Strategien in den Zeiten von Corona: Hotelier als Fischer und Taler als eigene Währung

| Hotellerie Hotellerie

Peter Sichrowsky sitzt mit seinen Eltern allein im Hotel Villa Postillion am See. Kein Gast, kein Mitarbeiter, dafür jede Menge Zeit. Und viele Fische. Peter Sichrowsky ist der Ururenkel des letzten K.u.K-Hoffischers am Millstätter See. Normalerweise nimmt er gerne Urlauber mit, wenn er hinausrudert und die Fische aus den Netzen holt, um sie zur weiteren Verarbeitung in der Hotelküche abzuliefern. Aber das braucht ja jetzt keiner mehr. Oder doch? 

Als der Hotel-Chef vergangene Woche draußen war, kam er mit 60 Fischen zurück. Viel zu viele für den Hausgebrauch und ein seltsamer Zufall, denn die Ausbeute steuert er normalerweise verlässlich über die Länge der gespannten Netze. „Meine Mutter informierte ihre Freundinnen – die Nachricht, dass wir Reinanken zum Verkauf anbieten, verbreitete sich rasend schnell. Wir haben ein neues Geschäftsmodell“, so Peter Sichrowsky.

Zwar kann man mit sechs Euro pro Fisch nicht die Welt verdienen, aber „jeder Euro zählt“, um durch die Krise zu kommen, führt der Unternehmer aus und verweist auf die immensen Betriebskosten: Die Pools sind leer, damit spart er allein 1.400 Euro für Chemikalien im Monat. Die Heizungen sind aus, die Fernseher noch nicht mal mehr im Standbymodus, Rundfunkbeiträge und Gebühren fürs Abspielen von Musik ausgesetzt. Was ihn jedoch wirklich schmerzt: dass er sein Personal in Kurzarbeit schicken musste. 

„In einem Familienbetrieb gehören die Mitarbeiter zur Familie, wir haben eine enorme soziale Verantwortung für unsere 35 Angestellten“, sagt Peter Sichrowsky. Jeden Abend führt er ein paar Telefonate, versucht Härten abzufedern, wo er kann, will einfach da sein für seine Leute.

Auch die Stammgäste sind Teil der Familie. „Mit etlichen feiern wir schon 20, 30 Jahre zusammen Ostern“, so der 39-Jährige, den viele noch als Klein-Peter kennen. Trotz Social Distancing halten Sichrowskys engen Kontakt – und feiern das Fest mit allen liebgewonnenen Ritualen jetzt über die sozialen Medien. Wer recherchieren möchte, wo das ideale Versteck für das goldene Ei sein könnte, unternimmt vor Ostersonntag einen virtuellen Rundgang durch die Villa Postillion am See mit ihren 34 Zimmern, dem großzügigen Spa-Bereich und den traumhaften Logenplätzen.

Eigene Währung im Pillerseetal 
 

Im Pillerseetal dagegen lebt die eigene Währung im Zeichen der Krise wieder auf. Der Pillerseetaler, den es als Plastikmünze im Wert von einem, fünf und zehn Euro gibt und der im Verhältnis eins zu eins getauscht werden kann. Nachdem das Spielgeld aus der heimischen Notenbank jahrelang als schicke Lösung galt, wenn einem partout kein Geschenk einfiel, hat sich inzwischen die Bedeutung neu aufgeladen.

„Pillerseetaler zu verschenken heißt, die regionale Wirtschaft zu stärken“, sagt Armin Kuen, Geschäftsführer des Tourismusverbands, der eine Kampagne zur Förderung des heimischen Plastikgelds in die Wege geleitet hat. Vom Schmuckladen über Boutiquen, Sport- und Bastelgeschäfte bis hin zu Restaurants sind es 67 lokale Anbieter, in der die Schattenwährung eingelöst werden kann. Bei fast allen können Beschenkte online oder per Telefon bestellen und die Ware wird frei Haus geliefert. 

