Sprecherin Antje Gahl. Auch Gemüse und Obst mit Macken und Flecken würden den Verbraucher gut mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgen. Was nicht so schön aussieht, kann man immer noch prima zu Suppen oder Smoothies weiterverarbeiten: «Es zählen sowieso nur die «inneren Werte». (dpa)


 

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