Blindflug durch die Corona-Krise: Airlines warten auf Wendepunkt

| Tourismus Tourismus

Schnelle Lösungen für den Luftverkehr gibt es nicht in der Corona-Krise. «Der Weg zur Normalität im Flugbetrieb ist sehr viel weiter, als wir alle gewünscht und gehofft haben», sagt beispielsweise der Berliner Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup. Insbesondere in Europa mit seinen kleinen Binnenmärkten und den vielen grenzüberschreitenden Flügen sind die Auswirkungen der Pandemie auf die einst wachstumsverwöhnte Luftverkehrsindustrie verheerend. Gerade noch 36 Prozent der Vorjahresflüge sind in den ersten Januar-Wochen am Himmel, berichtet Eurocontrol und erwartet weitere Rückgänge im Februar.

Am Mittwoch vergangener Woche (20. Januar) registrierten die Lotsen in ganz Europa gerade noch 204 Flüge der Lufthansa-Kernmarke, satte 86 Prozent weniger als am vergleichbaren Tag im Vorjahr. Konzernchef Carsten Spohr mag sich kaum noch festlegen bei seinen zeitlichen Prognosen: «Irgendwann im Sommer» werde es scharf aufwärts gehen, «zwischen dem zweiten und dritten Quartal» positive Auswirkungen von Impfungen und verstärkten Tests spürbar werden. Bis zu einer Rückkehr zu alten Umsatzrekorden werden wohl «noch viele Jahre» vergehen.

Der Lufthansa-Konzern, so viel verspricht Spohr, werde schlanker und wesentlich effektiver zurückkehren. Mehr Touristenflüge und der Wegfall zahlreicher Direktverbindungen der Konkurrenz sollten zunächst dem Kranich-Konzern mit seinen Drehkreuzen helfen. 29 000 Beschäftigte mussten weltweit bereits das Unternehmen verlassen, die übrigen 106 000 warten meist in Kurzarbeit auf den Wendepunkt. Immerhin hat es der vom Staat gerettete M-Dax-Konzern geschafft, den Abfluss von Barmitteln zu halbieren: Lufthansa verliert in der Stunde nur noch ein halbe statt einer ganzen Million Euro. Die Staatshilfe von 9 Milliarden Euro müsse man voraussichtlich gar nicht voll ausschöpfen, verspricht Spohr.

Neue Mutationen des Corona-Virus sowie teils widersprüchliche Abwehrmaßnahmen der Nationalstaaten hemmen aber derzeit nahezu jede positive Entwicklung des Luftverkehrs, klagt unter anderen Eurocontrol-Chef Eamonn Brennan. Im Blindflug durch die Corona-Krise wollen die Airlines seit Monaten umfassende Schnelltests und digitale Gesundheitspässe für ihre Passagiere durchsetzen, doch die nationalen Regierungen spielen nicht schnell genug mit.

Der Welt-Airlineverband IATA entwickelt zwar wie auch die Organisation CommonPass eine Mobilfunk-App, auf der theoretisch sämtliche Impf- und Testnachweise sowie Einreiseinformationen gesammelt werden könnten. Doch einstweilen gilt in Deutschland der alte gelbe Impfpass auf Papier, während sich die EU über einen einheitlichen Nachweis streitet. Getestet werden die neuen Apps nun am arabischen Golf bei den Fluggesellschaften Etihad und Emirates.

Nur wenn die Corona-Impfstoffe schnell verteilt werden und zudem deutlich mehr Passagiere mit Hilfe von negativen Schnelltests reisen dürfen, erwartet die IATA zur Jahresmitte eine Erholung der Ticketnachfrage. Die globalen Umsätze der Industrie sollen der Schätzung nach 459 Milliarden Dollar erreichen nach 328 Milliarden Dollar im Jahr 2020.