„Trotz Kontaktsperre rücken wir näher zusammen“, sagt Armin Kuen und freut sich über die große Resonanz des Pillerseetalers. Ihm geht es zunächst darum, die Wirtschaft vor Ort in der Krise zu unterstützen. Zugleich möchte er vermeiden, dass sich das Kaufverhalten aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen dauerhaft verändert und die Bevölkerung vermehrt auf Global Player zurückgreift. „Anders ausgedrückt: Wenn es uns jetzt gelingt, das Bewusstsein für den Wert regionaler Produkte und Produzenten zu stärken, dann haben wir sogar einen nachhaltigen Wandel bewirkt“, erklärt Armin Kuen. In seinem Umfeld sieht er darüber hinaus viel privates Engagement. Eine Mitarbeiterin, die ihre Bücher zum Mitnehmen in die Tiefgarage gestellt hat, weil sich sicher viele über Gratis-Lesestoff freuen. Nachbarn, die Balkonkonzerte geben und vieles mehr.


Zurück

Vielleicht auch interessant

Das Flushing Meadows Hotel beendet nach zwölf Jahren seinen Betrieb in München. Das Haus, das durch seine Dachterrasse, sein Design und unkonventionellen Gästezimmer bekannt wurde, bleibt noch bis zum 20. Dezember geöffnet. Danach ist endgültig Schluss.

Rocco Forte Hotels hat die Eröffnung eines zweiten Standorts in Apulien bekanntgegeben. Die Masseria del Cardinale soll im Jahr 2028 in Fasano an den Start gehen und das Italien-Portfolio der Gruppe ergänzen.

Meliá Hotels erweitert das eigene Portfolio an Luxus- und Lifestyle-Marken und hat für das Jahr 2026 insgesamt 23 neue Hoteleröffnungen bestätigt. Die Expansion erstreckt sich über Südostasien und Südamerika bis nach Europa und in den Indischen Ozean.

Der Hotelkonzern Accor plant für das Jahr 2026 die Eröffnung von rund 350 neuen Häusern weltweit. Auch in der DACH-Region kommen ein paar Häuser hinzu. Mit dem Wachstum früherer Jahre ist der Ausbau der Geschäftstätigkeiten hierzulande allerdings nicht zu vergleichen.

Die PKF Hospitality Group hat die Hotelgruppe B&B Hotels offiziell als die schnellstwachsende Hospitality-Marke Europas für das Jahr 2025 ausgezeichnet. Die Ehrung unterstreiche die Position der Gruppe im Budget- und Economy-Segment sowie deren Rolle als Impulsgeber im europäischen Value-for-Money-Markt.

Die europäische Kollektion unabhängiger Boutiquehotels Quality Lodgings vergrößert ihr Portfolio um acht neue Häuser. Damit wächst die Sammlung auf insgesamt 126 Hotels in acht Ländern. In Deutschland umfasst die Kollektion nun 30 Adressen.

IHG Hotels & Resorts hat die Vertragsunterzeichnung für das zukünftige InterContinental Prag bekanntgegeben. Dies markiert die Rückkehr der Marke in die tschechische Hauptstadt. Das geplante Luxushotel mit 137 Zimmern soll voraussichtlich 2029 eröffnet werden.

Das Dachsteinkönig – Familux Resort in Gosau, welches unter anderem vom Gault Millau als „Familienhotel des Jahres 2026“ ausgezeichnet wurde, leitet eine umfassende Weiterentwicklung ein. Im Rahmen dieser Expansion entstehen derzeit elf neue, zweistöckige Luxus-Chalets.

Das Grand Hotel des Bains Kempinski St. Moritz startet mit einer umfassenden Neugestaltung und einer Investition von insgesamt 18,5 Millionen Schweizer Franken in die Wintersaison. Dies betrifft sowohl die Zimmer als auch die Gastronomie des Hauses.

Die Motel One Group hat in der österreichischen Hauptstadt ihr fünftes Haus eröffnet. Der neue Standort in der Donau City zeichnet sich durch ein Konzept aus, das moderne Architektur und Naturverbundenheit vereint, und präsentiert ein exklusives Design des Künstlers Paul Riedmüller.