Angela Merkel: „Ich sehe die Not so vieler in der Gastronomie und bei den Hotels“

| Politik Politik

Bei einer Pressekonferenz ist Bundeskanzlerin Angela Merkel auch auf die Situation des Gastgewerbes eingegangen. „Ich sehe die Not so vieler in der Gastronomie und bei den Hotels, und ich sehe die Not so vieler Menschen, die um die Zukunft ihres Geschäfts, ihres Betriebs, ihres Unternehmens bangen“, sagt die Kanzlerin. Am Mittwoch stehen Hilfen für Hoteliers und Gastronomen auf der Tagesordnung des Koalitionsausschusses.

Im deutschen Hotel- und Gaststättengewerbe droht wegen der Corona-Krise nach Darstellung der Branche etwa jedem dritten Betrieb die Pleite. Rund 70 000 Hotel- und Gastronomie-Betriebe stünden vor der Insolvenz, warnte der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) am Sonntag. Den gut 223 000 Betrieben gingen bis Ende April rund 10 Milliarden Euro Umsatz verloren.

«Ohne zusätzliche staatliche Unterstützung steht jeder dritte Betrieb vor der Insolvenz», sagte die Hauptgeschäftsführerin des DEHOGA, Ingrid Hartges, der «Bild am Sonntag». Die Bundesregierung stellte den von der anhaltenden Schließung besonders betroffenen Hoteliers und Restaurantbetreibern finanzielle Unterstützung in Aussicht.

Eine Mehrwertsteuersenkung von 19 Prozent auf den Einheitssatz von 7 Prozent fordert der DEHOGA seit Jahren. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Markus Söder pocht ebenfalls auf eine Mehrwertsteuersenkung. Die CSU will dies im Koalitionsausschuss ansprechen. «Die sieben Prozent müssen jetzt kommen in der Koalition», sagte Generalsekretär Markus Blume «Bild am Sonntag.»

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) stellt Hilfen in Aussicht. «Natürlich schauen wir genau, ob und wo wir gezielt weitere Hilfen benötigen. Wir haben vor allem jene Branchen im Blick, für die es noch nicht so schnell wieder losgeht. Das Hotel- und Gaststättengewerbe gehört sicherlich dazu», sagte Scholz der «Welt am Sonntag».

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte der «Bild am Sonntag»: «Und klar ist, wir werden hier auch zusätzliche Hilfen benötigen, damit nicht ein Großteil der Unternehmen aufgibt und vom Markt verschwindet». Altmaier nannte die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf 7 Prozent einen «Vorschlag, der eine sorgfältige Prüfung verdient»: «Ich könnte mir aber auch konkrete Hilfen bei Modernisierungen und Kosteneinsparungen vorstellen.»

Den Diskussionen einer schnelleren Öffnung vieler Bereiche erteilte Merkel aber eine Absage.

Angesichts der immer lauteren Diskussion über weitere Lockerungen der Corona-Abwehrmaßnahmen hat Bundeskanzlerin Angela Merkel eindringlich dazu aufgerufen, bei der Einhaltung der Regeln nicht nachzulassen. Sie warnte vor dem Risiko eines Rückfalls und der Notwendigkeit, die gerade beschlossenen Lockerungen dann wieder zurückzunehmen. «Wir dürfen uns keine Sekunde in Sicherheit wiegen», sagte die CDU-Politikerin am Montag in Berlin. «Wir müssen wachsam und diszipliniert bleiben.» In einer Schaltkonferenz des CDU-Präsidiums machte sie nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ihrem Unmut Luft und sprach gar von «Öffnungsdiskussionsorgien» in einigen Ländern.

Am Morgen waren die ersten Lockerungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in Kraft getreten. Kleine und mittlere Geschäfte mit einer Fläche bis 800 Quadratmeter dürfen nun in vielen Bundesländern wieder öffnen. Für die ersten Schüler ging die Schule wieder los: In Sachsen kehrten die Abschlussklassen an ihre Unterrichtsstätten zurück. Die strikten Kontakt- und Abstandsregeln sollen allerdings mindestens bis zum 3. Mai weiter gelten.

«Es wäre jammerjammerschade, wenn wir kommen müssten und sagen müssten, das muss jetzt wieder rückgängig gemacht werden», sagte Merkel über die Lockerungen. Man müsse weiter «schrittweise, langsam und vorsichtig» vorgehen.

