Nur noch fleischlos? Freiburg streitet um vegetarisches Essen in Kitas und Schulen

| Politik Politik

In Freiburg sollen Kinder in städtischen Kitas und Grundschulen vom kommenden Schuljahr an nur noch vegetarisches Essen bekommen. Über eine entsprechende Regelung wollte der Freiburger Gemeinderat am Dienstag (16.00 Uhr) beraten. Zudem sollen die Preise für Schulessen vom Schuljahr 2023/24 an schrittweise erhöht werden. Der Vorschlag erntete heftige Kritik, unter anderem von Elternbeiräten.

An Freiburger Schulen werden jährlich mehr als 500 000 Mittagessen in den Mensen ausgegeben. Mit der Reduzierung auf nur noch eine Menü-Linie solle der Verwaltungsaufwand sinken, wie es in einer Vorlage für das Treffen heißt. Bisher gibt es zwei Essensvarianten, wobei auch Fleisch und Fisch auf die Teller kommen.

«Da die Schnittmenge verschiedener Ernährungsgewohnheiten ein vegetarisches Angebot ist, soll zukünftig die Menü-Linie vegetarisch sein», heißt es nun. Auf längere Sicht sei es möglich, die Regelung auch auf weiterführende Schulen anzuwenden. Der Anteil von Bio-Produkten bei der Schul- und Kita-Verpflegung soll auf 30 Prozent steigen - bisher sind es 20 Prozent.

Im Stadtparlament gab es bereits vorab Widerspruch. Stadtrat Franco Orlando von der Fraktion der FDP und BFF (Bürger für Freiburg; 4 von 48 Sitzen) erklärte beispielsweise, der Stadtspitze unter dem parteilosen Oberbürgermeister Martin Horn sei «Fleischkonsum ein Dorn im Auge». Ergänzend hieß es, es sei nicht sicher, dass der Vorschlag direkt wie geplant angenommen werde. Größte Fraktion im Freiburger Gemeinderat sind die Grünen (13 Sitze), gefolgt von SPD und den Linksalternativen «Eine Stadt für alle» (jeweils 7 von 48 Sitzen).

Auch der Landeselternbeirat Baden-Württemberg formulierte deutliche Einwände. Eltern müssten bereits für die Beförderung der Kinder zur Schule zahlen, sagte der Vorsitzende Michael Mittelstaedt der Deutschen Presse-Agentur. Neue Kosten für Eltern sollte es nicht geben. «Mit welcher Rechtfertigung soll denn vegetarisches Essen mehr kosten als fleischhaltiges Essen? Bio-Siegel? Lachhaft», sagte Mittelstaedt. Es sei eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft, Essgewohnheiten zu ändern. «Damit wären Subventionen hier mehr als angebracht.»

Der Vizevorsitzende des Freiburger Gesamtelternbeirats, Sebastian Kölsch, kritisierte, der Elternbeitrag für ein Schul-Mittagessen von derzeit von 3,90 Euro solle bis September übernächsten Jahres auf 4,80 Euro steigen. «Freiburg liegt mit seinen Preisen bei Großstädten im Südwesten nach unseren Recherchen schon jetzt an der Spitze», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Kölsch bemängelte zudem, dass es künftig keine Wahlmöglichkeit mehr für die Kinder geben solle. Der Gesamtelternbeirat könne sich ein Streichen des Fleischs vorstellen - etwa durch zwei vegetarische Gerichte. «Die Wahl zwischen Gemüselasagne und Dampfnudeln ist auch eine Auswahl», sagte er. Auch eine optionale Fleischbeilage zum vegetarischen Gericht sei denkbar, zum Beispiel einmal wöchentlich.

Es sei zu befürchten, dass künftig weniger Kinder am Schulessen teilnehmen werden, sagte Kölsch. Es sei auch sehr wichtig, wie an den Schulen gegessen werde. «Erstklässler müssen auf Erwachsenenstühlen essen - das sind die eigentlichen Probleme.»

In Karlsruhe, einer anderen badischen Großstadt, gibt es keine vergleichbaren Pläne. Das Angebot eines zweiten Menüs sei wichtig, um auf die persönlichen Vorlieben der Essensteilnehmer einzugehen und damit die Akzeptanz zu erhöhen», teilte eine Sprecherin der Stadt mit.

In den Kantinen der Freiburger Stadtverwaltung geht es bereits «fleischsensibel» und regional zu, wie die Stadt in einer Broschüre zur Nachhaltigkeitspolitik der südbadischen Kommune berichtete.

Stuttgarter Ministerium: Zur Ernährung gehört auch Fleisch

Der Freiburger Beschluss für ein vegetarisches Einheitsmenü an Kitas und Grundschulen wird im Stuttgarter Agrarministerium kritisch gesehen. Zu einer ausgewogenen Ernährung gehöre auch Fleisch, teilte das Ministerium auf Anfrage in Stuttgart mit. Eine ausschließlich vegetarische Ernährung als Vorgabe unterstütze das Ministerium deshalb nicht.

