Verdi: Ohne längeres Kurzarbeitergeld drohen Entlassungen

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Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi befürchtet ohne eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds massive Jobverluste in der Corona-Krise. «Dann drohen im Dienstleistungsbereich Entlassungen in hohem Maß», sagte Verdi-Chef Frank Werneke der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Union und SPD sollten daher den Weg für eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds freimachen.

Beim Koalitionsausschuss an diesem Dienstag wollen die Spitzen des Regierungsbündnisses voraussichtlich auch über eine Verlängerung der Höchstbezugsdauer des Kurzarbeitergeldes beraten - von 12 auf 24 Monate.

Werneke erläuterte, steigende Aufträge und Umsätze deuteten auf eine wirtschaftliche Erholung nach dem Corona-Einbruch hin. Es gebe aber auch Bereiche, vor allem im Dienstleistungssektor sowie etwa bei den Autozulieferern, die weiter stark betroffen seien. «Der Flugverkehr kommt nicht richtig in Gang», sagte der Verdi-Chef. Kulturveranstaltungen fänden höchstens eingeschränkt statt. Der Tourismus leide weiter. «Das Messewesen liegt darnieder.»

Planungssicherheit durch Kurzarbeit

Hier brauche es Planungssicherheit durch Kurzarbeit. Werneke forderte, dass es bei der Aufstockung auf 80 beziehungsweise 87 Prozent des Einkommens bleibt. Angestellte der Hotellerie etwa kämen mit 60 oder 67 Prozent Kurzarbeitergeld nicht über die Runden.

Werneke forderte, die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge zugunsten der Unternehmen an die Verpflichtung zum Joberhalt zu knüpfen. «Es kann nicht auf der einen Seite Kurzarbeitergeld abkassiert werden, und auf der anderen Seite werden betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen», sagte er.

In der Koalition ist im Gespräch, mit längerer Kurzarbeit Qualifizierung der Beschäftigten zu verbinden. Auch der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, befürwortet eine Bindung an Weiterbildungsmaßnahmen. «Kurzarbeitergeld kann nicht das Mittel der Wahl sein, um dauerhaft strukturelle Probleme zu lösen, die sich mit der Corona-Krise überlappen, etwa in der Autoindustrie», sagte Scheele der «Rheinischen Post» (Samstag). Vielmehr gehe es um «notwendige Transformationen». «Es ist daher klug, das Kurzarbeitergeld mit Qualifizierung zu koppeln, wo es sinnvoll ist.»

Was für eine Qualifizierung die Kurzarbeitenden wann und wo machen sollten, das müssten die Sozialpartner und die Arbeitgeber selbst entscheiden. Der BA-Chef begrüßt auch eine mögliche Verlängerung der Bezugszeit für Kurzarbeitergeld auf 24 Monate: «Wir werden nicht am Jahresende mit der Corona-Krise und deren Auswirkungen am Arbeitsmarkt durch sein.»

"Keine Koppelung an Qualifizierung"

Verdi-Chef Werneke lehnt eine verpflichtende Koppelung von Kurzarbeitergeld und Qualifizierung ab. «Man darf den Blick nicht auf Branchen im Transformationsprozess verengen», sagte er. Etwa bei Flugbegleitern oder Künstlern gebe es eine vorübergehende Unterauslastung - keine strukturelle Änderung des Arbeitsfeldes.

Für die Planungssicherheit der Unternehmen und Beschäftigten brauche es spätestens Mitte September Klarheit über eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds, mahnte der Gewerkschafter. Der Chef des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, hatte gesagt, dass eine Entscheidung pro Verlängerung verfrüht sei. «Grundsätzlich hat Kurzarbeit zwar den Vorteil, überflüssige Entlassungen zu vermeiden, aber den Nachteil, notwendigen Strukturwandel zu verzögern», sagte er der «Rheinischen Post».

Verdi und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) wollen mit einer Online-Petition ihrer Forderung nach einem längerem Kurzarbeitergeld Nachdruck verleihen. Die erforderliche Fortschreibung von Corona-Sicherheits- und Schutzregelungen dürfe nicht dazu führen, «dass die Beschäftigten ganzer Branchen in Not geraten», heißt es in der Petition an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) und an die Koalitionsspitzen.

Auch die IG Metall macht sich in einem offenen Brief an die Bundesregierung und die Abgeordneten des Bundestags für eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes stark. 30 Konzern- und Gesamtbetriebsratsvorsitzende haben den Brief demnach bereits unterzeichnet. (dpa)


 

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