Gastbeitrag zu digitalen Hotelkonzepten: Gekommen, um zu bleiben

| Hotellerie Hotellerie

Die Corona-Pandemie hat das Gastgewerbe erschüttert. Der bereits zweite Lockdown hat zu signifikanten Umsatzeinbrüchen geführt, auch die Großen der Branche stehen mittlerweile zunehmend unter Druck. Denn das traditionelle Hotelkonzept ist in derartigen Krisenzeiten schlichtweg nicht umsetzbar – vor allem die hohen Fixkosten sind eine Belastung. Die Umsatzeinbußen der Hotellerie betrugen bereits im vergangenen Jahr rund 20 Milliarden Euro – und noch ist keine Erleichterung in Sicht. Um wieder für Gäste öffnen zu können und langfristig erfolgreich zu wirtschaften, müssen sich die Hotelbesitzer mit neuen Konzepten und Lösungen auseinandersetzen. Und die sind digital.

Klassische Modelle zeigen Schwächen

Auch als Beherbergungsbetriebe unter Auflagen strenger Hygienekonzepte wieder öffnen durften, blieben viele Hotels geschlossen. Der Grund? Der Betrieb lohnt sich nur bei der üblichen Auslastung von mindestens 60 Prozent, um zumindest die Fixkosten tragen zu können. Denn allein die Personalaufwendungen klassischer Hotelbetriebe belaufen sich auf bis zu 40 Prozent der Gesamtkosten. Auch die Immobilien selbst sind ein Kostenpunkt. Besonders große Hotels weisen eine Flächeneffizienz von nur rund 65 Prozent auf, zusätzlich sind die Vorlaufzeiten bis zur Inbetriebnahme sehr lang. Nicht selten dauert es Jahre, bis die ersten Gäste im Haus empfangen werden können, währenddessen jedoch bereits Mieten gezahlt werden müssen. Hohe Ausgaben stehen also überdurchschnittlich lange fehlenden Einnahmen gegenüber. Dieses Modell zeigt besonders in der Krise seine Schwächen, wenn zahlende Gäste fehlen oder zu wenige die Häuser besuchen dürfen.

Kleinere Betriebe hingegen sind gerade in der Krise im Vorteil: Ihr Modell bietet aufgrund seiner geringen Größe mehr Flexibilität, die Fixkosten sind erheblich geringer. Die Betriebe konnten ihren Fokus in der Krise schnell auf Long-Stay-Vermietungen legen, ihre Zielgruppenansprache kurzfristig anpassen und ihre Kosten so nicht nur decken, sondern sogar Gewinne erzielen. Möglich wurde diese ungewöhnliche Entwicklung vor allem durch die Nutzung digitaler Konzepte.

Mit digitalisierten Hotelkonzepten in die Zukunft

Vollständig digitale Betriebskonzepte automatisieren alle herkömmlichen Prozesse eines Hotelbetriebs, von der Preissetzung über Buchungsmanagement, Check-in, Reinigung und Customer Service bis hin zur Rechnungserstellung. Das macht sie kontaktlos – ein unschlagbarer Vorteil während der Corona-Pandemie. Auch das Modell des Anbieters Limehome ist darauf ausgelegt. Sogenannte Serviced-Apartment-Anbieter bieten ihren Kund*innen eine komplett digitalisierte Customer Journey. Das sorgt für Effizienzgewinne im Betrieb und in der Flächennutzung der Standorte. Dies wiederum macht sowohl die schnelle und flächenmäßige Eröffnung als auch den profitablen Betrieb kleinerer Standorte möglich. Auch beim Komfort gibt es dadurch ein Upgrade: Die freiwerdenden Ressourcen werden in die Design-Apartments investiert, die die Qualitätsansprüche eines 4*-Standard-Hotelzimmers erfüllen, aber günstiger angeboten werden können. Zu Hochzeiten der Corona-Pandemie im vergangenen Jahr, als der Reisemarkt um fast 90 Prozent einbrach, waren die Limehome-Apartments aufgrund des kontaktlosen, voll-digitalisierten Hotelkonzepts daher weiterhin geöffnet und gut ausgelastet.

