DEHOGA-BW warnt vor Wirtshaussterben

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Der DEHOGA Baden-Württemberg warnt vor einem Verschwinden der Gasthäuser und Gasthöfe auf dem Land. Die Zahl der Unternehmen im Gastgewerbe sei im Südwesten von 2008 bis 2016 um acht Prozent auf 30.800 gesunken. Dabei zeige sich, dass vor allem Wirte und Hoteliers im ländlichen Raum aufgeben.

Im ländlichen Raum gibt es immer weniger Gasthäuser und Gasthöfe. Beim Landesdelegiertentag des DEHOGA Baden-Württemberg am 5. November in Esslingen hat DEHOGA-Landesvorsitzender Fritz Engelhardt die Landesregierung deshalb aufgefordert, mit einem Aktionspaket für die Branche gegenzusteuern. 

Gastredner beim DEHOGA-Landesdelegiertentag waren der für Tourismus zuständige Minister der Justiz und für Europa, Guido Wolf, sowie Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut. Beide betonten in ihren Reden die wirtschaftliche Bedeutung des gastgewerblichen Mittelstandes fürs Land.

Die aktuelle Lage der Branche hatte der DEHOGA-Landesvorsitzende Fritz Engelhardt zuvor in deutlichen Worten beschrieben: Trotz guter Konjunktur und ordentlicher Gästenachfrage sei die Stimmung in vielen Betrieben kritisch. Der Mitarbeitermangel bringe viele Unternehmerfamilien an die Grenzen der Belastbarkeit. Steigende Kosten – vor allem im Personalbereich – ließen die Erträge so stark schrumpfen, „dass sich die Schufterei oft nicht lohnt.“ Außerdem habe die Bürokratie ein Ausmaß angenommen, das Kleinbetriebe überfordere.
Die Folge: Vor allem in ländlichen Regionen hat die Zahl der gastgewerblichen Betriebe stark abgenommen. Als Beispiel nannte Engelhardt den Main-Tauber-Kreis, wo seit 2008 fast ein Viertel der Betriebe verloren gegangen sind. Auch in anderen ländlich geprägten Kreisen wie Sigmaringen (-19,8%), Alb-Donau-Kreis (-19,1%) oder Neckar-Odenwald-Kreis (–19,9 Prozent) ist die Zahl der Betriebe stark rückläufig.

„Ich rate allen, die in der Wirtschafts- und Tourismuspolitik unseres Landes Verantwortung tragen, diese Entwicklung sehr ernst zu nehmen“, betonte Engelhardt vor rund 350 Zuhörern im Esslinger Neckar Forum. „Der schönste Wanderweg und der beste Radweg nützen wenig, wenn es am Wegesrand kein geöffnetes Gasthaus mehr gibt. Eine erfolgreiche Tourismuswirtschaft braucht ein wirtschaftlich gesundes Gastgewerbe. Und zwar nicht nur in den Städten, sondern auch im ländlichen Raum.“

Um gegenzusteuern, brauche es Veränderungen in Bund und Land. Konkret sprach sich der Verbandsvorsitzende für eine Bundesratsinitiative Baden-Württembergs zur Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes aus. Ebenso plädierte Engelhardt für „mitwachsende“ Minijobs – also für eine Dynamisierung der 450-Euro-Entgeltgrenze. Notwendig sei außerdem „endlich eine faire Steuerpolitik“, also ein einheitlicher, reduzierter Mehrwertsteuersatz für Speisen, der die krasse Benachteiligung der Sitzplatz-Gastronomie bei der Mehrwertsteuer beende.

Weil das Land Baden-Württemberg aber Entscheidungen, die in Bundeskompetenz liegen, nur begrenzt beeinflussen könne, sei es „um so wichtiger, dass wir hier im Land alle Stellschrauben nutzen, an denen wir selbst drehen können“, betonte Engelhardt.

Der Verbandsvorsitzende regte ein landesweites Aktionspaket zur Stärkung der Gastronomie an. Hier werde sich der DEHOGA auch selbst einbringen – zum Beispiel, wenn es darum gehe, den Betrieben aktive Hilfe bei der Bewältigung der täglichen Bürokratie zu bieten. „Wir können uns da persönliche Beratung, aber auch smarte digitale Helfer vorstellen, und wir sind als Verband bereit, einen solchen Service mit zu entwickeln. Dafür brauchen wir aber Unterstützung vom Land“, erklärte Engelhardt.

Als weitere Elemente eines Aktionspaketes schlug Engelhardt den weiteren Ausbau der Investitionsförderung für mittelständische Betriebe vor, denn: „Wir alle wissen: Nur wer investieren kann, hat Zukunft.“

Auch die vorhandenen guten Ansätze zur Unterstützung von Betrieben beim Generationenwechsel gelte es zu verstärken. „Warum muss ein Betriebsübernehmer eigentlich alle gesetzlichen Anforderungen am Stichtag der Übernahme erfüllen? Könnten wir diese oft teuren Hürden zum Beispiel im Baurecht oder beim Denkmalschutz nicht zeitlich strecken?“, schlug Engelhardt vor.
Am Ende seiner Rede richtete Engelhardt einen Appell an die Landesregierung: „Lasst uns die Leistungsträger im Tourismus – die Gastronomie und Hotellerie – stärken. Gastgewerbe und Tourismus bieten enorme Chancen. Aber wir gefährden diese Chancen, wenn wir zulassen, dass uns Strukturen im ländlichen Raum wegbrechen.“

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