Sägemühle: Fränkischer Gasthof verzichtet komplett auf Alkohol

| Gastronomie Gastronomie

Ein Bach plätschert vor sich hin, ringsum thronen Felsen. Idylle pur in Großenohe, einem kleinen Dorf inmitten der Fränkischen Schweiz bei Nürnberg. Ein Gasthof mit Biergarten passt hier perfekt rein. Seit fünf Jahren betreiben Kerstin Gößl und ihr Mann Vladimir die Gaststätte «Zur Sägemühle» in dem Ortsteil von Hiltpoltstein. Doch ihr Betrieb unterscheidet sich von den vielen Biergärten, wie man sie in Franken kennt, wo Bier einheimischer Brauereien gezapft und nach dem Essen schon mal ein Schnaps gereicht wird. Seit einigen Wochen haben die Wirtsleute den Alkohol komplett verbannt. Bier, Wein, Secco - alles ist nur noch alkoholfrei zu haben.

Der Grund ist sehr persönlich. Offen erzählt Kerstin Gößl von der Alkoholkrankheit ihres Partners. Der Stress in der Gastrobranche, der immer verfügbare Alkohol - irgendwann sei es nicht mehr gegangen. Anfang des Jahres machte er einen Cut, ging in die Entgiftung. Danach war die Frage: Wie weitermachen? Für das Paar gab es nur eine Lösung - die Gastwirtschaft weiter betreiben, aber ohne alkoholhaltige Getränke. «Der Alkohol ist weg, wir arbeiten weiter. Wir hatten nur diese Option.» 

Muss ein Wirt «trinkfest» sein?

Jahrelang habe es ja geheißen: Ein Wirt müsse trinkfest sein, sagt Gößl. Es werde so getan, als sei Alkoholkonsum normal - «ist es aber nicht.» Ihr Mann ist mit seiner Erkrankung nicht allein. Beim Bundesgesundheitsministerium heißt es: «7,9 Millionen Menschen der 18- bis 64-jährigen Bevölkerung in Deutschland konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form.» 

Die bisherigen Erfahrungen vor allem an den ersten Sonntagen mit schönem Wetter in diesem Jahr geben Gößl recht - der Biergarten war voll: «Vor allem viele junge Leute waren da.» Für die kommenden Wochen hat sie Voranmeldungen für Familienfeiern wie Taufe, Konfirmation, Kommunion. 

Inzwischen bekommen die Wirtsleute aus vielen Regionen Kostproben alkoholfreier Biere oder anderer Getränke ohne Alkohol zugeschickt. Gerade packt Gößl ein Paket aus - alkoholfreies Weißbier, auch noch glutenfrei. Denn nicht nur die Getränkekarte ohne Alkoholisches unterscheidet den Gasthof von vielen anderen Wirtschaften der Region: Hier gibt es auch glutenfreie und laktosefreie Gerichte. Und vegane Alternativen wie Soja-Gulasch. 

Vor allem in den sozialen Netzwerken kassieren die Wirtsleute durchaus auch negative Kommentare für ihr Konzept, wie sie selbst sagen. Die resolute Wirtin lässt sich davon aber nicht beirren, liest die Kommentare laut vor, schüttelt den Kopf - und macht weiter. 

Alkoholfreier Sekt ist gefragt

Aufsehen erregt das Konzept der «Sägemühle» vermutlich auch deshalb, weil in der Fränkischen Schweiz alkoholhaltige Getränke in der Tourismuswerbung eine große Rolle spielen - die Tourismuszentrale bewirbt auf ihrer Homepage offensiv die «Bierwochen» und die «300 Traditionsdestillerien»; Bierwanderwege führen von einer Brauerei zur nächsten.

Doch Bier ohne Alkohol und auch alkoholfreier Sekt gewinnen in den jeweiligen Branchen immer mehr an Bedeutung. Ende Februar teilte der Verband Deutscher Sektkellereien mit, dass immer häufiger Varianten ohne Alkohol gefragt sind bei der Kundschaft. 2023 kauften die Deutschen demnach rund 18 Millionen Flaschen «schäumende Getränke aus entalkoholisiertem Wein». Das waren etwa 1,5 Millionen Flaschen mehr als im Jahr zuvor. Damit erreichten alkoholfreie Sparklingvarianten nach Verbandsangaben einen Marktanteil von 7,4  Prozent und gegenüber 2022 einen Absatzzuwachs von 9,7 Prozent. Und der Deutsche Brauer-Bund erwartet, dass schon bald jedes zehnte in Deutschland gebraute Bier alkoholfrei sein wird. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Fast jede Bar präsentiert heute Getränke, die eine einzigartige, unverwechselbare Unterschrift (engl. «Signature»), sprich Rezeptur, tragen. Zwei Berliner Bars verraten, wie sie auf ihre ganz eigenen «flüssigen Unterschriften» gekommen sind und wie man sie selbst mixt.   

Relais & Châteaux startet einen kollektiven Appell zum Erhalt der biologischen Vielfalt der Meere. Der Verband, dessen Mitglieder 800 Restaurants mit 370 Michelin-Sternen betreiben, setzt sich gemeinsam mit Ethic Ocean für den Erhalt der Meeresressourcen ein.

Am 23. April haben insgesamt 13 Schülerinnen und Schüler der JRE Genuss-Akademie in Bad Überkingen erfolgreich ihre JRE Zusatzprüfung abgelegt. Im Rahmen ihrer Abschlussfeier wurden die frisch gebackenen Absolventinnen und Absolventen von fünf Köchen der Jeunes Restaurateurs bekocht.

Deutschlands bester Nachwuchskoch 2024 kommt aus Hamburg: Nicolas Schramm hat den Rudolf Achenbach Preis, den Bundesjugendwettbewerb des VKD, gewonnen. Er schlug im Finale die ebenfalls starken Titelaspiranten Jason Kröker und Jenny Stier.

Der Essenslieferant Delivery Hero will sich im Aufsichtsrat neu aufstellen. An der Spitze soll künftig Kristin Skogen Lund stehen. Das Kontrollgremium soll außerdem von sechs auf acht Mitglieder anwachsen.

Wenige Monate nach dem Baustart hat die ECE Marketplaces Richtfest für den neuen „Food Garden“ im Main-Taunus-Zentrum in Sulzbach bei Frankfurt am Main gefeiert. Die Eröffnung ist für das Frühjahr 2025 geplant.

Vor einer Woche fand der Sterne-Cup der Köche in Ischgl statt. Die Köche mit insgesamt 25 Michelin Sternen hatten die Aufgabe, bei einer Art „Schmugglerrunde“ Zutaten für ihre kulinarischen Kreationen zu sammeln. Anschließend traten die Teams zum Live-Cooking an.

Regen, Kälte, Graupelschauer - und auch noch hunderte Magen-Darm-Fälle nach einem Festzeltbesuch. Die erste Wasen-Woche stand unter keinem guten Stern. Das macht sich auch bei den Zahlen bemerkbar.

Das Restaurant «Villa Kellermann» in Potsdam wird in wenigen Monaten seine Pforten schließen. Auf der Homepage heißt es, dass Reservierungen noch bis zum 21. Juni 2024 entgegengenommen werden. Danach werde die Villa aus betrieblichen Gründen geschlossen.

Die Kandidatenteams für das Deutschlandfinale des internationalen Gastronomiewettbewerbs “Copa Jerez” stehen fest. Sie werden am 5. Mai in der Allianz Arena gegeneinander antreten und ihre Drei-Gänge Menüs mit passendem Sherry-Pairing präsentieren.