Gastbeitrag von Dr. Adrian Bölingen und Özgür Günes
Tiefe Furchen hat die Pandemie im Gastgewerbe hinterlassen. Erst galt es, Fördermittel zu bekommen und den Geschäftsbetrieb an immer wieder neue Hygieneanforderungen anzupassen. Zwischendurch hatten es viele schon geschafft mit kreativen Ideen und vorher ungeahnten Einschnitten Geschäftsmodelle auf das new normal anzupassen, Kosten einzusparen und spannende Zwischen- und Zukunftsvisionen zu entwickeln. Nun wird die Branche von einem erneuten Lockdown gezeichnet.
Auch wenn eine Perspektive langsam greifbar wird, bleiben trotzdem Altlasten zurück: Die zusätzliche Schuldenlast aus Fördermitteln und erforderliche Anpassung der Geschäftsmodelle. Genau hier will der Gesetzgeber ansetzen und mit dem SanInsFoG („Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz“) neue Möglichkeiten zur Entschuldung schaffen. Namentlich soll eine Sanierungsmoderation möglich sein, in deren Rahmen ein neutraler Restrukturierungsexperte einen Vergleich formuliert, in den alle betroffenen Gläubiger einbezogen und neu geregelt sind. Reicht ein Sanierungsmoderator nicht aus, können weitere Restrukturierungs- und Stabilisierungsinstrumente genutzt werden, um einen Restrukturierungsplan mit ausgewählten Gläubigern abzustimmen. Hier kommen in Frage:
- Stabilisierungsanordnung – die Zwangsvollstreckung wird vorübergehend verhindert
- Vertragsbeendigung - ungünstige Verträge können für die Zukunft beendet werden
- Restrukturierungsplan gerichtlich abstimmen und bestätigen lassen
Ziel ist es immer einen Restrukturierungsplan abzustimmen, in dem eine verträgliche Schuldenlast begründet und vereinbart wird. Möglich ist es auch, dass widerwillige Gläubiger überstimmt werden. Der Restrukturierungsplan muss nicht einstimmig angenommen werden. Die neuen Regelungen sollen ab dem 1.1.2021gelten, aber noch ist das Gesetz nicht verabschiedet. Ausreichend Druck für die Änderungen ist da; spätestens nach dem erneuten harten Lockdown.
Was bedeutet das fürs Gastgewerbe?
Besonders interessant für das Gastgewerbe ist die Möglichkeit, gesetzliche Unterstützung bei der Entschuldung in Anspruch zu nehmen, ohne dass ein Insolvenzverfahren gestartet wird. Spannend ist dies vor allem für die höhere Schuldenlast, die viele Unternehmen jetzt schon belastet und auch in den kommenden Jahren noch belasten würde. Aber hier gilt es frühzeitig die richtigen Weichen zu stellen, da der Zugang zu den Entschuldungshilfen mit dem Eintritt der Insolvenzreife endet. Hat die Abwärtsspirale nachhaltig eingesetzt, wird es schwer, mit außergerichtlichen Mitteln den Turnaround zu schaffen. Für viele wird dann der Gang in die Abwicklung im Insolvenzverfahren unvermeidlich. Nur bei größeren Unternehmen wird es sich dann lohnen auch Restrukturierungsoptionen im Schutzschirmverfahren oder der Eigenverwaltung zu prüfen.
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Autoren
Dr. Adrian Bölingen
Rechtsanwalt, Partner
Baker Tilly
adrian.boelingen@bakertilly.de
www.bakertilly.de
Özgür Günes
Unternehmensberater
365 Tailored Solutions
oezguer.guenes@dbudb.de
www.dbudb.de