Baden-Württemberg lockert Corona-Regeln für Gastronomie - Clubs und Discos bleiben zu

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Baden-Württemberg lockert trotz Omikron-Welle seine Corona-Regeln für Geschäfte, Gastronomie und Großveranstaltungen leicht. Die neue Corona-Verordnung solle Freitag in Kraft treten, kündigte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Mittwoch im Landtag an. Allerdings bleiben Clubs und Diskotheken wegen erhöhter Ansteckungsgefahr auch nach einer Rückkehr in die normale Alarmstufe geschlossen. Zugleich soll es künftig länger dauern, bis das Land die Alarmstufe II mit härteren Einschränkungen ausrufen kann. Außer bei der AfD gab es von der Opposition kaum Kritik an den geplanten neuen Regeln.

In Innenräumen von Restaurants wieder 2G

Von diesem Freitag an gilt im Einzelhandel die 3G-Regel, Ungeimpfte können dann mit einem aktuellen Test wieder einkaufen. Auch in der Gastronomie komme eine leichte Öffnung, kündigte Kretschmann an. Mit der von der Justiz angemahnten Rückkehr in die normale Alarmstufe gilt in Innenräumen von Restaurants wieder 2G. Bisher mussten Geimpfte und Genesene noch einen Test vorweisen (2G plus). Die Sperrstunde ab 22.30 Uhr entfällt in der zweithöchsten Stufe. Bei Großveranstaltungen in Sport und Kultur werden wieder mehr Zuschauer zugelassen.

Baden-Württemberg lockert Corona-Regeln für Gastronomie - Clubs und Discos bleiben zu

Wegen der rasanten Verbreitung der Omikron-Variante will Kretschmann aber keine Entwarnung geben. Es sei deshalb nicht verantwortbar, Clubs und Diskotheken wieder zu öffnen. «Wir gehen an dieser Stelle auf Nummer sicher», sagte er. Eigentlich hätte bei einer Rückkehr in die Alarmstufe die 2G-Regel gegolten. Das heißt, Geimpfte und Genesene hätten dann in Clubs und Discos gehen können. Mit der neuen Corona-Verordnung, die Donnerstag verkündet werden soll, bleiben auch Messe-Veranstaltungen untersagt. Auch hier verschärfte die Regierung die Regeln in der normalen Alarmstufe.

Hintergrund ist, dass die Regierung aus Grünen und CDU das reguläre Stufensystem wieder in Kraft setzen muss. Zuletzt hatte sie wegen Omikron die Alarmstufe II mit harten Einschränkungen eingefroren. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hält dieses Vorgehen aber für voraussichtlich rechtswidrig. Kretschmann bekräftigte, Omikron bringe zwar weniger schwere Krankheitsverläufe, sei aber deutlich ansteckender. Die Gefahr einer Überlastung der Krankenhäuser sei weiter vorhanden, auch wenn die Zahl der mit Covid-Patienten belegten Intensivbetten zuletzt deutlich gesunken sei.

Im Fußballstadion sind in der normalen Alarmstufe wieder bis zu 6000 Zuschauer zugelassen, wenn der Veranstalter die 2G-plus-Regel anwendet. Das heißt, die Besucherinnen und Besucher müssen geimpft oder genesen und zusätzlich getestet sein. Wenn die Veranstalter mit der 2G-Regel arbeiten wollen, gilt eine Obergrenze von 3000 Zuschauern. 10 Prozent dürfen Stehplätze sein. Die Besucher müssen aber wie üblich eineinhalb Meter Abstand halten.

«Umzüge im Freien müssen wir leider untersagen»

Bei Kulturveranstaltungen wie Konzerten sind in geschlossenen Räumen 3000 Besucher zugelassen - unter der Bedingung, dass 2G plus am Eingang angewendet wird. Bei 2G ist die Obergrenze 1500. Für alle Veranstaltungen gelte, dass höchstens die Hälfte der Kapazitäten ausgeschöpft werden dürfen. Das gilt auch für Fastnachtsfeste. «Umzüge im Freien müssen wir leider untersagen», sagte Kretschmann.

