Hotel Alpenhof in Oberstdorf setzt Serviceroboter ein

| Hotellerie Hotellerie

Das Best Western Plus Hotel Alpenhof hat als erster Hotelbetrieb in Oberstdorf einen Serviceroboter im Einsatz. Im Interview erklärt Christine Riegert, wie es dazu kam und was sie sich von dem neuen Helfer versprechen. 

Frau Riegert, Sie setzen in Ihrem Hotel in einer mehrmonatigen Testphase den Servierroboter Bellabot von the-company ein. Ihr Haus ist ein Allgäuer Ferienhotel mit langer Geschichte - warum nutzen Sie Robotik?

Christine Riegert: Dazu muss ich ein wenig den Hintergrund erklären: Die Mitarbeiterproblematik sowie der Fachkräftemangel in Hotellerie und Gastronomie waren ja schon vor Corona ein großes Thema, wurden durch die Krise aber nochmals verschärft. Trotz langer Lockdownzeit – als Ferienhotel ohne Geschäftsreisekunden mussten wir sieben Monate schließen – haben wir zwar das Glück, dass viele und meist auch langjährige Mitarbeiter weiterhin für uns tätig sind. Allerdings ist die aktuelle Mitarbeiterzahl längst nicht ausreichend, um zur kommenden Sommersaison wirklich gut aufgestellt zu sein. Da wir auch in diesem Jahr ein gutes Sommergeschäft erwarten, suchen wir aktuell in allen Abteilungen weitere engagierte Mitarbeiter, die mit Herzblut und all ihrer Aufmerksamkeit für die Gäste da sind. So sind wir in die Robotik-Testphase gestartet: Um unsere bestehenden Mitarbeiter bei ihren Aufgaben zu unterstützen, setzen wir dort wo es möglich ist den Servierroboter ein.

Was versprechen Sie sich davon?

Christine Riegert: Wir wollen in unserem großen Restaurantbereich und dem Service auf Herz und Nieren prüfen, wie das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine aussehen und funktionieren kann, wie gut ein digitaler Helfer unser Personal unterstützen kann, welche Auswirkungen der Einsatz von Robotik in unserem Tagesgeschäft hat, welche Vor- oder Nachteile es dabei gibt und wie wir mit diesem Baustein das große Thema Digitalisierung auch in unserem Hotel weitertreiben können. All dies aber immer unter der Prämisse, dass unsere Gäste keinerlei Einbußen bei Aufmerksamkeit oder Wertschätzung verspüren.

Als familiär geführtes Hotel in einer beliebten Urlaubsregion ist dies recht mutig. Gibt es keinerlei Bedenken beim Thema Robotik vs. Mensch?

Christine Riegert: Eigentlich sehen wir uns vielmehr als Vorreiter in unserer Region – bisher wurde kein Serviceroboter in der Oberstdorfer Hotellerie eingesetzt. Natürlich gibt es immer skeptische Stimmen und Vorbehalte, und es erscheint vielleicht seltsam, dass in einem Ferienhotel wie unserem ein maschineller Mitarbeiter zum Einsatz kommt. Aber ganz ehrlich: Wir müssen gerade in diesen Zeiten auch einfach mutig sein, etwas ausprobieren und eine Entscheidung für den eigenen Betrieb treffen! Und ja, auch ich selbst und meine Familie haben uns zuvor gefragt, ob eine Maschine eine menschliche Leistung ersetzen kann. Doch genau das wollen wir ja nicht, im Gegenteil: Der Roboter soll unsere Mitarbeiter nicht ersetzen, sondern ihnen im Tagesgeschäft helfen, sie in stetig wiederkehrenden Arbeitsabläufen unterstützen, ganz gezielt Arbeit abnehmen und sie auch körperlich entlasten, etwa beim vielen Laufen und schweren Tragen. Das Zusammenspiel bringt zusätzlich eine große Zeitersparnis für unser Servicepersonal, das in unserem Restaurantbereich sehr viele und lange Laufwege bewältigen muss. Genau diese Zeit soll wiedergewonnen und genutzt werden für den wichtigen, persönlichen Service gegenüber unseren Gästen – also für das leidenschaftliche Gastgebersein.

Wie haben Ihre Mitarbeiter die Idee aufgenommen?

Christine Riegert: Wir haben unsere Mitarbeiter ganz offen in die Entscheidung über die technologische Hilfe eingebunden, alle informiert und damit auch Sicherheit vermittelt: Keiner sollte sich übergangen oder in seinem Engagement nicht wertvoll fühlen! Im Gegenteil, wir verantworten auch das Wohlbefinden unserer Mitarbeiter und gute Arbeitsbedingungen. Der Roboter unterstützt sie ja zudem körperlich, wenn er für sie bis zu 40 Kilogramm schweres Geschirr auf einer Tour trägt – ein Servicemitarbeiter müsste dafür mehrmals gehen, belastet beim schweren Tragen Körper und Gelenke und wäre außerdem in dieser Zeit nicht im Gastraum verfügbar. Wir sehen schon jetzt, wieviel mehr Zeit der Einsatz des Roboters für unser Personal bringt und wie die automatisierten Hol- und Bring-Prozesse den Stresspegel und die körperliche Anstrengung unserer Mitarbeiter deutlich reduzieren. Eine bessere Arbeitsqualität für unsere Mitarbeiter bedeutet schlussendlich auch immer eine bessere Servicequalität gegenüber unseren Gästen.

