Niedersachsen für verlängerten Lockdown und gegen Ausgangssperre

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Vor dem Bund-Länder-Treffen zum Kurs in der Corona-Krise hat sich die niedersächsische Landesregierung für eine Verlängerung des Lockdowns bis Mitte Februar ausgesprochen. Von einem verschärften kompletten Lockdown halte das Bundesland mit Blick auf die wirtschaftlichen Schäden gar nichts, sagte Staatskanzleichef Jörg Mielke am Montag in Hannover im Sozialausschuss. «Wir werden keine Verschärfung der Kontaktbeschränkungen vorschlagen.» Wie Mielke sagte, drohten sonst Akzeptanzprobleme. «Wir stellen fest, wir sind dabei, die Schrauben zu fest zuzudrehen.»

Auch eine nächtliche landesweite Ausgangssperre unterstützt die Landesregierung nicht. Bei der aktuellen Corona-Lage in Niedersachsen halte er das nicht für gerechtfertigt, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) der «Neuen Osnabrücker Zeitung». Lediglich in Städten und Landkreisen mit mehr als 200 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohnern binnen einer Woche sei eine solche Maßnahme sinnvoll und werde von den Menschen auch akzeptiert.

Bund und Länder beraten am Dienstag, ob der aktuelle, bis Ende Januar geltende Lockdown verlängert oder noch verschärft wird. Das erst für den 25. Januar geplante Treffen war wegen der weiterhin angespannten Corona-Lage und der Sorge vor Virusmutationen vorgezogen worden.

«Wir fordern eine verbindliche Regelung zum Homeoffice», erklärte Staatssekretär Mielke. Denkbar sei eine Rechtfertigungsverpflichtung für Arbeitgeber, die den Wunsch von Angestellten nach einem Arbeiten von zu Hause aus ablehnen. Alternativ werde Niedersachsen sich mit anderen SPD-geführten Ländern für die Verpflichtung zu mehr Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz stark machen. Dabei gehe es um Testmöglichkeiten sowie die Verfügbarkeit von Masken.

Bei der geltenden Maskenpflicht künftig das Tragen von FFP2-Masken vorzuschreiben, lehnt die niedersächsische Landesregierung ab, sagte Mielke. Allerdings könne man sich verstellen, etwa im öffentlichen Nahverkehr oder beim Besuch von Heimen das Tragen einfacher OP-Masken vorzuschreiben und selbstgenähte Stoffmasken, die einen geringeren Schutz bieten, dort nicht mehr zuzulassen.

Vor einem verschärften Lockdown warnte der Unternehmerverband Niedersachsenmetall. «Die Begründungen der Bundesregierung für eine Verschärfung des Lockdowns beginnen unredlich zu werden», sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands, Volker Schmidt. Wage Modellannahmen und bloße Vermutungen dürften niemals Basis für eine faktische Stilllegung unserer Volkswirtschaft sein.

Die Fraktionschefin der Grünen, Julia Willie Hamburg, pochte darauf, dass Familien mit insbesondere kleinen Kindern nicht zu Leidtragenden der Beschränkungen werden dürften. Treffen in festen kleinen Gruppen, insbesondere von Kindern, müssten ermöglicht werden. Außerdem sei endlich eine Langfriststrategie in der Krise nötig. Der Vorsitzende der FDP-Fraktion, Stefan Birkner, forderte technische Schutzmaßnahmen wie Raumlüfter an Schulen, um dort für alle Klassen den Unterricht in geteilten Klassen wieder zu ermöglichen, der am Montag für die Grundschüler wieder aufgenommen wurde. Die Datengrundlage für die weitere Corona-Politik müsse verbessert werden.

Unterdessen hat Niedersachsen noch keinen Einblick dazu, was die Lieferschwierigkeiten des Impfstoffherstellers Biontech/Pfizer für die Impfkampagne bedeuten. «Wir wissen noch nicht, wann wir mit wie viel rechnen können», sagte der Leiter des Corona-Krisenstabs der Landesregierung, Heiger Scholz, im Sozialausschuss. In dieser Woche erhalte Niedersachsen noch die ursprünglich zugesagte Zahl an Dosen. Inzwischen seien 90.431 Menschen in Niedersachsen geimpft worden, dazu kämen Impfungen an den beiden Universitätskliniken des Landes.

Nachdem es in etlichen Landkreisen Unmut über die Aufteilung des Impfstoffes gegeben hatte, lasse der Krisenstab andere Modelle der Verteilung berechnen, sagte Scholz. Allerdings bleibe die Problematik bestehen, dass der Impfstoff knapp sei und alle Impfzentren lieber mehr Impfdosen erhalten würden.

Um die Corona-Epidemie samt der Gefahr von Virusmutationen unter Kontrolle zu bringen, riet die Göttinger Physikerin Viola Priesemann zu einem kurzen harten Lockdown. Damit könnten die Fallzahlen schnell auf ein niedriges, für die Gesundheitsbehörden nachverfolgbares Niveau gesenkt werden, sagte die Forscherin am Montag im Corona-Sonderausschuss des Landtags. Die Politik müsse sich klar entscheiden, ein Kompromiss helfe nicht weiter.

Der vom Corona-Sonderausschuss ebenfalls befragte Bonner Virologe Hendrik Streeck riet dringend zum Erarbeiten einer besseren Datengrundlage zur Corona-Epidemie. Es fehlten eine Richtschnur und ein vorausschauendes langfristiges Management der Epidemie. «Zahlenspiele und dauerdrohende Voraussagen helfen nicht.» (dpa)


 

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