Wer „All-in“ digital geht, setzt jedoch nicht nur im laufenden Hotelbetrieb auf technologische Lösungen. Bereits der Auswahlprozess von Standorten und Objekten kann datengetriebenen Mustern folgen. Mithilfe von Machine Learning können die Marktnachfrage und das konkurrierende Angebot exakt bestimmt werden. Die Abhängigkeit des Standorts von Saisonalität, Anzahl und Art von Veranstaltungen, Auslastung anderer Hotels oder auch die Zahl von Geschäftsreisenden sind dabei wichtige Faktoren, ebenso die Lage der zu akquirierenden Immobilie und das konkurrierende Angebot in unmittelbarer Nähe. Diese Erkenntnisse sollten mit dem persönlichen Erfahrungsschatz von Standortexperten, die zusätzliche Insights liefern können, kombiniert werden. Entscheidungen auf Grundlage derartiger Verfahren erweisen sich als effizient und erfolgversprechend, da menschliche Fehleinschätzungen minimiert werden. Auch Limehome nutzt diese Vorgehensweise und hat sämtliche Prozesse digitalisiert – sowohl jene, die für den Kunden sichtbar sind, als auch jene, die zum Betrieb und zur Standortauswahl wichtig sind.

Was wünschen sich Reisende wirklich?

Auch unabhängig von der aktuellen Krise lohnt sich ein Blick auf die flexiblen, digitalen Konzepte in der Hotellerie: Wer ans Reisen denkt, ist in Gedanken oft bei großen europäischen Städten wie Berlin oder Barcelona. Nicht umsonst liegt der Fokus der Hotellerie auf ebensolchen Metropolen, sie sind bei hohem Tourismusaufkommen in der richtigen Lage besonders lukrativ. Kleinere Städte ohne erkennbares Tourismuspotenzial werden hingegen gern links liegen gelassen. Da die Nachfrage an diesen Orten nicht stark genug ist, lohnt sich ein profitables Betriebskonzept für größere Betriebe dort schlichtweg nicht. Dabei haben diese B- und C-Städte durchaus einen Bedarf an Hotels. Gerade für Geschäftsreisende, die größte Kategorie aller jährlichen innerdeutschen Reisenden, wirkt sich die Situation nachteilig aus. Oft müssen sie Einbußen bezüglich Lage und Preis in Kauf nehmen, weil schlicht kein ausreichendes Angebot an Hotels vorhanden ist. Gerade an derartigen Standorten bietet sich also großes Potenzial für kleinere Dependancen: Der Markt ist weniger umkämpft und digitale Modelle machen es möglich, auch diese Standorte hochprofitabel zu betreiben.

Wer kleiner denkt, kann also nicht nur Kosten sparen, sondern begegnet auch einem immer größer werdenden Trend im Gastgewerbe: Reisenden sind Unterkünfte, die ihren individuellen Ansprüchen besser gerecht werden, immer wichtiger. Studien belegen, dass sie sich nicht einschränken und so flexibel wie möglich sein wollen – und dazu gehört auch, lange Warteschlangen beim Check-In sowie standardisierte Hotelzimmer zu vermeiden. Vielmehr geht es darum, in den Unterkünften ein individuelles, wohnliches Erlebnis zu schaffen. Diese aktive Suche nach Alternativen zum traditionellen Hotel spielt technologiebasierten Modellen die Karten.

Fazit

Das Krisenjahr 2020 und auch die aktuellen Auswirkungen der Pandemie werden die Großen der Branche zum Umdenken bewegen. Denn es wurde deutlich, dass die Digitalisierung des Gastgewerbes durchaus mehr ist als ein bloßer Trend der „jungen Wilden“. Vielmehr kommt sie den sich verändernden Bedürfnissen der Reisenden entgegen und macht einen effizienteren Betrieb möglich. Um weiterhin Schritt halten zu können, kommen viele der alteingesessenen Betriebe um die Implementierung digitaler Lösungen also nicht herum. Denn der Markt wird sich zwangsläufig verändern und technologiegetriebene Hotelkonzepte werden sich weiter verbreiten. Dabei ist es nicht das Ziel, komplette Betriebskonzepte auszutauschen. Im Premiumsegment erwarten Gäste nach wie vor persönliche Betreuung.  Ebenso lassen sich noch nicht alle Serviceangebote eines Premiumhotels vollständig automatisieren. Erste Lösungen sind aber vielversprechend. Deshalb muss ein Umdenken in der Branche stattfinden – vor allem im Bereich der Mittelklassehotels. Um die Implementierung digitaler Komponenten werden die Betreiber*innen nicht herumkommen. Limehome verdeutlicht die boomende Entwicklung anhand seiner Zahlen: Die Hotelalternative ist aktuell an mehr als 65 Standorten in Deutschland, Österreich und Spanien mit mehr als 5.000 monatlichen Gästen vertreten, etwa 40 sollen bis Ende des Jahres dazukommen. In 2020 war das Unternehmen damit das Hotelkonzept mit den zweitmeisten Standorten im deutschsprachigen Raum und zählt zu einem der am schnellsten wachsenden Travel- und Hospitality-Startups Europas.
 