Was sagen denn Ihre Gäste zum Restaurant-Roboter?

Christine Riegert: Das Feedback zu unserem Serviceroboter ist bisher durchweg interessiert und positiv! Die Gäste sehen im Serviceablauf selbst, wie gut das Zusammenspiel funktioniert, das Personal unterstützt wird und der persönliche, menschliche Faktor jederzeit gewährleistet bleibt. Grundsätzlich ist es ganz wichtig, mit den Gästen offen zu kommunizieren und die Hintergründe unserer Entscheidung zum Einsatz von Robotik zu erklären: Wir machen sehr offen klar, dass auch wir als klassisches Ferienhotel in einer gefragten Urlaubsregion vom Mitarbeiter- und Fachkräftemangel betroffen sind. Das schafft ein großes Verständnis für unseren Ansatz und die Entscheidung für die technologische Hilfe.

Im Detail: Welche Vorteile bringt der digitale Helfer in Ihrem Betrieb?

Christine Riegert: Wir sehen in unserem Restaurantbereich inklusive Kaminstube, Lobbybar und Wintergarten eine sinnvolle Einsatzmöglichkeit für den Serviceroboter. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten in unserem Betrieb bestehen für das Servicepersonal genau dort sehr lange Laufwege: So muss das Restaurant komplett durchquert werden, um Geschirr, Speisen und Getränke aus der Küche oder vom Buffet bis zum Wintergarten am anderen Ende zu transportieren und zurück. Das sind einige Meter und damit auch ein großer zeitlicher Faktor für unsere Mitarbeiter im Frühstücks- und Abendservice, vor allem bei voller Belegung. Die Hol- und Bring-Funktionen, die über Tablet-Bedienung aus Küche oder Service zu bestimmten Stationen angefordert werden, kann ein Roboter sehr gut übernehmen. Die Vorteile: Das Essen kommt aus der Küche schneller zum Gast und bleibt warm, es muss weniger schweres Geschirr weggetragen werden, weder Service- noch Küchenmitarbeiter müssen ihre Verantwortungsbereiche verlassen, also nicht zwischen Gastraum und Küche rotieren. Das Zusammenspiel von Mensch und Maschine ergänzt sich hierbei prima.

Was machen die Servicemitarbeiter denn mit der Zeitersparnis, wenn nun so viele Laufwege vom Roboter übernommen werden?

Christine Riegert: Sie nutzen diese Zeit für ihren eigentlichen Verantwortungs- und Aufgabenbereich: das Sich-Kümmern als Gastgeber, den direkten Service und natürlich auch für den Verkauf am Gast. Denn dieser erwartet und schätzt Gespräche und Empfehlungen – und zwar von Menschen, nicht von Maschinen. Daher vermeiden wir es auch ganz bewusst, dass der Roboter bis an die Tische fährt, da für uns nach wie vor der menschliche Faktor am wertvollsten ist. Unser technologischer Helfer soll vielmehr dezent und effektiv im Hintergrund agieren, sogar ohne eventuell störende Sprachfunktionen. Nichtsdestotrotz finden viele Gäste unseren Roboter aber so putzig und sympathisch, dass sie sogar schon mit ihm Selfies machen…

Gibt es an irgendeiner Stelle besondere Herausforderungen bzw. sind Sie mit dem Roboter im Arbeitsalltag schon an Grenzen gestoßen?

Christine Riegert: Der Roboter wird bei uns bisher zur Frühstückszeit und im Abendservice im Restaurant eingesetzt. Beim Frühstück geht es besonders viel ums Abräumen – der Roboter hat vier Tabletts mit einer Traglast von jeweils bis zu zehn Kilogramm, damit kann also ordentlich weggeschafft werden. Grundsätzlich funktioniert der Transport von Speisen und Getränken sehr gut, der Roboter fährt ruhig, reagiert schnell bei Hindernissen und alles kommt sicher an der Servicestation im Restaurant oder in der Küche an. Eine Herausforderung gibt es allerdings bei Suppen, da wird es tatsächlich schwierig: Denn auch wenn der Roboter gleichmäßig fährt, schwappt doch schon mal etwas über. Daher überlassen wir die Suppen weiterhin den geübten Händen unserer Servicekräfte.

Zu guter Letzt: Wie klappt es mit der Bedienbarkeit und technischen Unterstützung?

