570 Millionen Euro: Saftige Strafe Europäische Kommission gegen Mastercard

| Politik Politik

Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße von 570 Millionen Euro das Kartenzahlungssystem Mastercard verhängt. Jahrelang habe Mastercard demnach zu hohe Gebühren für Kreditgeschäfte erhoben. Kosten für Kartenzahlungen seien künstlich in die Höhe getrieben worden.

Mastercard habe Händler daran gehindert, bessere Konditionen von Banken aus anderen Ländern des EU-Binnenmarktes zu nutzen und damit gegen die Kartellvorschriften verstoßen, teilte Wettbewerbskommissarin Vestager in Brüssel mit.  Allerdings betrifft das die Zeit vor der neuen Interbankenentgelt-Verordnung Jetzt haben die EU-Wettbewerbshüter gegen den Kreditkartenanbieter eine saftige Geldstrafe verhängt.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte hierzu: „Die europäischen Verbraucher benutzen Zahlungskarten jeden Tag, wenn sie Lebensmittel oder Kleidung kaufen oder etwas im Internet bestellen. Die Regelungen von Mastercard haben Händler daran gehindert, bessere Konditionen von Banken in anderen Mitgliedstaaten in Anspruch zu nehmen. So wurden die Kosten für Kartenzahlungen künstlich in die Höhe getrieben – zum Nachteil der Verbraucher und der Einzelhändler in der EU.“

Mastercard ist gemessen an den ausgegebenen Karten und am Transaktionswert das zweitgrößte Kartenzahlungssystem im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Im Rahmen des Mastercard-Systems bieten Banken Kartenzahlungsdienste unter den gemeinsamen Kartenmarken Mastercard und Maestro an. Mastercard fungiert als Plattform, über die die Banken, die Karten ausgeben, Zahlungskarten bereitstellen, Kartenzahlungen abwickeln und Mittel an die Händlerbank überweisen.

Kartenzahlungen spielen im Binnenmarkt sowohl für inländische Zahlungsvorgänge als auch für grenzüberschreitende oder über das Internet vorgenommene Zahlungen eine zentrale Rolle. Die europäischen Verbraucher und Unternehmen benutzen Zahlungskarten für mehr als die Hälfte ihrer bargeldlosen Zahlungen.

Wenn ein Verbraucher in einem Geschäft oder online eine Debit- oder Kreditkarte verwendet, zahlt die Händlerbank (der sogenannte „Acquirer“) der Bank des Karteninhabers (dem sogenannten „Issuer“) ein „Interbankenentgelt“. Der Acquirer wälzt dieses Entgelt auf den Einzelhändler ab, der es wie andere Kosten in den Endpreis einfließen lässt, den alle Verbraucher – auch die, die keine Karten verwenden – zahlen müssen.

Nach den Regelungen von Mastercard mussten die Acquirer die Interbankenentgelte des Landes anwenden, in dem der Einzelhändler ansässig war. Vor der Einführung von Entgeltobergrenzen zum 9. Dezember 2015 durch die Interbankenentgelt-Verordnung unterschieden sich die Interbankenentgelte im EWR von Land zu Land erheblich. Aufgrund der Regelungen von MasterCard konnten Händler in Ländern mit hohen Interbankenentgelten nicht von niedrigeren Entgelten profitieren, die von Acquirern in anderen Mitgliedstaaten berechnet wurden.

Im April 2013 leitete die Kommission ein förmliches Kartellverfahren gegen Mastercard ein, um zu prüfen, ob dessen Regelungen für das grenzüberschreitende Acquiring gegen die EU-Kartellvorschriften verstießen. Im Juli 2015 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an das Unternehmen.

Die Untersuchung der Kommission ergab, dass Einzelhändler aufgrund der Regelungen von Mastercard für das grenzüberschreitende Acquiring mehr für die Kartenzahlungsdienste von Banken zahlten, als wenn sie günstigere Angebote hätten wählen können. Die Regelungen führten zu höheren Preisen für Einzelhändler und Verbraucher sowie zu einer künstlichen Segmentierung des Binnenmarkts und schränkten den grenzüberschreitenden Wettbewerb ein.

Die Kommission gelangte deshalb zu dem Schluss, dass die Regelungen von Mastercard verhinderten, dass Einzelhändler von niedrigeren Entgelten profitieren konnten, und den grenzüberschreitenden Wettbewerb von Banken beschränkten. Dieser Verstoß gegen die EU-Kartellvorschriften endete, als Mastercard seine Entgelte anpasste, da die Interbankenentgelt-Verordnung in Kraft trat.

Daher beschloss die Kommission, eine Geldbuße gegen Mastercard zu verhängen.
 

Zusammenarbeit mit Mastercard
Mastercard arbeitete mit der Kommission zusammen, indem es den Sachverhalt und die Verstöße gegen die EU-Wettbewerbsvorschriften anerkannte.

