Die deutsche Immobilienwirtschaft steht laut dem aktuellen Bericht „Immobilienmarkt Deutschland Ausblick 2026“ von Colliers vor einem Jahr der Neuordnung. In diesem frühzyklischen Umfeld gewinnen insbesondere dynamische Segmente wie Hotel, Life Sciences und Data Center an zentraler Bedeutung. Diese Spezialnutzungsarten werden zu den maßgeblichen Wachstumstreibern der Branche. Der Markt zeigt erste Zeichen der Stabilisierung in einem Umfeld, das von strukturellen Faktoren wie Demografie, Globalisierung und ESG (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) geprägt ist. Trotz eines allgemeinen Rückgangs der Neubautätigkeit und eines Höchststands der Leerstandsquoten im Bürosektor wird in fast allen Nutzungsarten eine Belebung erwartet. Spitzenmieten steigen in mehreren Segmenten weiter an.
Felix von Saucken, CEO bei Colliers in Deutschland, betont die Notwendigkeit flexiblen Handelns: „Die deutsche Immobilienwirtschaft befindet sich in einer Phase der Neuordnung – geprägt von geopolitischen Spannungen, höheren Finanzierungskosten und anspruchsvollen regulatorischen Rahmenbedingungen. Zugleich bietet die frühzyklische Marktphase vielfältige Chancen für Investoren, die flexibel agieren und auf Qualität setzen.“
Hotellerie profitiert von Nachfrage und Konversionen
Der Hotelmarkt profitiert 2026 von einer steigenden Inlands- und Auslandsnachfrage. Da neue, klassische Hotelprojekte nur selten realisiert werden, rückt die Office-to-Hotel-Konversion in den Mittelpunkt der Entwicklung. Internationale Marken und Serviced-Apartment-Anbieter treiben die Marktaktivität stark voran. Colliers prognostiziert für das Segment ein Transaktionsvolumen von 1,9 bis 2,2 Milliarden Euro in Deutschland. Diese Verkäufe sind essentiell, um neue Vergleichswerte zu schaffen und den gesamten Markt wieder zu beleben. Parallel dazu entwickeln sich die eng verwandten Spezialsegmente besonders dynamisch: Data Center zählen aufgrund des hohen Infrastruktur- und Rechenleistungsbedarfs digitaler Anwendungen und politischen Rückwinds zu den zentralen Wachstumstreibern, während Life Sciences eine steigende Nachfrage nach Labor- und Forschungsflächen, insbesondere in Clusterregionen wie München, Berlin und Rhein-Neckar, verzeichnen.
Kapitalmarkt: Private Investoren und internationales Interesse
Die makroökonomische Einschätzung stützt sich auf ein moderates Wirtschaftswachstum von rund 1,1 Prozent für 2026 bei gleichzeitig sinkender Inflation und stabiler Beschäftigungslage. Die Kapitalmärkte werden 2026 von privaten Investoren und Family Offices dominiert, welche die Preisabschläge im Core- und Core-Plus-Segment gezielt nutzen. Obwohl institutionelle Anleger noch zurückhaltend sind, ziehen internationale Kapitalströme wieder an, darunter aus angelsächsischen Ländern, Frankreich, Asien und dem Nahen Osten. Alternative Finanzierungen wie Private Debt gewinnen ebenfalls an Bedeutung. Francesca Boucard, Head of Market Intelligence & Foresight Germany bei Colliers, sieht Investoren in einer aktiven Rolle: „2026 wird ein Jahr, in dem Investoren nicht nur auf Marktbewegungen reagieren, sondern die Transformation des Immobilienmarkts aktiv mitgestalten müssen. Private Investoren und Family Offices nutzen die frühzyklische Marktphase gezielt, um hochwertige Immobilien zu attraktiven Konditionen zu erwerben.“
Wohnen und Büro: Divergierende Entwicklungen
Im Wohnungsmarkt verschärft sich das strukturelle Angebotsdefizit weiter. Trotz politischer Initiativen geht die Bautätigkeit zurück. Die prognostizierten 175.000 Fertigstellungen liegen deutlich unter dem Bedarf, während die Zahl der Haushalte wächst. Entsprechend steigen die Mieten in den Metropolen voraussichtlich um mindestens fünf Prozent. Von Saucken bemerkt, dass bei hoher Nachfrage auf dem Investmentmarkt eine leichte Renditekompression bei Objekten jüngeren Baualters absehbar sei. Der Büromarkt zeigt eine klare Zweiteilung: In zentralen Lagen steigen die Spitzenmieten für hochwertige, ESG-konforme Flächen. In peripheren Lagen tendieren die Durchschnittsmieten seitwärts. Die Bruttoanfangsrenditen in den Top 7 werden 2026 voraussichtlich in einer Spanne von 4,25 bis 5,00 Prozent liegen. Francesca Boucard sieht im Jahr 2026 das Ende des Leerstandsanstiegs: „Es ist das letzte Jahr mit einer hohen Projektentwicklungspipeline.“
Logistik und Einzelhandel im Wandel
Der Logistikmarkt wird durch E-Commerce (mit einem Flächenbedarf von über 650.000 Quadratmetern) und den Bereich Defence angetrieben. Gefragt sind strategische Lagen und komplexe, spezialisierte Logistikimmobilien. Der Einzelhandel bleibt von Konsolidierung und verändertem Konsumverhalten geprägt. Gewinner sind Fachmärkte, Lebensmittelhändler und Non-Food-Discounter. Die Innenstädte setzen zunehmend auf Mixed-Use-Konzepte, Services und digitale Formate.
Abschließend fasst Felix von Saucken die Perspektive zusammen: „2026 wird ein Jahr, in dem sich Märkte neu ordnen und Nachfrageprofile verändern. Zugleich eröffnen sich Chancen für Investoren und Marktteilnehmer, die flexibel agieren und frühzeitig auf Wachstumssegmente setzen. In diesem Umfeld werden Resilienz, Effizienz und Zukunftsfähigkeit zu entscheidenden Faktoren für nachhaltigen Erfolg auf dem deutschen Immobilienmarkt.“













