Geteiltes Echo auf Hamburger 2G-Optionsmodell im Gastgewerbe

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Hamburg führt am Samstag das 2G-Optionsmodell ein - und ist damit als Bundesland Vorreiter. Wenn Theater, Clubs und Kinos wollen, dürfen sie nur Geimpfte und Genesene einlassen, keine Getesteten. Wie viele Betriebe machen mit? Hoteliers und Gastronomen sind gespalten.

Hamburg geht von Samstag an einen neuen Weg: Theater, Kinos oder Restaurants dürfen ihre Türen ausschließlich für Geimpfte und Genesene öffnen, wenn sie wollen - dafür sind viele Einschränkungen für die Besucher dann aufgehoben. Nach Angaben der Hamburger Gesundheitsbehörde vom Mittwoch ist der Stadtstaat das erste Bundesland, das das sogenannte 2G-Optionsmodell in der Corona-Pandemie in dieser Form umsetzt. «Neu ist, dass bei solchen Veranstaltungen, bei denen nur Geimpfte und Genesene teilnehmen, die Einschränkungen zu weiten Teilen fallen», sagte ein Sprecher. Doch die Reaktion bei Veranstaltern und Betrieben ist zunächst überwiegend zurückhaltend.

Viele beklagen ungeklärte Fragen und kritisieren, dass die Maskenpflicht in Innenräumen bei 2G weitgehend bestehen bleibt. Sie sehen zudem die Gefahr von Ausgrenzung und wollen deshalb erst einmal das 3G-Modell fortführen. Dieses bezieht Getestete und damit Ungeimpfte mit ein und unterliegt den bisherigen Einschränkungen.

Mitmachen können unter anderem Kneipen, Restaurants, Theater, Kinos, Opern und Beherbergungseinrichtungen. Ausnahmen für Schwangere und Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, soll es laut Gesundheitsbehörde nicht geben. Die Verordnung werde wohl am Freitag veröffentlicht. Einige Reaktionen aus den Branchen:

HOTEL- UND GASTSTÄTTENVERBAND: Das 2-G-Optionsmodell in Hamburg stößt bei den Mitgliedern des Hamburger Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) auf ein geteiltes Echo. «Die einen begrüßen das und betrachten das als Chance», sagte Dehoga-Landesgeschäftsführerin Ulrike von Albedyll. Die anderen sagen, damit werde auf dem Rücken der Betriebe die Impfpflicht indirekt eingeführt. Sie persönlich halte das Modell für einen Schritt Richtung Normalität. «Ich bin schon froh, dass unser vorsichtiger Bürgermeister jetzt doch einen Weg gegangen ist, der überraschend ist.»

Der Deutsche Hotels und Gaststättenverband in Berlin ordnet ein: „3G ist besser als geschlossen.“ Das Wichtigste ist, dass unsere Betriebe dauerhaft geöffnet bleiben und Planungssicherheit haben. Unsere Betriebe wie unsere Beschäftigten brauchen dringend Perspektiven für eine sichere Zukunft. Fakt ist aber auch: Die seit 23. August bundesweit geltende 3G-Regelung bedeutet Mehraufwand und auch Umsatzeinbußen. Gäste müssen sich testen lassen. Das steht spontanen Besuchen in unseren Betrieben entgegen. Die Betriebe wiederum sind verpflichtet, die Nachweise zu kontrollieren. Höhere Hürden für den Besuch gehen mit dem Risiko einher, Gäste zu verlieren und damit Umsatzeinbußen hinnehmen zu müssen. Das steht insbesondere für die Clubs und Diskotheken in den Bundesländern NRW, Hessen und BW zu befürchten, wo als Test ein PCR-Test vorgeschrieben ist. Und dennoch: Die 3G-Regel ist trotz Aufwand definitiv besser, als wieder geschlossen zu werden. Die Reaktionen auf das neue 2G-Optionsmodell in Hamburg sind in der Branche sehr unterschiedlich und oftmals abhängig vom Betriebstyp. Betriebe, die auf Gäste ausgerichtet sind, von denen eine relevante Anzahl geimpft ist, stehen der 2G-Regelung offener gegenüber als Betriebe, die insbesondere jüngere Gäste ansprechen. Eine Vielzahl von Rechtsfragen ist noch offen, hier müssen wir den konkreten Verordnungstext abwarten. Der liegt noch nicht vor. Bei aller öffentlichen Kritik am 2G-Modell ist es jedoch konsequent, mit der Einführung der 2G-Regelung in Hamburg im Gegenzug Auflagen wie zum Beispiel das Abstandsgebot zu streichen. Auch das Bundesland Baden-Württemberg hatte mit der Einführung der 3G-Regelung Auflagen gestrichen oder reduziert. Im Übrigen ist es Hoteliers und Gastronomen im Rahmen der Vertragsfreiheit und ihres Hausrechts schon heute unbenommen, ihre Betriebe nur für Geimpfte und Getestete zu öffnen. Allerdings sind das bisher Einzelfälle. Es bleibt zudem noch abzuwarten, inwiefern und mit welchen Folgen die angekündigte Abkehr vom Inzidenzwert Eingang in jeweiligen Verordnungstexte der Länder findet.

