Gastgewerbe und Tourismus in NRW fordern Wechsel in der Corona-Politik

| Politik Politik

In einem offenen Brief an die Landesregierung fordern DEHOGA NRW und Tourismus NRW einen Paradigmenwechsel in der Corona-Politik. Dabei steht die Forderung im Mittelpunkt, politische Entscheidungen nicht mehr nur von Inzidenzwerten abhängig zu machen. Bei einem Beibehalt der jetzigen Regelungen werden gravierende, nicht mehr durch finanzielle Hilfen kompensierbare Auswirkungen, vor allen Dingen im Bereich der Beschäftigung, erwartet. Die Branchen sichern Unterstützung bei Impfkampagnen zu.

Die Lage im nordrhein-westfälischen Tourismus und seinem wichtigsten Leistungsträger, dem Gastgewerbe, spitzt sich bei steigenden Inzidenzen in Nordrhein-Westfalen absehbar zu, wenn an der bisherigen Coronapolitik mit einem Allein-Fokus auf die 7-Tage-Inzidenz festgehalten wird. Massive Einschränkungen bis hin zu Schließungen wären die Konsequenz. Schon jetzt dürfen Clubs und Diskotheken nicht mehr öffnen, in manchen Städten wie Solingen und Düsseldorf drohen Restaurantschließungen. Aus diesem Grund fordern DEHOGA NRW (Hotel- und Gaststättenverband) und Tourismus NRW in einem offenen Brief an Ministerpräsident Laschet, Gesundheitsminister Laumann und Wirtschaftsminister Pinkwart einen Paradigmenwechsel im Umgang mit der Corona-Pandemie spätestens mit der nächsten Coronaschutzverordnung. Die jetzige läuft am 5. August aus.

"Der alleinige Fokus auf die Inzidenzwerte ist überholt. Das gilt für die Landes- wie für die Bundesebene. Der Impffortschritt, der weitestgehende Schutz der vulnerablen Gruppen, die geringe Belastung des Gesundheitssystems, die geringe Quote an schweren Krankheitsverläufen, aber auch die Altersstruktur der Infizierten sind Gründe genug, sich neu aufzustellen. Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben. Erneute Schließungen wären psychologisch wie wirtschaftlich eine Katastrophe", betonen Haakon Herbst, Regionalpräsident im DEHOGA Nordrhein-Westfalen und Dr. Achim Schloemer, Vorstandsvorsitzender von Tourismus NRW und verweisen auf Corona-bedingte Umsatzeinbrüche in der Tourismuswirtschaft von zeitweise über 80 Prozent.

Ein besonderes Augenmerk legen die Vertreter von Gastgewerbe und Tourismus auf die Beschäftigungsentwicklung seit Ausbruch der Pandemie. Die nordrhein-westfälische Tourismuswirtschaft sicherte vor Corona rund 650.000 Arbeitsplätze, über 400.000 davon allein in Gastronomie und Hotellerie: "Wir haben in den zehn Jahren vor Corona circa 100.000 neue Beschäftigte in Gastronomie und Hotellerie einstellen können. Am 31.12.2019 arbeiteten in unseren Betrieben in NRW knapp 410.000 Menschen. Ein Jahr später waren es noch rund 330.000. Corona hat also eine Dekade Beschäftigungszuwachs pulverisiert", beschreibt Haakon Herbst die Lage.

Der DEHOGA geht sogar davon aus, dass der Lockdown in den ersten vier Monaten des aktuellen Jahres zu einem weiteren Beschäftigungsschwund geführt hat. "Dieser traurige Trend wird weitergehen, wenn Betrieben und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keine Offenbleibe-Perspektive gegeben wird. Dieser Aderlass lässt sich auch nicht durch neue finanzielle Unterstützungen ausgleichen", ist sich Herbst sicher. Viele Beschäftigte habe man schon gänzlich verloren, aber es gäbe noch einen erheblichen Teil, der einer Rückkehr in die Tourismus-Betriebe und dort vor allen Dingen in die des Gastgewerbe entgegenfiebere, wenn ihnen eine Perspektive gegeben würde.

Tourismus und Gastgewerbe sehen im weiteren Impffortschritt die beste Versicherung nicht nur für die Gesellschaft, sondern auch für ihre Unternehmen im Umgang mit der Pandemie. "Je schneller und je mehr Menschen geimpft werden, desto besser ist es für uns alle. Wenn wir hier einen Beitrag leisten können, sind wir sehr gerne bereit, das zu tun", so Schloemer und Herbst abschließend.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Gastronomie und Hotellerie in Deutschland haben weiterhin mit großen Problemen zu kämpfen. Die Betriebe beklagen Umsatzverluste, Kostensteigerungen sowie die Folgen der Mehrwertsteuererhöhung. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes hervor, an der sich 3.175 gastgewerbliche Unternehmer beteiligten.

Die Teil-Legalisierung von Cannabis konnte Bayern nicht verhindern. Dafür arbeitet die Staatsregierung nun an Kiff-Verboten für konkrete Bereiche. Darunter könnten Volksfeste, Biergärten und in Außenbereichen von Gaststätten gehören. Verstöße gegen das Cannabis-Gesetz werden teuer.

Der Slogan «Leistung muss sich wieder lohnen» ist schon etwas angestaubt. Die FDP poliert ihn jetzt auf. Und schlägt unter anderem steuerliche Anreize für bestimmte Leistungsträger vor.

Finanzminister Christian Lindner will Hobbybrauer, die Bier zum eigenen Verbrauch herstellen, bei der Steuer entlasten. Künftig sollen sie pro Jahr 500 Liter Bier steuerfrei brauen dürfen.

Mit dem Projekt COMEX der Bundesagentur für Arbeit/ZAV werden seit 2022 Köchinnen und Köche aus Mexiko in Hotels und Restaurants in Deutschland vermittelt. Der DEHOGA begleitet das Projekt von Anfang an.

Die Bundesagentur für Arbeit hat den DEHOGA Bundesverband informiert, dass für die Arbeitsmarktzulassung (AMZ) von Arbeitnehmern aus Drittstaaten zusätzliche Teams und neue Standorte eingerichtet und die Zuständigkeiten neu verteilt wurden. Grund dafür ist die erwartete Zunahme der Erwerbszuwanderung.

Es fehlen Fachkräfte - in zunehmender Zahl. Künftig sollen vermehrt Menschen aus dem Ausland diese Lücken schließen. Nun geht das Land neue Wege, diese Kräfte schneller in den Arbeitsmarkt zu bringen.

Der Bund der Steuerzahler Mecklenburg-Vorpommern hat die Ausweitung der Steuer von Privat- auf Geschäftsreisende in Schwerin als Abzocke kritisiert. Die Bettensteuer – wie auch die Tourismusabgaben – würden Verbraucher und Betriebe durch höhere Preise und Bürokratie belasten.

Die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse von Geflüchteten aus der Ukraine gelten bis zum 4. März 2025. Darüber informierte das Bundesinnenministerium den DEHOGA Bundesverband und andere Wirtschaftsverbände.

Tübingen ist vorgeprescht: Kaffeebecher und andere Einwegverpackungen werden in der Uni-Stadt besteuert. Andere Kommunen wollen jetzt nachziehen. Doch es gibt noch ein rechtliches Problem. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.