Die Rebellion der Hotels gegen Booking.com

| Hotellerie Hotellerie

Mehr als 10.000 Hotels fordern Schadenersatz von Booking.com. Die Betriebe werfen dem weltgrößten Hotelbuchungsportal vor, sie über Jahre daran gehindert zu haben, günstigere Direktpreise anzubieten. Die Initiative wird von der europäischen Hotelallianz Hotrec und über 30 nationalen Verbänden unterstützt – darunter der Hotelverband Deutschland (IHA).

Koordiniert wird sie von der Stiftung Hotel Claims Alliance, wie Hotrec und der IHA mitteilten. Die Organisatoren sprechen von einer der größten juristischen Auseinandersetzungen der Branche.

Was Hotels vorwerfen

Im Zentrum stehen sogenannte Bestpreisklauseln. Diese verpflichteten Hotels lange Zeit, ihre Zimmer nicht günstiger als auf Booking.com anzubieten – auch nicht auf der eigenen Website. Aus Sicht der Hotelverbände haben solche Klauseln die Preishoheit der Betriebe beschnitten, den Wettbewerb eingeschränkt und Direktbuchungen verdrängt. «Jetzt ist es an der Zeit, gemeinsam aufzutreten und Wiedergutmachung zu fordern», sagte der Generaldirektor des italienischen Verbands Federalberghi, Alessandro Nucara.

Booking.com hingegen widerspricht – inhaltlich wie formal. Zum einen bestreitet das Unternehmen, bislang eine offizielle Klage erhalten zu haben. «Es handelt sich um eine Ankündigung von Hotrec, nicht um eine eingereichte Sammelklage», teilte das Unternehmen auf Anfrage mit. Zum anderen weist Booking.com zentrale rechtliche Argumente der Hotelverbände zurück – insbesondere die Auslegung eines EuGH-Urteils vom September 2024.

Die Schadenersatzforderungen der Sammelklage beziehen sich laut Hotrec auf den Zeitraum von 2004 bis 2024. Die Teilnahme sei für Hotels kostenfrei und risikolos. «Die Sammelklage erfährt einen überwältigenden Zuspruch», sagte IHA-Hauptgeschäftsführer Markus Luthe. Wegen der großen Resonanz sei die Anmeldefrist bis zum 29. August verlängert worden.

Hier zu einem Interview zu dem Thema mit Markus Luthe bei Radio Eins: https://www.radioeins.de/programm/sendungen/mofr1013/_/sammelklage-reiseportal-booking-hotels.html

Was der EuGH entschied

Die Hotelverbände stützen ihre Forderungen auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom September 2024. Darin stellte der EuGH klar, dass Preisbindungsklauseln grundsätzlich gegen das EU-Wettbewerbsrecht verstoßen können, abschließend klären muss den Fall aber ein Amsterdamer Gericht. Eine generelle Zulässigkeit solcher Klauseln lehnten die Richter am EuGH ab - und stärkten damit vielen Hotels den Rücken.

Booking.com teilt weiter mit, die Plattform sei für Hotels ein freiwilliger Vertriebskanal. «Jeder unserer Unterkunftspartner kann seine Vertriebs- und Preisstrategie frei gestalten und seine Zimmer überall anbieten, wo er möchte.» Man unterstütze Hotels mit Marketing, Technologie und globaler Sichtbarkeit, darin liege der Mehrwert.

Deutschland ging voran

Die Debatte um Bestpreisklauseln ist nicht neu. In Deutschland untersagte das Bundeskartellamt bereits 2013 dem Anbieter HRS die Praxis. 2015 folgten Verfahren gegen Booking.com und Expedia. Und 2021 entschied auch der Bundesgerichtshof, dass Bestpreisklauseln von Booking.com nicht mit dem Kartellrecht vereinbar seien.

Eine Anekdote veranschaulicht, wie die Diskussion damals ins Rollen kam: Als Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt in einem Hotel am Chiemsee eine zusätzliche Nacht buchen wollte, verlangte die Rezeption mehr Geld als für die Onlinebuchung. Begründung: Der günstigste Preis darf laut Vertrag nur über das Portal angeboten werden. Wieder zurück in Bonn nahm sich die Behörde die Klauseln vor – mit weitreichenden Folgen.