Christine Riegert: Über die progros Einkaufsgesellschaft, die uns bei allen Fragen und Wünschen rund um den Einkauf und die Ausstattung unseres Betriebs unterstützt, haben wir die Empfehlung für den Serviceroboter Bellabot bekommen. Bei der Einrichtung des digitalen Helfers für unsere Testphase haben die Techniker von the-company unsere Räumlichkeiten, also den gesamten Restaurantbereich, vermessen und den Roboter entsprechend kalibriert. Wir haben gemeinsam Stationen und Abholpunkte definiert und auch detaillierte Fragen geklärt wie „An welcher Seite des Roboters muss ich stehen, um Teller abzunehmen oder aufzulegen“ etc. Wenn einmal alles eingerichtet ist, ist die weitere Bedienung recht unkompliziert. Der Roboter läuft mindestens acht Stunden und kann in Ruhezeiten oder über Nacht einfach aufgeladen werden.

Wie lautet Ihr erstes Fazit zum Serviceroboter?

Christine Riegert: Wir haben die richtige Entscheidung für unseren Betrieb getroffen! Tradition, Herzlichkeit und Hightech müssen sich nicht ausschließen: Sowohl ich als auch meine Familie und unsere Mitarbeiter sind nach den ersten Testwochen überzeugt, dass der Serviceroboter eine wirklich gute Hilfe und Entlastung in bestimmten Arbeitsbereichen und -abläufen ist. Das Wichtigste: Unsere Mitarbeiter stehen nach wie vor an erster Stelle! Die Gäste verstehen unsere Entscheidung und die Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern, und sie schätzen die nach wie vor wertvolle und persönliche Interaktion. Im Rahmen der Testphase sind wir nun gespannt auf den ansteigenden Restaurantbetrieb im Mai und Juni um zu prüfen, wie die Roboter-Unterstützung auch bei voller Auslastung funktioniert.


Zurück

Vielleicht auch interessant

Der Schweizer Hospitality-Investor Kokomo Capital hat das Seehotel Waltershof in Rottach-Egern erworben. Die direkt am Ufer des Tegernsees gelegene Immobilie soll im Zuge einer umfassenden Neuausrichtung modernisiert und erweitert werden. Nach Abschluss der Bauarbeiten ist die Wiedereröffnung für das Jahr 2027 geplant.

In einem richtungsweisenden Urteil hat das Landgericht Berlin II festgestellt, dass Booking.com gegenüber zahlreichen Hotels schadensersatzpflichtig ist. Grund für die Entscheidung ist die jahrelange Verwendung von unzulässigen Bestpreisklauseln. Das Gericht gab der Feststellungsklage von insgesamt 1.099 Klägern statt.

Das Landgericht Berlin hat deutschen Hotels in ihrem Kampf gegen die langjährige Verwendung von Bestpreisklauseln durch das in Amsterdam ansässige Online-Buchungsportal Recht gegeben, berichtet der Hotelverband Deutschland: Wie der Verband mitteilt, habe Booking.com gegen Kartellrecht verstoßen und müsse die Hoteliers für die entstandenen finanziellen Schäden kompensieren.

Wyndham Hotels & Resorts erweitert die eigene Präsenz im Mittelmeerraum und eröffnet mit dem Wyndham Corfu Acharavi das erste Haus der Marke auf der griechischen Insel Korfu.

Four Seasons expandiert nach Rio de Janeiro. Durch die Revitalisierung des bekannten Marina Palace im Viertel Leblon soll bis 2029 ein neues Luxushotel mit 120 Zimmern und Rooftop-Konzept direkt am Atlantik entstehen.

Das Seehotel Frankenhorst in Schwerin begeht im Dezember ein doppeltes Jubiläum. Das Vier-Sterne-Haus blickt auf eine 35-jährige Geschichte zurück und ist seit 30 Jahren als Partner der BWH Hotels Central Europe angeschlossen.

Das Althoff Seehotel Überfahrt hat mit der neuen Signature Suite den ersten Schritt einer umfassenden Modernisierung vollzogen. Die 220 Quadratmeter große Suite bildet den Auftakt für eine bauliche Transformation des Hauses, die bis zum Jahr 2026 fortgeführt wird.

Die Hannoveraner Familie Rüter übernimmt das seit 1698 bestehende Hotel Haase in Laatzen. Trotz des Eigentümerwechsels setzen die Beteiligten auf personelle Beständigkeit in der Führung.

Nach einer umfassenden Transformation öffnet das Berghotel Wald und Wiesn in Balderschwang seine Türen. Die ehemalige Skihütte setzt nach einer neunmonatigen Bauzeit auf ein ganzjähriges Konzept mit Wellness- und Tagungsschwerpunkt sowie eine moderne energetische Infrastruktur auf Basis von Geothermie.

Das Unternehmen Sicon Hospitality hat sein Portfolio an Serviced Apartments in Hamburg erweitert. Mit dem Betrieb „Hub Apartments St. Georg“ in der Stiftstraße verfügt die Gruppe nun über sechs Standorte in der Hansestadt. Mit den neuen 58 Einheiten bewirtschaftet das Unternehmen in Hamburg insgesamt 768 Apartments und Hotelzimmer.