Clubs und Kneipen hoffen auf bessere Zeiten

| Politik Politik

Kneipen und Clubs schöpfen mit den Corona-Lockerungen in der Gastronomie Hoffnung auf bessere Zeiten. Mit Blick auf weniger Vorschriften ab diesem Freitag ist die Erleichterung in der Branche groß. «In Kneipen, Bars und Clubs waren die Umsatzeinbrüche noch heftiger als in der Gastronomie insgesamt», sagte Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbandes, der Deutschen Presse-Agentur. «Die Getränke-Gastronomie verspricht sich jetzt viel von den Lockerungen auf 3G.» Auch bei Clubs sei die Freude groß, dass sie endlich weiter machen dürften. Jedoch drückt der Krieg in der Ukraine auf die Stimmung.

Nach mehreren Schließungen und Monaten mit fehlenden Gästen stehen viele der Betriebe unter Druck. Gemessen am Vorkrisenjahr 2019 büßte die getränkegeprägte Gastronomie 2021 preisbereinigt 59 Prozent ihrer Umsätze ein, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Die Gastronomie insgesamt kam etwas glimpflicher davon, verlor aber real immer noch fast 38 Prozent der Umsätze.

Es sei dringend nötig, wieder ins Normalgeschäft zu kommen, meint Hartges. Kneipen und Bars hätten auch eine soziale Funktion für die Menschen. «Sie genießen in vielen Vierteln Kultstatus». Für die Betreiber seien die Lockdowns und Teil-Lockdowns zermürbend gewesen.

In den harten Zeiten wanderte viel Personal ab, etwa Kellner, die anderswo sichere Jobs suchten. Im vergangenen Jahr beschäftigte die getränkegeprägte Gastronomie mehr als 155 000 Menschen - knapp ein Drittel weniger als vor der Pandemie 2019 (gut 227 000).

Im Gastgewerbe bleibe die Situation sehr kritisch, berichtete das Ifo-Institut nach einer Umfrage im Januar. Mehr als die Hälfte der Betriebe im Gastgewerbe fühle sich in ihrer Existenz bedroht.

Ab diesem Freitag soll der Zugang zu Gastronomie und Hotellerie nicht nur für Geimpfte und Genesene, sondern auch mit einem negativen Test (3G) möglich sein. Diskotheken und Clubs sollen für Genesene und Geimpfte mit Test oder dritter Impfung (2G plus) öffnen dürfen - für sie ist es die erste Öffnung überhaupt seit Monaten.

«Viele in der Branche sind total euphorisch, dass es endlich weiter geht», sagt Pamela Schobeß, politische Sprecherin des Verbands der Musikspielstätten in Deutschland (LiveKomm). Sie ist zuversichtlich, dass die Clubs in vielen Bundesländern unter guten Bedingungen wieder Konzerte und Clubnächte veranstalten dürfen. «Es ist wichtig, dass wir ohne Kapazitätsbeschränkung, ohne Maske und Abstandsregeln öffnen können.» Gäste seien offen für Antigen-Tests. «Bei unserem Publikum kommt das gut an». Überhaupt sei die Impfquote bei den Gästen hoch.

Doch gibt es mit Blick auf den Krieg in der Ukraine noch genug Ausgelassenheit für lange Partynächte? Putins Angriff auf die Ukraine mache fassungslos, sagt Schobeß. «Niemandem kann jetzt nach Feiern zumute sein. Aber vielleicht ist es gut, dass wir gerade jetzt unsere Räume für Gemeinschaften zur Verfügung stellen können. Dass wir zusammenkommen können und mit unserer Erschütterung, unserer Angst und auch unserer Wut nicht allein sind.»

Die Clubs arbeiteten daran, ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine zu stellen. «Wir brauchen Vorlaufzeiten von sechs bis neun Monaten, um Tourneen zu planen und große Acts oder internationale Künstler zu engagieren», sagt Schobeß, die den Club Gretchen in Berlin betreibt. Es werde etwas dauern, bis der Normalbetrieb zurückkomme. Gerade in Berlin fehlten Touristen, die früher massenhaft wegen der Club-Kultur in die Hauptstadt kamen. Als zusätzliche Belastung kämen nun auch noch höhere Personalkosten und steigende Mieten hinzu.

