EM-Fieber im Golfresort Weimarer Land

| Hotellerie Hotellerie

Vom Fenster seines Dienstzimmers hat Jens Kramer, Bürgermeister von Blankenhain in Thüringen, einen überdimensionalen Fußball mit dem Logo des europäischen Fußballverbands UEFA im Blick. 300 Meter weiter stadteinwärts haben Gärtner einen Fußballgruß vor das mittelalterliche Schloss gepflanzt: ein zum englisches Georgskreuz gestaltetes rot-weißes Blumenbeet und ein Beet in den deutschen Nationalfarben. 

Das Städtchen im Weimarer Land freut sich auf die Fußball-Europameisterschaft. Hier machen vor und während der EM zwei Top-Teams Station. Am kommenden Sonntag (26. Mai) schlägt das DFB-Team ein fünftägiges Trainingslager im Golfresort Weimarer Land auf, bevor Mitfavorit England am 10. Juni dort sein EM-Quartier bezieht.

Neben Brandenburg mit dem in Neuruppin einquartierten Team Kroatiens ist Thüringen das einzige ostdeutsche Bundesland, in dem ein EM-Teilnehmer wohnen wird. Für die 6700-Einwohner-Stadt südlich von Weimar, den Landkreis und das Land ist dies ein Glücksfall. Sie wollen die Region von der gastfreundlichen, weltoffenen Seite zeigen, mithilfe der EM den Tourismus ankurbeln und auch international agierenden Thüringen Wirtschaftsunternehmen eine Marketingbühne geben. 

«Schon die mediale Begleitung des Fußball-Trainingslagers der deutschen Nationalmannschaft bietet eine hervorragende Möglichkeit, den Freistaat Thüringen zu vermarkten», erklärt Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD).

«Die Fußballlaune steigt von Tag zu Tag», berichtet Bürgermeister Kramer. Das zeige sich zunehmend auch im Stadtbild. Der 47-jährige CDU-Kommunalpolitiker erzählt vom Sportplatz des örtlichen Fußballvereins Grün-Weiß, der für die EM gemäß UEFA-Vorgaben hergerichtet wurde. Den Schlossvorplatz haben Baufirmen fit gemacht für die tonnenschweren Übertragungswagen der Fernsehsender, das Schloss wird zum Medienzentrum für Hunderte Journalisten hergerichtet. Auf dem Schwimmbad-Parkplatz soll eine 2000 Quadratmeter große Fanmeile entstehen. Das Golfhotel wird allerdings für Neugierige und Anhänger geschlossen sein, während die Teams dort residieren. 

Den EM-Coup verdankt Blankenhain einem Sauerländer. Der Unternehmer Matthias Grafe kam 1990 nach Thüringen und gründete wenig später in Blankenhain eine Firma, die heute mit 600 Beschäftigten als Zulieferer unter anderem von Farbstoffen für die Kunststoffindustrie europaweit unterwegs ist. 

Für sein zweites Standbein, das 2013 auf dem Gelände eines früheren landwirtschaftlichen Guts eröffnete, abgeschieden gelegene Golfresort Weimarer Land  – 94 Zimmer, 45-Loch-Golfplatz, Sternerestaurant, 160 Mitarbeiter – habe Grafe Schritt für Schritt das Interesse von Fußballklubs geweckt, erzählt der bekennende Schalke-04-Fan. «Das erste Team war 2015 Werder Bremen.» Auch die Glasgow Rangers und Queens Park Rangers seien schon zu Gast gewesen, bevor DFB und Engländer für die EM zusagten.

Die Kombination Golf und Fußballplatz mit gutem Rasen in abgeschiedener Lage sei das, was Fußballprofiteams anziehe, so der 58-Jährige. Er hat nach eigenen Angaben 1,8 Millionen Euro in Sportanlagen auf dem rund 400 Hektar großen Gelände für die EM investiert hat.

Das Land Thüringen hat ebenfalls investiert. Laut Wirtschaftsministeriums fließen rund 1,5 Millionen Euro unter anderem in die Sanierung des städtischen Sportplatzes, die Umgestaltung des Schlossvorplatzes und das Medienzentrum. 