Im Gegenzug gewährte die Kommission dem Unternehmen eine Ermäßigung der Geldbuße um 10%. Weitere Informationen über diese Art der Zusammenarbeit finden Sie auf der Website der GD Wettbewerb.

Geldbußen
Die Geldbuße wurde auf der Grundlage der Geldbußenleitlinien der Kommission von 2006 (siehe IP/06/857 und MEMO/06/256) festgesetzt. Die Kommission berücksichtigte verschiedene Faktoren wie den Wert der Verkäufe im Zusammenhang mit dem Verstoß, die Schwere und Dauer des Verstoßes sowie die Zusammenarbeit von Mastercard mit der Kommission während der Untersuchung.

Die von der Kommission gegen Mastercard verhängte Geldbuße beläuft sich auf 570 566 000 EUR.

Hintergrund
Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die Regelungen von Mastercard bis zum 9. Dezember 2015 gegen Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen, der Vereinbarungen zwischen Unternehmen oder Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen verbietet, die den Wettbewerb im EU-Binnenmarkt verhindern, einschränken oder verfälschen.

Nach Auffassung der Kommission bilden Mastercard und die Lizenznehmer, die Karten der Mastercard-Marken ausgeben oder mit diesen Karten als Acquirer für Händler tätig sind, zusammen eine Unternehmensvereinigung.

Weitere Informationen zu diesem Kartellfall können auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb über das öffentlich zugängliche Registerder Kommission unter der Nummer AT.40049 eingesehen werden.

Interbankenentgelt-Verordnung
Seit dem 9. Dezember 2015 dürfen sich die Interbankenentgelte im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) nach der Interbankenentgelt-Verordnung bei Debitkarten auf höchstens 0,2 % des Transaktionswerts und bei Kreditkarten auf höchstens 0,3 % des Transaktionswerts belaufen. Davor unterschieden sich die Entgelte im EWR von Land zu Land erheblich.

Seit Inkrafttreten der Verordnung zahlen die Einzelhändler ein niedrigeres Interbankenentgelt bei inländischen oder grenzüberschreitenden Zahlungen. Ihre Kosten sind dadurch erheblich gesunken.

Laufende Untersuchung im Zusammenhang mit Mastercard
In der 2015 an Mastercard gerichteten Mitteilung der Beschwerdepunkte vertrat die Kommission auch die vorläufige Auffassung, dass die Interbankenentgelte von Mastercard für Zahlungen, die im EWR mit außerhalb des EWR ausgegebenen Debit- und Kreditkarten getätigt werden, möglicherweise gegen EU-Kartellvorschriften verstoßen.

Die Kommission hat Bedenken, dass diese „interregionalen Interbankenentgelte“ möglicherweise zu höheren Preisen für die europäischen Einzelhändler führen, die Zahlungen mit außerhalb des EWR ausgegebenen Karten akzeptieren, und so die Preise für Waren und Dienstleistungen im EWR steigen lassen und den Wettbewerb verfälschen. In Bezug auf die interregionalen Entgelte läuft das Verfahren weiter.

Im Dezember 2018 forderte die Kommission betroffene Marktteilnehmer zur Stellungnahme zu den Verpflichtungen auf, die Visa und Mastercard getrennt voneinander angeboten hatten, um die Wettbewerbsbedenken der Kommission hinsichtlich ihrer interregionalen Interbankenentgelte für Kartenzahlungen auszuräumen.

Frühere Maßnahmen der Kommission
Der heutige Beschluss schließt an mehrere Maßnahmen der Kommission an, durch die die Gebühren für Händler gesenkt wurden:

Im Dezember 2007 stellte die Kommission per Entscheidung fest, dass MasterCard durch seine Interbankenentgelte für grenzüberschreitende Transaktionen im EWR (z. B. bei Kartenzahlungen belgischer Verbraucher in Geschäften in Frankreich) den Wettbewerb zwischen Banken einschränkte. Im September 2014 bestätigte der Gerichtshof die Feststellungen der Kommission.

Um dem Beschluss der Kommission von 2007 nachzukommen, senkte Mastercard 2009 die von seinen Mitgliedsbanken erhobenen Interbankenentgelte für grenzüberschreitende Zahlungen (im EWR) auf höchstens 0,2 % für Debitkarten bzw. 0,3 % für Kreditkarten (gewichtete Durchschnittswerte).

Im Dezember 2010 und Februar 2014 erklärte die Kommission die Verpflichtungszusagen von Visa Europe (die frühere Vereinigung der Visa-Mitgliedsbanken in Europa), die vorsahen, die Interbankenentgelte für alle EWR-internen Debit- und Kreditkartentransaktionen auf diese Höhe (0,2 % bzw. 0,3 %) zu begrenzen, per Beschluss für rechtlich bindend. Diese Verpflichtungen aus dem Jahr 2014 ermöglichten es den Acquirern außerdem, niedrigere grenzüberschreitende Interbankenentgelte (0,2 % für Debitkarten und 0,3 % für Kreditkarten) für Kunden aus anderen Ländern anzuwenden.