KONZERTVERANSTALTER: Das neue Modell stößt bei der Karsten Jahnke Konzertdirektion auf Skepsis. «Wenn das die Vorschrift ist, um einen regelmäßigen Kulturbetrieb zu bekommen, ist das ein Anfang», sagte der Sprecher des Unternehmens, Frehn Hawel, der «Mopo». «Allerdings steht Hamburg ziemlich alleine da. Für uns als Tournee-Veranstalter ist das keine Grundlage, denn dafür müsste das bundesweit gelten.»

KINO: Das Zeise-Kino werde diese Regelung in absehbarer Zeit nicht einführen, sagte Matthias Elwardt, Geschäftsführer des Zeise Hallen Kinobetriebs. «Ich finde, da sind zu viele Unklarheiten.» Sein Kino sei besonders stark im Kinder- und Jugendbereich. Die Möglichkeit, dass Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre vorerst ungeimpft 2G-Modelle besuchen können, solle ja in sechs Wochen wegfallen. «Aber in sechs Wochen startet der neue Bond-Film.» Zudem sei er überzeugt, dass das Publikum noch gerne Abstand haben möchte.

KONZERTHÄUSER: Auch ein Sprecher von Elbphilharmonie und Laeiszhalle sieht noch viele offene Fragen. «So stellt uns die Regelung, dass Beschäftigte, die sich mit Kundinnen und Kunden in denselben Räumlichkeiten aufhalten, ebenfalls geimpft sein müssen, vor große operative und rechtliche Herausforderungen», sagte er. Vor einer endgültigen Entscheidung müssten die genauen Regelungen abgewartet werden. Fest stehe aber: «Die HamburgMusik wird keine Veranstaltung, für die bereits Karten an Besucher verkauft worden sind, nachträglich unter diese Option fassen.» Daher werde es 2G-Veranstaltungen frühestens im November geben können.

MUSIKCLUBS: Der Vorstand des Clubkombinats Hamburg sieht das neue 2G-Optionsmodell zur Eindämmung von Corona in der Hansestadt aktuell eher kritisch. Bei einer internen Umfrage sei die Hälfte der Clubs noch unentschieden gewesen, ob sie das Modell umsetzen wollten oder könnten, sagte der Vorsitzende Kai Schulz. «Vieles ist noch unklar.» Das Clubkombinat forderte: «Wenn 2G, dann ohne Maske.» Das Clubkombinat vertritt etwa 110 Musikspielstätten, 55 Veranstalter und ein halbes Dutzend Festivals der Hansestadt. «Nach 18 Monaten Dauer-Lockdown der Clublandschaft ist das 2G-Optionsmodell, bei allem Wunsch, wieder aktiv zu werden, jedoch ein Modell, welches uns in eine missliche Lage bringt», sagte Schulz. Es entstehe ein Impfdruck, der mit einem Ausschluss von sozialer Teilhabe einhergehe.

THEATER: Das Ohnsorg-Theater will erst einmal bei 3G bleiben. «Wenn der Staat sich scheut, eine grundsätzliche Impfpflicht einzuführen, dann sollte diese Verantwortung, Menschen zu einem bestimmten Verhalten zu verpflichten, nicht auf die Institutionen verlagert werden», sagte Intendant Michael Lang. Aus seiner Sicht wäre es hilfreicher, die Maskenpflicht am Platz aufzuheben und bei den Sitzen das Schachbrett-Muster vorerst zu belassen. Die Komödie Winterhuder Fährhaus entschloss sich nach Angaben einer Sprecherin, vorerst an der 3G-Regel festzuhalten, um niemanden ausgrenzen.

MUSICALS: Der Sprecher von Stage Entertainment mit vier Musicals in der Hansestadt sagte dem «Hamburger Abendblatt»: «Unsere Musicals befinden sich bereits seit langer Zeit für viele Monate im Voraus im Vorverkauf. Die meisten unserer Gäste haben ihre Tickets unter anderen Voraussetzungen gekauft, das wollen und müssen wir berücksichtigen.» Die aktuelle Entscheidung des Senats werde man in Ruhe im Detail bewerten.

SPORTVERANSTALTUNGEN: Positive Stimmen kommen von Sportveranstaltern. Basketball-Bundesligist Hamburg Towers plant die bevorstehende Saison mit Zuschauern. Der Ticketverkauf soll in den nächsten zwei Wochen beginnen, teilte der Verein mit. Das 2G-Optionsmodell biete die Chance, «auf das Abstandsgebot zu verzichten und Sitz- und Stehplätze frei anzuordnen. Gleichzeitig wird die maximale Personenzahlgrenze in Innenräumen auf 1300 Personen verdoppelt.» Handball-Bundesligist HSV Hamburg erklärte: «Für uns ist es eine denkbare Option, unsere Spiele mit dem 2G-Modell durchzuführen, auch wenn noch viele Detail-Fragen zu klären sind», sagte Geschäftsführer Sebastian Frecke. Fußball-Zweitligist FC St. Pauli sieht die 2G-Regelung als Zukunftsmodell an.


 

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