Auf deutliche Preissteigerungen sollten die Airline-Manager beim Neustart nicht hoffen: Die Ticketpreise sind in der Krise in schlecht ausgelasteten Jets eher gesunken und der Billigflieger Ryanair hat für den Neustart bereits aggressive Kampfpreise angekündigt. Die ohnehin flexiblen Iren können dabei erstmals auch auf besonders kostengünstige Flugzeuge vom Unglückstyp Boeing 737 Max zurückgreifen, der im März 2019 nach zwei Abstürzen mit insgesamt 346 Toten aus dem globalen Verkehr gezogen worden war. Nach technischen Nachbesserungen steht die Rückkehr des Flugzeugs auch an den europäischen Himmel unmittelbar bevor.

Die Krise hat in Europa bereits die ersten Opfer unter den Airlines gefordert. In Deutschland hat Lufthansa die Beteiligungen Germanwings und SunExpress Deutschland geschlossen und auch der Eurowings-Dienstleister LG Walter ist vom Himmel verschwunden. In Spanien schluckt die Iberia-Mutter IAG die Air Europa zum halben Preis und auf dem lukrativen Nordatlantik-Markt hat ein unangenehmer Konkurrent der Etablierten die Flügel eingezogen. Das Lowcost-Konzept der schnell gewachsenen Norwegian auf der Langstrecke hat sich nicht als pandemiefest erwiesen. Das Unternehmen setzt nun auf Hilfe des norwegischen Staats, um mit voraussichtlich noch 50 statt der ursprünglichen 140 Jets Kurz- und Mittelstrecken in Skandinavien und Europa zu bedienen. (dpa)


 

Zurück

Vielleicht auch interessant

Das Saarland ist mit seiner Saarschleife und dem Bliesgau als Wander- und Radregion bekannt, Gourmet-Freunde schätzen die Auswahl an Feinschmeckerlokalen. Doch auch für Tagungsgäste will das Land künftig attraktiver werden.

Die Regierung der Kanarischen Inseln hat eine neue Regelung für die Ferienvermietung eingeführt. Das Gesetz beinhaltet ein fünfjähriges Moratorium für die Genehmigung neuer touristischer Apartments und überträgt lokalen Gemeindeverwaltungen weitreichende Kontrollbefugnisse.

Die TUI Group hat ihre Erwartungen für das Geschäftsjahr 2025 übertroffen. Vorläufige Zahlen zeigen einen signifikanten Anstieg des bereinigten EBIT, getragen von den Segmenten Hotels & Resorts sowie Kreuzfahrten.

Berlin hat im laufenden Jahr bisher weniger Besucherinnen und Besucher angezogen als in den Vorjahren. Knapp 9,2 Millionen Gäste besuchten in den ersten neun Monaten 2025 die Hauptstadt.

​​​​​​​Tripadvisor hat seine Finanzergebnisse für das dritte Quartal 2025 bekannt gegeben und gleichzeitig eine tiefgreifende Umstrukturierung eingeleitet. Diese Neuausrichtung soll das Unternehmen als einen durch Erlebnisse geführten und KI-fähigen Konzern positionieren. Als Folge der strategischen Verschiebung wird ein Personalabbau vorgenommen.

Die Europäische Union hat einen entscheidenden Schritt zur Harmonisierung der Emissionsberechnung im Transportwesen vollzogen. Nach langjährigem Prozess wurde eine politische Einigung erzielt. Diese schafft einen gemeinsamen Rahmen und legt eine einheitliche Methode zur Berechnung von Treibhausgasemissionen im Güter- und Personenverkehr fest.

Mehrere Millionen Menschen reisen jedes Jahr in ein kleines südbadisches Dorf, um den Europa-Park zu besuchen. Eine Schweizer Familie knackt eine besondere Marke - und bekommt Geschenke.

Sommer, Sonne, volle Strände – so stellen sich viele den Urlaub in Schleswig-Holstein vor. Doch auch im Winter zieht Deutschlands nördlichstes Bundesland zahlreiche Besucher an. Besonders der Dezember gilt als kleine Hochsaison.

Walfleisch und unversteuerte Zigaretten finden Beamte in Kiel und Hamburg immer wieder im Reisegepäck: Besonders während der Kreuzfahrt-Saison sind die Beamten von Zoll und Bundespolizei gefordert.

Die niedersächsische Tourismusbranche steht durch den Klimawandel vor großen Herausforderungen. Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass fast 80 Prozent der Betriebe bei der Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen vor allem an den Kosten scheitern.