Über den Autor

Dr. Josef Vollmayr ist Co-Gründer und Geschäftsführer des digitalen Hotelkonzepts Limehome. Er verantwortet die strategische Ausrichtung des Unternehmens, die Weiterentwicklung des Produkts, nationale und internationale Expansion, sowie die Bereiche Marketing und Finanzen.

2018 gründete er gemeinsam mit Lars Stäbe Limehome, ein radikal technologiebasiertes Hotelkonzept, das durch eine vollständige Automatisierung aller Prozesse, voll ausgestattete Suiten zu Preisen eines Standard-Hotelzimmers anbieten kann. Dank seines technologiebasierten Modells konnte das Münchner Unternehmen seinen Umsatz inmitten der Krise mehr als verdoppeln und eine weitere Finanzierungsrunde erfolgreich abschließen.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Villa Keller in Saarburg, Rheinland-Pfalz, ist nach umfangreicher Sanierung und Neugestaltung als Boutique-Hotel wiedereröffnet worden. Das Haus, dessen Ursprünge auf das Jahr 1801 zurückgehen, empfängt seit dem 1. November 2025 Gäste. Es gehört zur Erasmus Collection der Gastgeberfamilie Boesen.

Eine aktuelle Marktstudie vergleicht die Hotelstandorte am Starnberger See und Tegernsee und zeigt, wo Investoren und Betreiber die aktuell besten Perspektiven finden. Der Artikel beleuchtet die strukturellen Unterschiede in Angebot und Nachfrage sowie die jeweiligen Investorendynamiken der südbayerischen Destinationen.

Motel One plant mit 128 Zimmern, einer Skybar und einem Tagescafé den ersten Standort in der Bodenseeregion. Das 26 Millionen Euro teure Projekt in Bregenz soll 2029 eröffnen.

Die größte Hotelkette Skandinaviens, Scandic Hotels, hat ihren Expansionskurs in Deutschland fortgesetzt und am 1. Dezember ihr achtes Haus bundesweit eröffnet. Das Scandic Stuttgart Europaviertel liegt zentral in der Stadt und wurde umfassend renoviert.

Die Handwritten Collection setzt ihren Wachstumskurs fort und eröffnet mit dem Blooma Hotel Liège Centre ein neues Haus in Lüttich in Belgien. Das Hotel verfügt über 149 Zimmer, deren Gestaltung sich an den berühmten botanischen Gärten Lüttichs und der Vergangenheit des Gebäudes als ehemaliges Kloster orientiert.

Hyatt setzt im Luxussegment auf eine neue Führungskraft und ambitionierte Expansionspläne. Ein Fokus liegt auf dem internationalen Debüt der Wellness-Marke Miraval im Roten Meer sowie auf Neueröffnungen der Marken Park Hyatt und The Unbound Collection.

Die Luxushotelgruppe Four Seasons kehrt nach 20 Jahren in die deutsche Hauptstadt zurück. Das Unternehmen übernimmt in Partnerschaft mit dem europäischen Hotelentwickler Gruppo Statuto das Management des Hotel de Rome in Berlin-Mitte und wird es nach einer umfassenden Renovierung Ende 2027 als Four Seasons Hotel Berlin wiedereröffnen.

Das Fünf-Sterne-Resort Alpenhof Murnau am Staffelsee steht vor einem Eigentümerwechsel. Peter Inselkammer, Münchner Hotelier und Unternehmer, wird die Immobilie im neuen Jahr übernehmen. Der Betrieb des Resorts wird unter der bisherigen Leitung fortgeführt.

Die BWH Hotels Central Europe und die ipartment GmbH gehen eine neue Partnerschaft ein. Ziel ist es, neue Zielgruppen, Märkte und Marktanteile im Longstay-Segment in Deutschland und perspektivisch in Europa zu erschließen.

Die in Berlin ansässige Amano Group setzt ihren Expansionskurs fort. Das Unternehmen plant, bis zum Jahr 2028 insgesamt acht weitere Hotels zu eröffnen. Die derzeitige Zimmerkapazität soll durch die neuen Projekte um über 1.500 Zimmer erweitert werden.