Der Freiburger Gemeinderat hatte am Dienstagabend beschlossen, dass Kinder in städtischen Kitas und Grundschulen vom kommenden Schuljahr an nur noch vegetarisches Essen bekommen. Zudem werden die Preise für Schulessen vom Schuljahr 2023/24 an schrittweise erhöht.

Der Vorschlag hatte teils heftige Kritik geerntet, unter anderem von Elternbeiräten. Er wurde mit 27 Stimmen angenommen, es gab 14 Gegenstimmen. Die Stadt machte vor allem Kostengründe geltend. Die Einschätzung des Ministeriums - es ist auch für Ernährung verantwortlich - wurde vor der Entscheidung des Freiburger Stadtparlaments übermittelt.

«Kinder sollen in ihrer Entwicklung die Möglichkeit haben, einen eigenen Geschmack zu entwickeln und sich auszuprobieren. Dazu gehört auch der Verzehr von Fleisch», teilte das Ministerium mit. Verminderte Mengen seien dabei durchaus angebracht. Dem Ministerium sei keine andere Stadt oder Kommune im Land bekannt, die eine komplett fleischlose Kost in Kitas und Schulen anbiete.

Bisher gibt es in Freiburg zwei Essensvarianten, wobei auch Fleisch und Fisch auf die Teller kommen. Auf längere Sicht sei es möglich, die Regelung mit dem Einheitsmenü auch auf weiterführende Schulen anzuwenden. Der Anteil von Bio-Produkten bei der Schul- und Kita-Verpflegung soll auf 30 Prozent steigen - bisher sind es 20 Prozent.


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mit Kurzarbeit können Unternehmen Flauten überbrücken, ohne Beschäftigte entlassen zu müssen. Derzeit läuft die Wirtschaft nicht wie erhofft. Die Regierung zieht Konsequenzen.

Die Institutionen der Europäischen Union haben sich im Trilog-Verfahren auf eine vorläufige Einigung zur neuen Zahlungsdiensteverordnung verständigt. Die Verordnung definiert die Rahmenbedingungen für Zahlungsdienste und Kartenzahlungen innerhalb der EU neu.

Der europäische Dachverband der Hotels, Restaurants und Cafés, Hotrec, hat, mit einer breiten Allianz europäischer Wirtschaftsvertreter an das Europäische Parlament appelliert, auf neue Vorgaben für Künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz zu verzichten. Statt neuer Gesetze wird ein zukunftsorientierter Ansatz gefordert.

Die geplante Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie steht vor der finalen Abstimmung im Bundesrat. Das Land Niedersachsen knüpft seine Zustimmung an die Bedingung, dass eine Pflicht zur digitalen Bezahlung eingeführt wird.

Die Gewerkschaft NGG und der DEHOGA Rheinland-Pfalz stecken in festgefahrenen Tarifverhandlungen. Der DEHOGA wirft der NGG vor, Lohnsteigerungen für 100.000 Beschäftigte mit realitätsfernen Forderungen zu blockieren und die schwierige Wirtschaftslage der Betriebe zu missachten. Der Branchenverband fordert eine rasche Rückkehr an den Verhandlungstisch.

Der Nationale Normenkontrollrat hat sein Maßnahmenpaket zum Bürokratieabbau aktualisiert. Mehrere der 77 konkreten Vorschläge entsprechen langjährigen Forderungen des Gastgewerbeverbands DEHOGA und zielen auf eine deutliche Entlastung bei Arbeitsrecht und Arbeitsschutz ab.

Die Tarifverhandlungen für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Rheinland-Pfalz befinden sich in einer kritischen Phase. Während der Arbeitgeberverband DEHOGA Rheinland-Pfalz ein mehrstufiges Angebot für Gehaltswachstum vorlegt, kritisiert die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) Landesbezirk Südwest dieses als „Mogelpackung“.

Nahtloser Einstieg statt Hängepartie: Das sächsische Innenministerium hat einen Erlass verabschiedet, der den Berufseinstieg von ausländischen Azubis und Studierenden vereinfacht. Vom Verband gibt es dafür Lob.

Der Bayerische Landtag hat einen Gesetzesentwurf beschlossen, der Städten und Gemeinden in Bayern ab Januar 2026 die Einführung eigener Einweg-Verpackungssteuern untersagt. Das Verbot schränkt die kommunalen Handlungsmöglichkeiten in diesem Bereich ein.

In der EU bleibt die Zukunft von Namen wie «Tofu-Wurst», «Soja-Schnitzel» oder «Veggie-Burger» für vegetarische Produkte zunächst offen. Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments konnten sich nach intensiven Verhandlungen in Brüssel zunächst nicht auf neue Vorgaben einigen. Die Entscheidung wurde auf einen späteren Zeitpunkt vertagt.