Im April 2015 erließen der EU-Ministerrat und das Europäische Parlament die Interbankenentgelt-Verordnung, mit der zum 9. Dezember 2015 Obergrenzen für die Interbankenentgelte für in Europa ausgegebene und verwendete Karten eingeführt wurden (höchstens 0,2 % bei Debitkarten bzw. 0,3 % bei Kreditkarten). Mit der Interbankenentgelt-Verordnung wurden gleiche Wettbewerbsbedingungen für Kartenzahlungen im gesamten EWR-Markt geschaffen. Die in der Interbankenentgelt-Verordnung festgelegten Obergrenzen gelten jedoch nicht für interregionale Transaktionen mit außerhalb des EWR ausgegebenen Karten, da die Verordnung auf solche Karten nicht anwendbar ist.

Schadensersatzklagen
Personen und Unternehmen, die von dem beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen sind, können vor den Gerichten der
Mitgliedstaaten auf Schadensersatz klagen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und der Verordnung 1/2003 des Rates sind Beschlüsse der Kommission ein bindender Nachweis dafür, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Schadensersatz kann auch dann gewährt werden, wenn die Kommission gegen die betreffenden Unternehmen Geldbußen verhängt hat. Die von der Kommission verhängte Geldbuße wird dabei nicht mindernd angerechnet.

Die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen, die die Mitgliedstaaten bis zum 27. Dezember 2016 in nationales Recht umsetzen mussten, macht es für die Opfer von Kartellrechtsverstößen einfacher, Schadensersatz zu erhalten. Weitere Informationen über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen sowie einen praktischen Leitfaden zur Ermittlung des Schadensumfangs finden Sie hier.

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Spitzen der Ampel-Koalition haben nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Einigung über den Bundeshaushalt für 2024 erzielt. Details sollen im Laufe des Tages bekanntgegeben werden, wie die dpa am Mittwochmorgen erfuhr

Die Mehrwertsteuererhöhung von sieben auf 19 Prozent auf Speisen wird gravierende Folgen für die Gastgeber haben. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes: 62,7 Prozent der befragten Unternehmer geben an, dass sie die Steueranhebung auf 19 Prozent zum 1. Januar 2024 wirtschaftlich hart treffen wird. Neun von zehn Unternehmen planen Preissteigerungen.

Mobilität und Digitalisierung standen inhaltlich im Mittelpunkt des Parlamentarischen Abends der Tourismuswirtschaft: Die notwendigen Investitionen in die digitale und Verkehrsinfrastruktur müssten genauso wie in die Erforschung und Produktion von E-Fuels sichergestellt werden.

Paris mobilisiert vor den Olympischen Spielen im kommenden Sommer gegen Betrug und Abzocke in Hotels, Restaurants und Cafés. Dazu sollen 10.000 Betriebe überprüft werden, kündigte das Wirtschaftsministerium in Paris an.

Der Bundeshaushalt 2024 wird, aller Voraussicht nach, nicht mehr in diesem Jahr vom Parlament beschlossen. Damit laufen die sieben Prozent Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie automatisch aus. Alle Präsidenten der DEHOGA-Landesverbände und des Bundes richten in einem Offenen Brief einen Appell an Olaf Scholz, an der einheitlichen Besteuerung von Essen mit sieben Prozent festzuhalten.

Patientinnen und Patienten können sich unter bestimmten Voraussetzungen künftig telefonisch von ihrer Arztpraxis krankschreiben lassen. Die Regelung gilt ab sofort, wie der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten, Krankenkassen und Kliniken mitteilte.

Nährwerte und Zusatzstoffe müssen vom 8. Dezember an auch auf Wein- und Sektflaschen zu finden sein - allerdings noch nicht sofort auf allen, wie es Winzer und Sekthersteller befürchtet hatten. In der EU-Verordnung gibt es eine Übergangsvorschrift.

Acht bis zehn Prozent mehr Geld empfiehlt die NGG ihren Tarifkommissionen als Forderung für die kommenden Tarifverhandlungen. Für die Beschäftigten im Gastgewerbe soll zudem ein monatlicher Lohn von mindestens 3.000 Euro anvisiert werden.

Die EU-Länder dürfen während einer Pandemie Reiseverbote in Hochrisikogebiete verhängen - ein solches Verbot müsse jedoch begründet sein und klare Vorschriften enthalten. Das teilten die Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit.

Größere Arbeitgeber mit mindestens 250 Beschäftigten sind bereits seit dem Sommer verpflichtet, interne Meldestellen für sog. „Whistleblower“ einzurichten und zu betreiben. Ab dem 1. Dezember stellt ein Verstoß gegen diese Pflicht eine Ordnungswidrigkeit dar, die ein Bußgeld bis zu 20.000 Euro nach sich ziehen kann.