Die Kanzlerin reagierte damit auf die immer lauteren Rufe nach weiteren Lockerungen und Bestrebungen in manchen Ländern, Restriktionen möglichst schnell wieder aufzuheben. «Es kann auch ein Fehler sein, dass man zu schnell voranschreitet», sagte die Kanzlerin an die Adresse der Ministerpräsidenten. «Die Situation, die wir jetzt haben, ist trügerisch.» Denn wie sich etwa die nun beschlossene Öffnung vieler Geschäfte auswirke, sei nicht vorherzusehen.

Der Berliner Virologe Christian Drosten warnte davor, dass die Epidemie in nicht erwarteter Wucht und dann flächendeckend wieder losgehen könnte. In den Intensivstationen werde es immer ein bisschen voller. Das stimme ihn sorgenvoll, sagte der Chef-Virologe des Universitätsklinikums Charité in seinem NDR-Podcast.

Fast gleichzeitig mit Merkels Appell zur Disziplin brachte Familienministerin Franziska Giffey vom Koalitionspartner SPD aber eine weitere Lockerung ins Gespräch: eine vorsichtige Öffnung von Spielplätzen - insbesondere in Städten. Alle Kinder bräuchten Bewegung und freies Spiel, sagte sie. Man müsse darüber reden, inwieweit eine teilweise Öffnung möglich sei, etwa mit einer begrenzten Zahl von Kindern.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Steigende Kosten und internationale Konkurrenz setzen dem Weinbau zu. Im Kloster Eberbach bei Eltville wollen Minister aus acht Bundesländern der Branche helfen. Worum soll es in ihren Gesprächen gehen?

Verbesserter Datenaustausch und digitale Prüfungen sollen den Kampf gegen illegale Beschäftigung effektiver machen. In der letzten Woche hat der Bundestag das Gesetz zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung verabschiedet. Der DEHOGA begrüßt die angestrebte Bürokratieentlastung, mahnt aber Ursachenbekämpfung an.

Das Europäische Parlament hat den Weg für eine deutliche Entbürokratisierung im Bereich Lieferketten, Nachhaltigkeitsberichterstattung und Taxonomie freigemacht. Der DEHOGA begrüßt die damit verbundene Chance auf durchgreifende Vereinfachungen und einen mittelstandsfreundlicheren Ansatz.

Die Koalition plant die Senkung der Luftverkehrsteuer. Das Vorhaben polarisiert: Während die Reisewirtschaft eine Trendwende und Entlastung sieht, hagelt es Kritik von Umwelt- und Klimaschützern.

Nach 36 Jahren beim DEHOGA Bundesverband und fast 20 Jahren als Hauptgeschäftsführerin ist Ingrid Hartges heute in Berlin offiziell verabschiedet worden. Die feierliche Veranstaltung fand im JW Marriott Hotel Berlin statt und vereinte führende Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Medien der Branche und ihrer Partner.

Das bestehende Minijob-System steht im Zentrum einer politischen Debatte. Eine Gruppe von Unions-Bundestagsabgeordneten sehen in der geringfügigen Beschäftigung einen „Systemfehler“, der reguläre Arbeit verdrängt und unsozial sei. Der DEHOGA Bundesverband hingegen warnt eindringlich vor den Konsequenzen einer Abschaffung.

Studierende in Niedersachsen sollen bald wieder ein warmes Mittagessen für 2,50 Euro bekommen. SPD und Grüne im Landtag wollen das sogenannte «Niedersachsen-Menü» an allen Hochschulen im Land neu auflegen. Fünf Millionen Euro sind dafür eingeplant.

Darf die EU Kriterien für die Festsetzung von angemessenen Mindestlöhnen vorgeben? Das höchste europäische Gericht sagt in einem neuen Urteil Nein. Auf die Höhe des Mindestlohns in Deutschland hat die Entscheidung keine direkte Auswirkung.

Macht ein EU-Urteil Änderungen am deutschen Mindestlohn-System notwendig? Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie die Politik blicken an diesem Dienstag gespannt nach Luxemburg.

Vertreter von Bundesregierung, Bundesländern, Wirtschaft und Gewerkschaften haben für die duale Berufsausbildung in Deutschland geworben und auf akute Probleme auf dem Ausbildungsmarkt hingewiesen. Die Lage sei mehr als herausfordernd, sagte Wirtschaftsministerin Katherina Reiche.