Vorteile für Geimpfte in der EU längst Realität

| Politik Politik

Restaurantbesuche, Kinoabende, Reisen: Sollen Geimpfte dürfen, was anderen in der Corona-Pandemie noch versagt ist? In Deutschland werden alle Vorstöße für entsprechende Regelungen von Kanzlerin Angela Merkel und der Bundesregierung noch abgeblockt. Auch der Ethikrat hat sich dagegen ausgesprochen. In einigen europäischen Ländern ist man schon ein ganzes Stück weiter.

Zum Beispiel in Dänemark. Deutschlands nördlichster EU-Nachbar legte vergangene Woche Pläne für einen digitalen Ausweis mit Impfdaten vor, um Dienstreisen in Corona-Zeiten zu erleichtern - und letztlich vielleicht auch die sorgenfreie Teilnahme an Konzerten oder Sportveranstaltungen zu ermöglichen. Der dänischen Regierung schwebt ein digitaler Ausweis vor, den man auf Reisen bei Bedarf auf seinem Smartphone vorweisen kann. «Das hier soll als ein Instrument betrachtet werden, wie ein zweiter Pass, wenn man so will», sagte der geschäftsführende Finanzminister Morten Bødskov vergangene Woche. Bis der Corona-Pass inklusive App praxistauglich ist, dürfte es allerdings noch drei bis vier Monate dauern.

Auch Dänemarks Nachbar Schweden will bis zum 1. Juni die digitale Infrastruktur für einen Impfpass schaffen - allerdings in enger Abstimmung mit der Weltgesundheitsorganisation WHO und der EU. Die Dänen blicken bei ihrem Projekt dagegen vor allem auf die heimische Wirtschaft und Kultur. «Es gibt Teile der dänischen Gesellschaft, die vorankommen müssen», sagt Bødskov. In der Wirtschaft gebe es Menschen, die reisen müssten, auch ins Ausland.

Zugutekommen soll der Corona-Pass zunächst Dienstreisenden, aber die dänische Wirtschaft will mehr. «Der Pass soll dazu beitragen, dass wir Dänemark so schnell wie möglich geöffnet bekommen», erklärte der Direktor der dänischen Handelskammer Dansk Erhverv, Brian Mikkelsen. Die Hoffnungen und Erwartungen der Reise- und anderer Branchen sind entsprechend groß in Dänemark. Wie konkret der Pass eines Tages angewendet werden kann - etwa im Urlaub, beim Restaurant-Besuch, im Kino oder Fußballstadion - ist aber noch unklar.

Andere EU-Länder haben da schon mehr Schritte unternommen. In Polen gibt es seit Ende Dezember ganz konkrete Vorteile für Geimpfte. Sie sind von der zehntägigen Quarantänepflicht nach Einreise befreit. Außerdem zählen Geimpfte bei Beschränkungen für private Treffen nicht als Kontaktpersonen.

Auch die rumänische Regierung hat Mitte Januar geimpfte Einreisende von der Quarantäne befreit - und das, obwohl Staatspräsident Klaus Iohannis zuvor in der Diskussion um einen europäischen Impfpass noch vor «Diskriminierung» der nicht Geimpften gewarnt hatte. Estland ist das dritte EU-Land, das die Einreisefreiheit für Geimpfte zum 1. Februar vollständig - ohne Testpflicht und Quarantäne - wiederhergestellt hat.

Besonders wichtig ist das Thema Einreisebeschränkungen für die Länder der EU, die wirtschaftlich stark auf Tourismus angewiesen sind - wie etwa Griechenland. «Die Personen, die geimpft sind, müssen frei reisen dürfen», forderte der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis schon vor Wochen. Auf eine EU-weite Regelung scheint auch er jetzt nicht mehr warten zu wollen. Am Montag vereinbarte Griechenland mit Israel, dass Geimpfte zwischen beiden Ländern ohne Auflagen reisen dürfen. Mit Großbritannien soll eine ähnliche Regelung bereits auf dem Weg sein.

