Zankapfel Tarifbindung - Arbeitgeber warnen vor Plänen der Bundesregierung

| Politik Politik

In der Debatte über staatliche Vorgaben für die Wirtschaft hat Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger vor Plänen der Bundesregierung für mehr Tarifbindung gewarnt. «Man kann eine höhere Tarifbindung nicht erzwingen», sagte Dulger der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. DGB-Chefin Yasmin Fahimi dagegen hält die Pläne für unzureichend. Angesichts milliardenschwerer staatlicher Unterstützung wegen hoher Energiepreise forderte Fahimi: «Keine Staatsknete mehr für Unternehmen, die sich der Sozialpartnerschaft in Form von Mitbestimmung und Tarifbindung entziehen.»

In ihrem Koalitionsvertrag haben SPD, die Grünen und die FDP die Stärkung der Tarifbindung angekündigt. So soll eine Tariftreueregelung auf Bundesebene eingeführt werden. Der Bund soll demnach künftig nur noch Aufträge an Unternehmen vergeben dürfen, die sich an Tarifverträge halten.

Dulger wandte sich gegen eine Verknüpfung von öffentlichen Ausschreibungen und Tarifgeltung. «Davon halte ich wenig», sagte er. «Mit diesen Regeln wird Deutschland nur noch komplizierter und schwieriger», sagte Dulger. «Sie werden gerade bei der Ausschreibung der öffentlichen Hand erleben, dass immer weniger Handwerksbetriebe Lust haben, Angebote zu machen, weil einfach die Fallstricke zu groß sind.»

Fahimi dagegen sagte der dpa: «Laut einer EU-Richtlinie muss zukünftig jedes EU-Mitgliedsland eine Tarifbindung von mindestens 80 Prozent erreichen, andernfalls muss ein nationaler Aktionsplan durch die Regierung erstellt werden.» In Deutschland sei das mittlerweile dringend notwendig. Die beabsichtigte verpflichtende Tarifbindung im Vergaberecht werde allein nicht reichen. Fahimi forderte: «Auch die Versorgungsaufträge des Bundes und die Wirtschaftshilfen etwa zur Bremsung der Energiepreise müssen zwingend daran gebunden sein, dass sich Unternehmen dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen.»

Dulger mahnte hingegen, Tarifbindung sei Sache der Tarifpartner. «Der Staat darf lediglich unterstützend eingreifen. Aber mit Zwängen und mit Verboten kommt man nicht weit.» Dulger sagte: «Wir Arbeitgeber müssen uns aber mit unserem Sozialpartner an die eigene Nase fassen und sagen: Was haben wir eigentlich getan, dass unsere Tarifbindung für manche unattraktiv geworden ist? Und haben wir den gemeinsamen Willen der Sozialpartner, dieses auch ohne den Staat zu ändern? Oder stehen wir uns da gegenseitig so im Weg, dass wir das nicht schaffen?»

Weiter sagte Dulger, man müsse unterscheiden zwischen tariflich Beschäftigten und tarifgebundenen Betrieben. «Bei den Betrieben ist die Tarifbindung tatsächlich zurückgegangen. Der Rückgang bei den Mitgliedern in den Gewerkschaften wird in der Diskussion immer vergessen.» Trotzdem seien tarifliche Bedingungen weiter für viele Beschäftigte bestimmend. «Schließlich können auch Arbeitgeber, die nicht Mitglied im Arbeitgeberverband sind, oder Arbeitnehmer, die nicht in der Gewerkschaft sind, Tarifverträge für ihre Arbeitsbedingungen nutzen.»

Gute Arbeit gebe es auch ohne Tarifverträge, betonte Dulger. «Oftmals auch dadurch, dass man die zentralen, aber nicht alle Regeln daraus auswählt.» Diese modulare Tarifanwendung sei ein Beitrag für mehr Tarifbindung und das Gegenteil von Tarifzwang. «Und wenn wir zu Recht alle Beschäftigten hinzuzählen, die eine solche Geltung von Tarifverträgen vereinbaren, aber nicht tarifgebunden sind, weil sie es nicht sein wollen, dann ist die Bindung viel höher.»