Das kommt an bei Einheimischen. «Die EM ist ein Geschenk für die Stadt», findet Bernd Göltzner, der bei den Alten Herren von Grün-Weiß kickt. «Ohne die EM hätten wir den neuen Sportplatz nicht oder nicht so schnell bekommen», meint die Verkäuferin Jenny Köhler. Wegen der langfristigen Effekte sei die Stimmung unter den Einheimischen überwiegend gut, schätzt Bürgermeister Kramer ein. «Jeder Stein bleibt ja bei uns.»

Doch erst mal wollen die Blankenhainer die EM genießen – möglichst lange mit dem englischen Team um deren Stars Harry Kane (Bayern München) und den Ex-Dortmunder Jude Bellingham (Real Madrid). «Wenn ich mir das Finale aussuchen könnte, wäre das England – Deutschland», gibt Kramer zu. 

Dies ist auch die Wunschkonstellation von Matthias Grafe: «Damit wir wieder eine positive Stimmung bekommen in diesem so gespaltenen Land.» So wie es beim WM-Sommermärchen 2006 gewesen sei. (dpa)


Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Hotellerie steht vor einer Phase tiefgreifender Veränderung: Märkte schwanken, Kosten steigen, das Reiseverhalten verschiebt sich spürbar – und technologische Entwicklungen verändern, wie Gäste Reisen planen. In dieser Situation mahnt Philipp Ingenillem, Gesellschafter von Online Birds, zu Weitblick und Haltung. Ein Gastbeitrag.

Im Naturresort & Spa Schindelbruch im Harz ist ein neuer 25 Meter langer Natursteinpool in Betrieb genommen worden. Zur offiziellen Einweihung schwamm der Olympiasieger Lukas Märtens die ersten Bahnen im ganzjährig beheizten Becken. Das Wellnesshotel in Alleinlage gilt als Vorreiter bei der kompensierten CO₂-Bilanz.

In Friedrichshafen am Bodensee könnte ein B&B-Hotel mit 96 Zimmern entstehen. Die Pläne für das Bauvorhaben wurden dem Gestaltungsbeirat der Stadt in einer öffentlichen Sitzung präsentiert. Das Projekt befinde sich derzeit in einer frühen Phase, vergleichbar mit einer Machbarkeitsstudie.

Nach dem Insolvenzverfahren der Lindner Hotels AG kehrt das Parkhotel Oberstaufen in die Hand der Gründerfamilie zurück. Der Enkel des Gründers übernimmt das Haus in Oberstaufen, das ab dem 1. Juli 2025 nicht mehr zur Lindner Hotel Group gehört, und richtet es neu aus. Ein erfahrener General Manager ist für die operative Führung des 87-Zimmer-Hotels verantwortlich.

Das Flushing Meadows Hotel beendet nach zwölf Jahren seinen Betrieb in München. Das Haus, das durch seine Dachterrasse, sein Design und unkonventionellen Gästezimmer bekannt wurde, bleibt noch bis zum 20. Dezember geöffnet. Danach ist endgültig Schluss.

Rocco Forte Hotels hat die Eröffnung eines zweiten Standorts in Apulien bekanntgegeben. Die Masseria del Cardinale soll im Jahr 2028 in Fasano an den Start gehen und das Italien-Portfolio der Gruppe ergänzen.

Meliá Hotels erweitert das eigene Portfolio an Luxus- und Lifestyle-Marken und hat für das Jahr 2026 insgesamt 23 neue Hoteleröffnungen bestätigt. Die Expansion erstreckt sich über Südostasien und Südamerika bis nach Europa und in den Indischen Ozean.

Der Hotelkonzern Accor plant für das Jahr 2026 die Eröffnung von rund 350 neuen Häusern weltweit. Auch in der DACH-Region kommen ein paar Häuser hinzu. Mit dem Wachstum früherer Jahre ist der Ausbau der Geschäftstätigkeiten hierzulande allerdings nicht zu vergleichen.

Die PKF Hospitality Group hat die Hotelgruppe B&B Hotels offiziell als die schnellstwachsende Hospitality-Marke Europas für das Jahr 2025 ausgezeichnet. Die Ehrung unterstreiche die Position der Gruppe im Budget- und Economy-Segment sowie deren Rolle als Impulsgeber im europäischen Value-for-Money-Markt.

Die europäische Kollektion unabhängiger Boutiquehotels Quality Lodgings vergrößert ihr Portfolio um acht neue Häuser. Damit wächst die Sammlung auf insgesamt 126 Hotels in acht Ländern. In Deutschland umfasst die Kollektion nun 30 Adressen.