Seitdem gilt in Deutschland ein anderes Wettbewerbsumfeld. «Wettbewerb auf dem Markt der Ferienunterkünfte ist für Reisende gut, weil er die Vielfalt des Deutschlandtourismus abbildet und im Ergebnis zu günstigeren Preisen führt», sagte Norbert Kunz, Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbands (DTV). Plattformen brächten für Anbieter und Gäste viele Vorteile: «Wichtig ist, dass der Wettbewerb funktioniert und die Regeln für alle gelten.»

Marktmacht bleibt ein Streitpunkt

Ein weiterer Kritikpunkt der Hotellerie ist die Marktmacht großer Plattformen. Laut einer Studie von Hotrec und der Fachhochschule Westschweiz Wallis wurden 2023 europaweit 29,1 Prozent aller Übernachtungen über Online-Buchungsportale (OTAs) abgewickelt. Innerhalb dieses Segments hält die Booking Holdings laut Studie einen Marktanteil von 71 Prozent – in Deutschland 72,3 Prozent. Booking.com verweist dagegen darauf, dass Direktbuchungen mit 50,9 Prozent weiterhin den größten Anteil am Gesamtmarkt ausmachen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Nach kurzer Vorbereitungszeit betreibt die DQuadrat Living GmbH seit dem 17. November nun auch ihr zweites Accor Franchisehaus, das ibis Styles Tübingen, und erweitert damit die Marktpräsenz in der Neckar-Alb-Region.

Kurzzeitvermietung verändert Städte, Märkte und Machtverhältnisse. Was als Sharing-Idee begann, ist heute ein milliardenschweres Ökosystem mit massiven Auswirkungen auf andere Wirtschaftszweige und die Gesellschaft. In ihrem Podcast sprechen Marco Nussbaum und Otto Lindner darüber, warum diese Debatte für die Zukunft der Hotellerie so entscheidend ist.

Die IFA by Lopesan Hotels haben ihre vier deutschen Standorte umfassend modernisiert und starten damit in die neue Saison. Die Überarbeitungen betrafen nach Angaben der Hotelgruppe unter anderem die Ausstattung und das Design in Lobbys, Restaurants, Bars, Zimmern, Spas und Tagungsräumen.

Die auf Seniorenresidenzen spezialisierte „Schönes Leben Gruppe“ erweitert ihr Geschäftsfeld und wird künftig auch im Hotelgewerbe tätig. Am Niederrhein hat das Unternehmen den traditionsreichen Hotel Krefelder Hof übernommen. Ein neues Gebäude soll Hotel und Seniorenresidenz vereinen.

Die Dertour Group Hotel Division erweitert ihr Markenportfolio und nimmt zur Sommersaison 2026 insgesamt sieben neue Häuser in ihr Angebot auf. Die Expansion stärkt die Präsenz der Marken ananea, Sentido und Calimera, insbesondere in wichtigen Destinationen rund um das Mittelmeer.

Der Hotelverband Deutschland (IHA) hat einen neuen Podcast ins Leben gerufen, der sich an die deutsche und europäische Hotellerie richtet. Als Gastgeber fungieren die beiden IHA-Vorstandsmitglieder Otto Lindner und Marco Nussbaum.

Gäste in Essen können ab dem ersten Quartal 2026 im neuen Spark by Hilton Essen übernachten: Signo Hospitality Essen hat das bisherige Intercity Hotel in der Hachestraße übernommen. Das Haus wird in den kommenden Monaten renoviert und in die Budget-Marke von Hilton umgewandelt.

Steigenberger hat in diesem Jahr das 95-jährige Bestehen mit einer Reihe von Veranstaltungen gefeiert. Den Höhepunkt der Feierlichkeiten bildete die Wiedereröffnung des Steigenberger Icon Europäischer Hof Baden-Baden.

Der in London börsennotierte Luxusimmobilienentwickler Dar Global und die Trump Organization haben die Weltpremiere des Trump International Hotel Maldives sowie den Start des ersten tokenisierten Hotelentwicklungsprojekts der Welt bekannt gegeben. Die Eröffnung der Anlage auf den Malediven ist für Ende 2028 geplant.

Seit Jahren ruhen die Bauarbeiten an dem als Luxushotel „The Diaoyutai Mansion Frankfurt“ konzipierten Projekt in Frankfurt-Niederrad. Die Bauherrin, die Huarong Deutschland GmbH, sucht einen Investor. Währenddessen hat die Stadt Frankfurt den Kontakt zur Pächterin verloren.