Die Regeln für private Treffen blieben unverändert. Das heißt, dass Ungeimpfte Kontaktbeschränkungen einhalten müssen. Ein Haushalt darf sich höchstens mit zwei weiteren Personen treffen. Eine Verschärfung gibt es bei der Maskenpflicht in Bussen und Bahnen. Dort gilt von Freitag an eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken.

Grün-Schwarz hatte Mitte Januar aus Sorge vor Omikron die Alarmstufe II in der Corona-Verordnung beibehalten und damit die Grenzwerte für die Belastung der Krankenhäuser bis Ende Januar außer Kraft gesetzt. Weil die Belastung der Krankenhäuser in den vergangenen Wochen - relativ gesehen - gesunken ist, muss die Regierung eigentlich die Maßnahmen etwas lockern. Darauf pocht auch der VGH.

Zahl der Patienten auf Intensivstationen gesunken

Die Corona-Inzidenz ist wegen Omikron in den vergangenen Tagen auf über 800 stark gestiegen. Allerdings ist die Zahl der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen auf 286 gesunken. Die landesweite Hospitalisierungsinzidenz lag zuletzt bei 4,8. Sie gibt an, wie viele Corona-Infizierte innerhalb einer Woche pro 100 000 Einwohner in Krankenhäuser gebracht werden.

Kretschmann erklärte, mit der Hospitalisierungsrate von über 3,0 sei die Voraussetzung für die Alarmstufe erfüllt - auch wenn die Obergrenze der Intensivbetten von 390 nicht erreicht werde. Künftig gelte aber für das Erreichen der Alarmstufe II eine neue Regel: Diese werde nur ausgerufen, wenn beide Grenzwerte überschritten werden. Das heißt, die Hospitalisierungsrate müsste über 6 steigen und es müssten mehr als 450 Covid-Patienten auf Intensivstationen liegen. «Diese Verknüpfung ist neu», erklärte der Regierungschef.

SPD und FDP hielten der Regierung vor, dass der VGH das Einfrieren der Alarmstufe II gerügt hatte. Kretschmann habe hier «willkürlich» gehandelt, kritisierte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. «Der erste, der sich nicht an die eigenen Regeln hält, ist Winfried Kretschmann. Da braucht er sich nicht zu wundern, dass Menschen auf die Straße gehen.» Er vermisse eine Exit-Strategie: «Wie stellen sie sich vor, dass es weiter geht, wenn diese Pandemie – so Gott will – demnächst endet?»

Neue Corona-Regeln ab Freitag - Wo gibt es Erleichterungen?

Der Ministerpräsident bleibt misstrauisch. Es sei noch immer unklar, mit welcher Wucht die Omikron-Welle das Land und somit das Gesundheitssystem treffe, sagt Winfried Kretschmann am Mittwoch im Stuttgarter Landtag. Die Signale seien widersprüchlich. «Und solange können wir nicht auf breiter Linie lockern.» Doch wer sich die neuen Corona-Regeln genauer anschaut, die von Freitag an in Baden-Württemberg gelten sollen, entdeckt eine ganze Reihe von Erleichterungen - auch für Ungeimpfte.

Wie kommt es, dass Kretschmann nun doch erste Öffnungsschritte geht? Hatte er nicht am Montag mit den anderen Ministerpräsidenten und Kanzler Olaf Scholz (SPD) beschlossen, die Maßnahmen im Grunde beizubehalten? Die Erklärung: Der Grünen-Politiker steht unter Zeitdruck und hat die Justiz sowie den Bayern Markus Söder im Nacken - und auch in seiner eigenen grün-schwarzen Regierung gibt es kritische Stimmen.

Zurück in die Alarmstufe - warum eigentlich?