Fahimi wandte sich strikt gegen modulare Tarifverträge. «Tarifverhandlungen sind kein Bonbonladen, in dem man sich das Reizvollste aussucht», stellte sie fest. Tarifverträge seien das Ergebnis von Verteilungskämpfen. «Und Tarifverträge sind Gesamtpakete, in denen es auch um Arbeitszeit, Urlaubsansprüche, Pflege, Gesundheitsvorsorge, Altersvorsorge und Weiterbildungsansprüche gehen kann.»

Nur Teile dieser Gesamtverabredung einzuhalten wäre so, «als zögen sie den Beschäftigten hintenrum das Geld wieder aus der Tasche». Fahimi forderte, dass die Arbeitgeber die Möglichkeit beenden, dass Unternehmen ohne Beteiligung an Tarifverträgen im Arbeitgeberverband Mitglied sind. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Mit einem neuen Onlineportal will die Regierung erfahren, wo Bürger und Unternehmen im Alltag auf Hürden stoßen – und setzt dabei auch auf Künstliche Intelligenz.

Der Bundesrat hat am 19. Dezember 2025 dem Steueränderungsgesetz zugestimmt und damit den Weg für eine dauerhafte Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen frei gemacht. Ab dem 1. Januar 2026 gilt für den Verzehr von Speisen in Restaurants und Cafés unbefristet der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent.

Die Gastronomie bekommt dauerhaft den Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent, um die wirtschaftliche Existenz der Betriebe zu sichern. Da massiv gestiegene Kosten für Personal und Lebensmittel die Margen unter Druck setzen, planen die meisten Unternehmen keine Preissenkungen, sondern nutzen die steuerliche Entlastung zur Stabilisierung ihrer Geschäfte.

Mit der Rückkehr zu 7 Prozent Mehrwertsteuer auf Speisen zum 1. Januar 2026, kommen neue administrative Herausforderungen auf Gastronomen zu. Ein aktuelles Merkblatt des DEHOGA gibt nun wichtige Hinweise zur steuerlichen Behandlung von Silvesterveranstaltungen, Pauschalangeboten und Anzahlungen.

Mit Kurzarbeit können Unternehmen Flauten überbrücken, ohne Beschäftigte entlassen zu müssen. Derzeit läuft die Wirtschaft nicht wie erhofft. Die Regierung zieht Konsequenzen.

Die Institutionen der Europäischen Union haben sich im Trilog-Verfahren auf eine vorläufige Einigung zur neuen Zahlungsdiensteverordnung verständigt. Die Verordnung definiert die Rahmenbedingungen für Zahlungsdienste und Kartenzahlungen innerhalb der EU neu.

Der europäische Dachverband der Hotels, Restaurants und Cafés, Hotrec, hat, mit einer breiten Allianz europäischer Wirtschaftsvertreter an das Europäische Parlament appelliert, auf neue Vorgaben für Künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz zu verzichten. Statt neuer Gesetze wird ein zukunftsorientierter Ansatz gefordert.

Die geplante Senkung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie steht vor der finalen Abstimmung im Bundesrat. Das Land Niedersachsen knüpft seine Zustimmung an die Bedingung, dass eine Pflicht zur digitalen Bezahlung eingeführt wird.

Die Gewerkschaft NGG und der DEHOGA Rheinland-Pfalz stecken in festgefahrenen Tarifverhandlungen. Der DEHOGA wirft der NGG vor, Lohnsteigerungen für 100.000 Beschäftigte mit realitätsfernen Forderungen zu blockieren und die schwierige Wirtschaftslage der Betriebe zu missachten. Der Branchenverband fordert eine rasche Rückkehr an den Verhandlungstisch.

Der Nationale Normenkontrollrat hat sein Maßnahmenpaket zum Bürokratieabbau aktualisiert. Mehrere der 77 konkreten Vorschläge entsprechen langjährigen Forderungen des Gastgewerbeverbands DEHOGA und zielen auf eine deutliche Entlastung bei Arbeitsrecht und Arbeitsschutz ab.