Die EU hinkt solchen Alleingängen hinterher. Man ist sich zwar grundsätzlich einig, dass es ein gemeinsames Impfzertifikat brauche - und das sowohl in Papier- als auch in elektronischer Form. Dies soll aber zunächst nur für medizinische Zwecke genutzt werden. Mittlerweile haben sich die EU-Staaten auf Eckpunkte geeinigt. Ein medizinischer Zweck könnte demnach sein, dass zwei notwendige Impfdosen in verschiedenen Ländern gespritzt werden oder wenn ein Betroffener sein Impf-Zertifikat im Krankenhaus vorlegt, weil er Nebenwirkungen hat.

Für die Diskussion über mögliche Vorteile für Geimpfte sei die Zeit noch nicht reif, sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kürzlich. Es gebe noch zu viele Fragezeichen. So sei offen, ob Geimpfte das Virus weiter übertragen und wie lange der Impfschutz anhält. Eine politische Frage sei, wie sichergestellt werde, dass jene Menschen, die noch keine Chance auf eine Impfung hatten, nicht benachteiligt würden. Soll der Impfpass tatsächlich freies Reisen in der gesamten EU ermöglichen, müssten die EU-Staaten bei all diesen Punkten eine gemeinsame Linie finden. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung hat eine längere Frist bis zur Vorlage einer ersten Krankschreibung vorgeschlagen. Niedersächsische Arbeitgeber haben mit deutlichen Worten reagiert.

Schlagabtausch um Ostsee-Preise: Tourismusminister Wolfgang Blank kritisiert die Gastronomie von Mecklenburg-Vorpommern wegen zu teurer Schnitzel und Hotelzimmern. Der DEHOGA kontert scharf und schiebt die Schuld für die hohen Kosten auf die Politik und den Mindestlohn.

Die geplanten Steuerentlastungen für die Gastronomie und Pendler sorgen bei den Ländern und Kommunen für Sorge. Der Finanzausschuss des Bundesrats warnt vor einer "zusätzlichen Verschärfung der Haushaltslage". Der Bundesrat befasst sich am 17. Oktober 2025 mit den Plänen und einer möglichen Forderung nach Kompensation durch den Bund.

Mehr Eigenverantwortung, weniger unnötige Praxis-Besuche: Der Kassenärzte-Chef möchte die Regeln zur Krankschreibung gelockert sehen. Das soll Arbeitnehmer, Eltern und Praxen entlasten.

Finanzminister Heere will Steuertricks in der Gastronomie erschweren – auch, um Steuerausfälle bei einer Senkung der Umsatzsteuer für die Branche zu kompensieren.

Auf dem Hauptstadtkongress des Deutschen Reiseverbandes hat DRV-Präsident Norbert Fiebig eine klare politische Kurskorrektur gefordert. Angesichts schwacher Konjunkturaussichten, steigender Preise und einer zunehmenden Bürokratielast sei die wirtschaftliche Lage der Branche ernst.

Das Europaparlament will Bezeichnungen wie «Veggie-Burger» oder «Soja-Schnitzel» verbieten lassen. Auch Begriffe wie «Steak» oder «Wurst» sollen dem Willen einer Mehrheit der Abgeordneten zufolge künftig nur noch für tierische Lebensmittel verwendet werden dürfen.

Der Vorsitzende der Partei Die Linke, Jan van Aken, hat sich für die verpflichtende und kostenfreie Abgabe von Leitungswasser in Restaurants ausgesprochen. Seiner Ansicht nach ist dies eine einfache und längst überfällige Maßnahme, um Menschen mit geringem Einkommen die Teilhabe am gesellschaftlichen Alltag zu ermöglichen.

Dürfen vegetarische und vegane Produkte bald nicht mehr «Schnitzel» oder «Wurst» heißen? Im Europaparlament steht eine entscheidende Abstimmung an, das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen.

Die Österreichische Hotelvereinigung fordert angesichts der massiv gestiegenen Kosten die sofortige Halbierung der Mehrwertsteuer von 10 auf 5 Prozent, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern und Konsum sowie Konjunktur anzukurbeln.