Die Justiz hat der Regierung Kretschmann klare Ansagen gemacht. Der Verwaltungsgerichtshof hält das Einfrieren der Alarmstufe II mit strikten Einschränkungen vor allem für Ungeimpfte für voraussichtlich rechtswidrig. Weil die Grenzwerte bei der Belastung der Kliniken zuletzt unterschritten wurden, hätte das Land eigentlich längst in die normale Alarmstufe zurückgehen - und lockern müssen. Nun setzt Grün-Schwarz das reguläre Stufensystem wieder in Kraft, die Regierung hätte die Corona-Verordnung Ende Januar eh neu fassen müssen. Künftig gilt erstmal wieder die weniger scharfe Alarmstufe, die in einigen Punkten aber neu gefasst wurde.

Was sind die größten Lockerungen?

Gastronomie: In der Alarmstufe II galt noch 2G plus und eine Sperrstunde ab 22.30 Uhr. Künftig müssen Geimpfte und Genesene keine aktuellen Test mehr ins Restaurant mitbringen. Und auch die Sperrstunde fällt weg.

Profisport: Geisterspiele sind erstmal passé. Im Stadion sind in der normalen Alarmstufe wieder bis zu 6000 Zuschauer zugelassen, wenn der Veranstalter die 2G-plus-Regel anwendet - Geboosterte sind vom zusätzlichen Test weiter ausgenommen. Wenn die Veranstalter bei der 2G-Regel bleiben wollen, gilt eine Obergrenze von 3000 Zuschauern. 10 Prozent dürfen Stehplätze sein. 10 000 Zuschauer wie in Bayern wollte die Regierung aber nicht zulassen. Die Alarmstufe hätte eigentlich bis zu 25 000 Besucher vorgesehen.

Kultur: Bei Konzerten sind in geschlossenen Räumen 3000 Besucher zugelassen - unter der Bedingung, dass 2G plus am Eingang angewendet wird. Bei 2G ist die Obergrenze 1500. Für alle Veranstaltungen gilt, dass höchstens die Hälfte der Kapazitäten ausgeschöpft werden darf. In Museen und Büchereien gilt ebenfalls nur noch 2G statt 2G plus.

Freizeit: Auch bei touristischen Angeboten wie Skilifts, Seilbahnen und Busreisen müssen Geimpfte und Genesene künftig keinen Test mehr vorweisen. Im Freizeit- und Vereinssport gilt in Hallen ebenfalls kein 2G plus mehr.

Wo gibt es Erleichterungen für Ungeimpfte?

Einzelhandel: Nachdem das Gericht die 2G-Regel im Handel schon gekippt hat, kehrt die Landesregierung auch in ihrer Verordnung wieder zu dem sowieso in der Alarmstufe vorgesehenen 3G zurück. Ungeimpfte können schon seit dem Urteil am Dienstag wieder mit einem aktuellen Test shoppen gehen.

Ausgangssperre: Ungeimpfte dürfen nun auch zwischen 21.00 Uhr und 05.00 Uhr wieder aus dem Haus. Bisher galt in Kreisen mit einer 7-Tage-Inzidenz von mindestens 500, dass Ungeimpfte nur aus zwingenden Gründen nachts das Haus verlassen dürfen. Bis die Ausgangsbeschränkungen wieder greifen, dürfte es dauern. Künftig sollen die Ausgangsbeschränkungen erst greifen, wenn in einem Kreis die Inzidenz von 1500 überschritten wird.

Hochschulen: Seit Montag können auch ungeimpfte Studierende wieder mit negativen Corona-Tests an den Vorlesungen und Übungen teilnehmen. Der VGH hatte schon vergangenem Freitag einem Studenten Recht gegeben. Nun kommt die 3G-Regel auch offiziell.

Wo wurde innerhalb der Alarmstufe verschärft?

Clubs, Discos und Messehallen müssen wegen erhöhter Ansteckungsgefahr geschlossen bleiben. Fastnachtsumzüge sind verboten. In Bussen und Bahnen muss künftig eine FFP2-Maske getragen werden. (dpa)


 

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