Auch sei in den vergangenen zwei Jahren, als die Branche 75 bis 95 Prozent ihrer Umsätze eingebüßt habe, viel Personal abgewandert - etwa Techniker, Security-Kräfte, aber auch Leute für die Bar oder Garderobe. Schobeß schätzt den Verlust auf 30 bis 50 Prozent. «Viele werden nicht zurückkommen.» Und bei aller Euphorie, dass es nun weiter geht, schwingt auch die Sorge vor dem kommenden Herbst mit.

Im Veranstaltungsbereich seien vor allem Selbstständige und Hilfskräfte abgewandert, berichtete jüngst Jens Michow, Präsident beim Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft. Für Veranstaltungsfirmen sei das ein schmerzlicher Verlust.

Insolvenzen im großen Stil blieben bei Clubs bisher immerhin aus, sagt Schobeß. «Die Corona-Hilfen liefen gut und wurden immer wieder auf unsere Bedürfnisse angepasst», lobt sie. «Aber gerade jetzt brauchen wir weitere Unterstützung, bis wir wirtschaftlich wieder auf eigenen Füßen stehen können. Sonst war alles umsonst.» (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Verbesserter Datenaustausch und digitale Prüfungen sollen den Kampf gegen illegale Beschäftigung effektiver machen. In der letzten Woche hat der Bundestag das Gesetz zur Modernisierung und Digitalisierung der Schwarzarbeitsbekämpfung verabschiedet. Der DEHOGA begrüßt die angestrebte Bürokratieentlastung, mahnt aber Ursachenbekämpfung an.

Das Europäische Parlament hat den Weg für eine deutliche Entbürokratisierung im Bereich Lieferketten, Nachhaltigkeitsberichterstattung und Taxonomie freigemacht. Der DEHOGA begrüßt die damit verbundene Chance auf durchgreifende Vereinfachungen und einen mittelstandsfreundlicheren Ansatz.

Die Koalition plant die Senkung der Luftverkehrsteuer. Das Vorhaben polarisiert: Während die Reisewirtschaft eine Trendwende und Entlastung sieht, hagelt es Kritik von Umwelt- und Klimaschützern.

Nach 36 Jahren beim DEHOGA Bundesverband und fast 20 Jahren als Hauptgeschäftsführerin ist Ingrid Hartges heute in Berlin offiziell verabschiedet worden. Die feierliche Veranstaltung fand im JW Marriott Hotel Berlin statt und vereinte führende Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Medien der Branche und ihrer Partner.

Das bestehende Minijob-System steht im Zentrum einer politischen Debatte. Eine Gruppe von Unions-Bundestagsabgeordneten sehen in der geringfügigen Beschäftigung einen „Systemfehler“, der reguläre Arbeit verdrängt und unsozial sei. Der DEHOGA Bundesverband hingegen warnt eindringlich vor den Konsequenzen einer Abschaffung.

Studierende in Niedersachsen sollen bald wieder ein warmes Mittagessen für 2,50 Euro bekommen. SPD und Grüne im Landtag wollen das sogenannte «Niedersachsen-Menü» an allen Hochschulen im Land neu auflegen. Fünf Millionen Euro sind dafür eingeplant.

Darf die EU Kriterien für die Festsetzung von angemessenen Mindestlöhnen vorgeben? Das höchste europäische Gericht sagt in einem neuen Urteil Nein. Auf die Höhe des Mindestlohns in Deutschland hat die Entscheidung keine direkte Auswirkung.

Macht ein EU-Urteil Änderungen am deutschen Mindestlohn-System notwendig? Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie die Politik blicken an diesem Dienstag gespannt nach Luxemburg.

Vertreter von Bundesregierung, Bundesländern, Wirtschaft und Gewerkschaften haben für die duale Berufsausbildung in Deutschland geworben und auf akute Probleme auf dem Ausbildungsmarkt hingewiesen. Die Lage sei mehr als herausfordernd, sagte Wirtschaftsministerin Katherina Reiche.

Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) fordert eine rasche und dauerhafte steuerliche Entlastung für das Gastgewerbe. Der Verband sieht darin einen entscheidenden Faktor für die Zukunftsfähigkeit und Attraktivität der Innenstädte.