Gar nicht prickelnd - Chips mit Prosecco ärgern Italiener

| Industrie Industrie

Wer sich in Italien an den Esstisch setzt, kann allerhand falsch machen. Cappuccino nach dem Essen trinken, Parmesan über Nudeln mit Fisch streuen oder Pizza mit Ananas essen. Für Italiener sind das Anlässe, sich stundenlang über Ausländer lustig zu machen - schließlich sind sie diejenigen, die das gute Essen quasi mit der Muttermilch aufgesogen haben. So lässt sich auch erklären, dass vor einiger Zeit gewisse Kartoffelchips in der Region um Venedig für Aufregung sorgten. Das Vergehen: Es waren Chips mit Prosecco-Geschmack - und das stand auch auf der Verpackung.

Prosecco ist jener Schaumwein, dessen Trauben einzig und allein auf den sanft geschwungenen Hügeln in bestimmten Provinzen in Venetien und Friaul-Julisch-Venetien reifen und in der Gegend verarbeitet werden. Der geschützte Name Prosecco darf also nur auf den Produkten stehen, in denen auch echter Prosecco drin ist. Und in Italien hatte man große Zweifel, dass in Prosecco-Chips der Marke Pringles auch wirklich echter Prosecco enthalten war. In der Tat war es Prosecco-Pulver.

«Wir können nicht mehr tolerieren, dass jemand unerlaubt eine geschützte Herkunftsangabe benutzt», beklagte der Präsident der Region Venetien, Luca Zaia. Die italienische Exzellenz in puncto Essen und Trinken dürfte nicht durch Betrug untergraben werden. Agrarministerin Teresa Bellanova sprach gar von «Identitätsdiebstahl».

 

Für Politiker in Italien gehört es dazu, sich mit dem Schutz des Essens einer bestimmten Region zu profilieren. Ministerpräsident Giuseppe Conte kämpfte unlängst in der Emilia-Romagna gegen die US-Zölle auf Parmesan, Ex-Innenminister Matteo Salvini machte sich mit einem Biss in sizilianische Cannoli bei einem Besuch auf der Insel beliebt, und der Regionalpräsident von Ligurien, Giovanni Toti, zeigt sich gerne mit Pesto Genovese, das er zum Unesco-Kulturerbe ernannt haben will. Und der Bürgermeister von Bologna, Virginio Merola, startete vor nicht allzu langer Zeit einen Aufruf, den falschen Namen «Spaghetti Bolognese» im Ausland auszurotten. Denn die Pasta mit Fleischsoße heißt in Italien gar nicht nach der Stadt in der Emilia Romagna - sondern «al ragù».

Essen ist einer der wichtigsten Wirtschafts- und Tourismusfaktoren in Italien. «Made in Italy» gilt als Qualitätssiegel für Lebensmittel, wie «Made in Germany» für Autos. Italiener sind besonders stolz auf ihre Essenskultur. In sozialen Medien gibt es extra Seiten, auf denen sich Italiener über die «Sünden» von Ausländern lustig machen - zum Beispiel Pasta nicht ins kochende Wasser zu werfen, sondern ins kalte. Oder Obst mit Gemüse in Salaten zu vermischen.

Kein anderes EU-Land hat so viele Lebensmittel mit geschützter Herkunftsangabe wie Italien. Zu den 823 Produkten gehören Wein aus Chianti und Schinken aus Parma genauso wie unbekanntere «Champions», wie Linsen aus Norcia in Umbrien oder Basilikum aus Genua. «Das verdeutlicht, wie wichtig die Essenskultur ist», erklärt Enrico Bonadio, Experte für Urheberrecht an der City University of London. «Wenn man die geografische Herkunft schützt, schützt man auch ein Erbe, eine Identität. Man kann nicht einfach Wein in Finnland herstellen und ihn Prosecco nennen.» In den letzten zwölf Jahren sei der Export von italienischen Lebensmitteln um 140 Prozent gestiegen.

Kein Wunder also, dass man in Italien keine «Fake-Prosecco»-Produkte in den Regalen stehen haben will. In Deutschland hingegen wurden die Chips ohne große Aufregung vertrieben. «Es war nie geplant, die Packungen in Italien zu verkaufen, so dass wir erst noch herausfinden müssen, wie die Produkte dorthin gelangt sind», sagte ein Sprecher des Unternehmens Kellogg's, das Pringles produziert. «Diese limitierte Variante wurde für den Verkauf in wenigen europäischen Ländern produziert, darunter zum Beispiel in England und Deutschland.» Es sei aber eine limitierte Variante gewesen, die mittlerweile auch nicht mehr in Deutschland erhältlich sei.

Von Annette Reuther, dpa


Zurück

Vielleicht auch interessant

Wein aus Schleswig-Holstein? Klingt für viele noch gewöhnungsbedürftig, wird aber beliebter. Die Lese dieses Jahr ist fast durch. Und der Jahrgang verspricht ein guter zu werden.

Wie viel Kalorien hat das Glas Wein? Nährwerte und Zutaten müssen künftig auch auf Wein- und Sektflaschen zu finden sein. Winzer und Verbände finden das durchaus sinnvoll, kämpfen aber mit Detailfragen.

Auf der Intergastra erwartet die Besucherinnen und Besucher aus dem Hotel- und Gastgewerbe im Februar 2024 wieder die ganze Welt der Gastlichkeit. Hier treffen sich Entscheiderinnen und Entscheider aus Hotellerie, Gastronomie und Außer-Haus-Markt, Verbände, aber auch Studierende und Auszubildende.

Das Wetter war wechselhaft - aber zum Ende der Saison spielt es den fränkischen Winzern in die Karten. Mit der Ernte sind sie zufrieden und für den Jahrgang 2023 zuversichtlich. Man dürfe «dieses Jahr wunderbare Weine aus Franken» erwarten.

Der Tag des österreichischen Bieres am 30. September ist quasi ein inoffizieller Feiertag im Land, ist doch für knapp 90 Prozent der österreichischen Bevölkerung Bier wichtig für die österreichische Getränkekultur.

Frankfurts letzte große Braustätte ist bald Geschichte. Ende dieser Woche soll dort zum letzten Mal Binding-Bier abgefüllt werden. Ganz verschwinden wird Radeberger aus Hessens größter Stadt aber nicht.

Pressemitteilung

Im Oktober treffen sich Aussteller und Fachbesucher auf der internationalen Leitmesse HOST in Mailand. Winterhalterpräsentiert seine neueste Spültechnik. Folgende Schwerpunktthemen warten auf Besucher: die Premiere der neuen Transportspülmaschinen der MT-Serie, das neue Trocknungsgerät DMX für Mehrweggeschirr und das Dauerbrenner-Thema Gläserspülen.

The Cultivated B, eine Tochtergesellschaft des deutschen Lebensmittelherstellers Infamily Foods, bekannt für seine Bärchen-Wurst, hat als erstes Unternehmen ein zellkultiviertes Fleischprodukt bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit registriert.

Saucen sind das Herzstück der Küche in der Gastronomie. Sie verleihen Gerichten nicht nur Geschmack, sondern auch Charakter und Individualität. In der Welt der kulinarischen Kreationen sind Saucen das i-Tüpfelchen, das den Unterschied zwischen einem einfachen Essen und einem Gourmet-Erlebnis ausmachen kann.

Maue Nachfrage, gestiegene Kosten: Der Druck in der Gewürzindustrie bleibt hoch. In Mumbai berät die Branche über Wege aus der Krise. Dabei geht es auch um die hohen Anforderungen aus der Europäischen Union.