Arbeitsministerium plant Homeoffice-Pflicht

| Politik Politik

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plant über eine neue Verordnung die Einführung einer Homeoffice-Pflicht für Unternehmen. Zudem sind schärfere Regeln am Arbeitsplatz vorgesehen, um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus im Arbeitsleben zu verhindern. Der entsprechende Entwurf für die Verordnung liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Arbeitgeber warnen vor einer «Homeoffice-Bürokratie».

Ab einer sogenannten Sieben-Tage-Inzidenz von 50 sollen Arbeitgeber demnach verpflichtet werden, «den Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung (Homeoffice) auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen», heißt es in dem Verordnungsentwurf. Im Betrieb soll zudem eine Mindestfläche von zehn Quadratmetern pro Beschäftigtem in einem Raum nicht unterschritten werden, «soweit die auszuführenden Tätigkeiten dies zulassen». Zuvor hatte auch das Nachrichtenportal «The Pioneer» darüber berichtet. Für etwaige Kontrollen der Umsetzung der geplanten Vorgaben sind die örtlichen Behörden zuständig.

Die Verordnung lässt aber auch Spielräume. So heißt es, dass für den Fall, dass die genannten Maßnahmen nicht oder nicht vollständig umsetzbar seien, der Arbeitgeber «durch andere geeignete Schutzmaßnahmen den gleichwertigen Schutz der Beschäftigten sicherzustellen» habe, «insbesondere durch Lüftungsmaßnahmen und geeignete Abtrennungen zwischen den anwesenden Personen».

Bund und Länder wollten an diesem Dienstag bei ihren Beratungen die Themen Arbeitsschutz und Homeoffice erörtern. In den vergangenen Tagen hatte es Aufrufe an die Wirtschaft gegeben, Beschäftigten angesichts der Corona-Lage, dort wo es möglich ist, Homeoffice anzubieten. Heil hatte aber bereits am Montag angekündigt, dass über die Appelle hinaus an einer Regelung für mehr Verbindlichkeit gearbeitet werde.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sagte am Dienstag am Rande von digitalen Beratungen der EU-Finanzminister: «Ich glaube, dass wir alle einig sind, dass es jetzt darum geht, dass wir dafür sorgen, dass mehr Homeoffice zustande kommt, wo das möglich ist.» Das reduziere die Kontakte in den Betrieben und die Kontakte bei der Fahrt zur und von der Arbeit. Er sei sicher, dass «Verbindlichkeit» das Ergebnis der Beratungen von Bund und Ländern am Dienstag sein werde. «Das ist mein sehr fester Eindruck», sagte Scholz. Er sehe in dieser Frage große Einigkeit.

Die geplante Verordnung macht weitere Vorgaben für Arbeitgeber zur Organisation des Arbeitsalltags im Betrieb: So sollen ab einem Inzidenzwert von 50 unter bestimmten Bedingungen «mindestens medizinische Gesichtsmasken» (OP-Masken) gestellt werden. Auch gemeinsames Essen im Pausenraum wird ab diesem Wert untersagt. Ab einer Inzidenz von 200 sollen Arbeitgeber größerer Betriebe, in denen Beschäftigte auf engem Raum arbeiten, auch wöchentlich Schnelltests anbieten.

Aus der Wirtschaft kam Kritik: «Nur wenige Tage nachdem der Bundespräsident, die Gewerkschaften und die Arbeitgeber einen entschlossenen und gemeinsamen Appell an Unternehmen und Beschäftigte gerichtet haben, schlägt die Politik in einer Art Ersatzhandlung eine Homeoffice-Bürokratie vor», erklärte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände am Dienstag. Eine solche würde in ihrer Wirksamkeit «zweifelsfrei» hinter dem Handeln der Sozialpartner zurückbleiben.

Weiter hieß es, die Ankündigung zu einer «Homeoffice-Verordnung» sei mit Verwunderung zur Kenntnis genommen worden. «Es bleibt abzuwarten, ob sich die Verantwortlichen klar darüber sind, dass sie damit zukünftige gemeinsame Interessen im Rahmen der Sozialpartnerschaft erschweren oder verhindern.» Sozialpartnerschaft sei immer wirksamer als «bürokratischer Aktionismus». (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Finanzminister Heere will Steuertricks in der Gastronomie erschweren – auch, um Steuerausfälle bei einer Senkung der Umsatzsteuer für die Branche zu kompensieren.

Auf dem Hauptstadtkongress des Deutschen Reiseverbandes hat DRV-Präsident Norbert Fiebig eine klare politische Kurskorrektur gefordert. Angesichts schwacher Konjunkturaussichten, steigender Preise und einer zunehmenden Bürokratielast sei die wirtschaftliche Lage der Branche ernst.

Das Europaparlament will Bezeichnungen wie «Veggie-Burger» oder «Soja-Schnitzel» verbieten lassen. Auch Begriffe wie «Steak» oder «Wurst» sollen dem Willen einer Mehrheit der Abgeordneten zufolge künftig nur noch für tierische Lebensmittel verwendet werden dürfen.

Der Vorsitzende der Partei Die Linke, Jan van Aken, hat sich für die verpflichtende und kostenfreie Abgabe von Leitungswasser in Restaurants ausgesprochen. Seiner Ansicht nach ist dies eine einfache und längst überfällige Maßnahme, um Menschen mit geringem Einkommen die Teilhabe am gesellschaftlichen Alltag zu ermöglichen.

Dürfen vegetarische und vegane Produkte bald nicht mehr «Schnitzel» oder «Wurst» heißen? Im Europaparlament steht eine entscheidende Abstimmung an, das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen.

Die Österreichische Hotelvereinigung fordert angesichts der massiv gestiegenen Kosten die sofortige Halbierung der Mehrwertsteuer von 10 auf 5 Prozent, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und Konsum sowie Konjunktur anzukurbeln.

Verbraucherschützer sprechen sich deutlich gegen ein mögliches Verbot von Bezeichnungen wie «Tofu-Wurst» oder «Soja-Schnitzel» aus. Das Europaparlament will am Mittwoch über ein entsprechendes Vorhaben abstimmen.

Die niederländische Tourismusbranche steht vor einer möglichen drastischen Änderung: Die Regierung in Den Haag plant, die Mehrwertsteuer auf Übernachtungen von derzeit 9 auf 21 Prozent anzuheben. Die Maßnahme soll laut Medienberichten ab dem 1. Januar 2026 in Kraft treten. Branchenvertreter warnen vor drastischen Folgen.

 

Die Neuköllner Kulturkneipe «Bajszel» ist erneut Ziel antisemitischer Anfeindungen geworden. Rund um die Schenke brachten unbekannte Flugblätter an, auf denen die drei Betreiber abgebildet sind und wegen angeblicher Unterstützung Israels persönlich bedroht werden.

Weniger Werbung für Ungesundes: Vor allem Kinder sollen dadurch geschützt werden. Die britische Regierung erhofft sich langfristig Milliardeneinsparungen im Gesundheitssektor.